NJW-Editorial

Co­ro­na-So­fort­hil­fe-FAQs
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Das Be­mü­hen des Bun­des, nach­tei­li­ge wirt­schaft­li­che Fol­gen der Pan­de­mie ab­zu­mil­dern, be­scher­te uns im April ein 50-Mrd.-Euro-Kri­sen­in­stru­ment: Selbst­stän­di­ge und Kleinst­un­ter­neh­men mit fünf oder we­ni­ger bzw. bis zu zehn Be­schäf­tig­ten (VZÄ) kön­nen eine Ein­mal­zah­lung für drei Mo­na­te von ma­xi­mal 9.000 Euro bzw. 15.000 Euro be­an­tra­gen. 

28. Mai 2020

Diese Co­ro­na-So­fort­hil­fe ist ein „Zu­schuss zur Si­che­rung der wirt­schaft­li­chen Exis­tenz (…) und zur Über­brü­ckung von aku­ten Li­qui­di­täts­eng­päs­sen, u.a. durch lau­fen­de Be­triebs­kos­ten wie Mie­ten, Kre­di­te für Be­triebs­räu­me, Lea­sing­ra­ten u. ä.“ (Bun­des­re­gie­rung, BT-Drs. 19/18105 v. 23.3.2020). Das An­trags- und Aus­zah­lungs­ver­fah­ren ob­liegt den Bun­des­län­dern, die teil­wei­se er­gän­zen­de För­de­run­gen an­bie­ten. Dabei hat sich eine in­kon­sis­ten­te Be­wil­li­gungs­pra­xis der Bun­des­hil­fe ent­wi­ckelt.

Na­ment­lich die für die Be­zu­schus­sung ent­schei­den­de Pro­gno­se des co­ro­na­be­ding­ten Li­qui­di­täts­eng­pas­ses, die in 15 Bun­des­län­dern auf den Be­wil­li­gungs­zeit­raum kon­kret zu be­zif­fern ist, un­ter­liegt kei­ner kla­ren Be­stim­mung. So konn­ten etwa die An­trags­be­rech­tig­ten der ers­ten Tage in Ham­burg oder Schles­wig-Hol­stein bei den er­mitt­lungs­re­le­van­ten Aus­ga­ben ihre Per­so­nal­kos­ten be­rück­sich­ti­gen, muss­ten dafür je­doch ge­schäft­li­che Bank­gut­ha­ben ge­gen­rech­nen. An­dern­orts, etwa in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Rhein­land-Pfalz, blieb bei­des von Be­ginn an un­er­heb­lich. Wäh­rend die An­trag­stel­le­rin aus Nie­der­sach­sen ihre Kos­ten der Rechts- und Steu­er­be­ra­tung oder die Dar­le­hens­til­gung bei der Li­qui­di­täts­be­trach­tung ab­zieht, ist das ihrem Bran­den­bur­ger Kol­le­gen ver­wehrt. Die Baden-Würt­tem­ber­ger freu­en sich, dass ein „fik­ti­ver Un­ter­neh­mer­lohn“ Be­rück­sich­ti­gung fin­det. Nur in Nord­rhein-West­fa­len braucht sich bei der An­trag­stel­lung kei­ner mit der Be­zif­fe­rung des Li­qui­di­täts­eng­pas­ses zu mühen: Mit der Ver­si­che­rung, dass die vor­han­de­nen Mit­tel nicht aus­rei­chen, um die kurz­fris­ti­gen Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen zu er­fül­len, kommt dort immer der volle För­der­be­trag zur Aus­zah­lung.

Die­ses gleich­heits­wid­ri­ge Wirr­warr ent­steht mit den Hin­wei­sen zur An­trag­stel­lung, die die Be­wil­li­gungs­stel­len – ganz im Sinne der po­li­tisch ge­wünsch­ten un­bü­ro­kra­ti­schen Hand­ha­bung – in Form von FAQs on­line stel­len. Her­aus­ge­kom­men ist ein po­ly­pho­nes Soft-law-Phä­no­men, das nur vor­der­grün­dig Hilfe zum An­trag bie­tet. Mar­kant wird die damit ver­ur­sach­te Rechts­un­si­cher­heit spä­tes­tens nach der Be­wil­li­gung. Wenn Min­der­aus­ga­ben oder Mehr­ein­nah­men den tat­säch­li­chen Li­qui­di­täts­eng­pass unter den Zu­schuss­be­trag ver­rin­gern, sind die Be­güns­tig­ten zur Rück­zah­lung der Über­kom­pen­sa­ti­on ver­pflich­tet. Für diese Prü­fung kön­nen sie auf den be­reits als An­trags­hil­fe her­an­ge­zo­ge­nen „FAQ-Ka­ta­log“ nur be­dingt wie­der zu­rück­grei­fen, da er fort­lau­fen­den Än­de­run­gen un­ter­liegt und die Vor­gän­ger­ver­sio­nen nicht mehr ab­ruf­bar sind. Dem nicht genug: (Erst) mit dem Be­scheid er­gibt sich, dass das in die Rich­tig­keit der Be­wil­li­gungs­hin­wei­se ge­setz­te Ver­trau­en un­ge­schützt bleibt, weil die FAQ-An­ga­ben für die Ge­wäh­rung der Zu­wen­dung schlicht nicht ma­ß­geb­lich sind. • 

Dr. Frank Rutschmann ist Rechtsanwalt und Steuerberater in Hamburg.