Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl
Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 02/2022 vom 28.01.2022
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Sachverhalt
Nach seinem betriebsbedingten Ausscheiden als angestellter Anwalt aus der Kanzlei des Klägers, der in «Massenverfahren» eine Vielzahl von Kapitalanlegern vertrat, schlossen der Beklagte, nunmehr auch als selbstständiger Anwalt tätig, und der Kläger eine «Kooperationsvereinbarung». Diese sah vor, dass der Kläger dem Beklagten Mandanten namhaft macht, wenn eine außergerichtliche Einigung scheitert. Ferner war der Kläger verpflichtet, dem Beklagten zur Verfolgung der Ansprüche bei ihm vorhandene Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ihn bestmöglich zu unterstützen und mindestens 40 Terminsvertretungen pro Kalenderjahr, maximal jedoch sechs pro Monat zu übernehmen. Weiter sah die Vereinbarung vor, dass der Kläger abgestuft nach Gegenstandswerten und Tätigkeiten in der ersten Instanz einen Anteil vom Nettohonorar von mindestens 40% (bei Gegenstandswerten bis 5.999 EUR) bis 65% (bei Gegenstandswerten ab 40.000 EUR) erhält. Entsprechende Regelungen galten für die zweite Instanz. Bei Gegenstandswerten über 6.000 EUR fiel darüber hinaus zu Lasten des Beklagten eine Fallpauschale von 100 EUR je Fall an, zahlbar für jede Instanz. Darüber hinaus enthielt die Vereinbarung Verpflichtungen des Beklagten zur Auskunft und Abrechnung. Der Kläger klagte auf Auskunft. Der Beklagte vertrat die Auffassung, die Kooperationsvereinbarung verstoße gegen § 49b Abs. 3 BRAO und sei deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. Das Landgericht gab der Klage statt. Der Beklagte legte Berufung ein. Gegen den Kläger erging ein Versäumnisurteil, gegen das er Einspruch einlegte.
Entscheidung: Vereinbarung der Gebührenteilung allein von Vermittlung abhängig
Das OLG hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auskunft. Die «Kooperationsvereinbarung» sei wegen Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 BRAO gemäß § 134 BGB nichtig. Nach § 49b Abs. 3 BRAO sei es einem Rechtsanwalt grundsätzlich verboten, Mandate gegen einen Teil der Gebühren abzugeben oder anzunehmen. Ein Mandat werde «vermittelt», wenn sich die Gewährung oder Entgegennahme des Vorteils und der beabsichtigte Abschluss eines Anwaltsvertrages wechselseitig bedingen. Ausreichend sei dabei, wenn ein Teil des Vorteils für die Vermittlung von Mandaten gewährt wird. Eine Vermittlung liege vor, wenn neben den Parteien des Anwaltsvertrags ein Dritter in die Akquisition der Mandate involviert sei. Insoweit kämen auch sozietätsfremde Rechtsanwälte in Betracht.
So liege der Fall hier. Der Vertrag sei nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der Kanzlei des Klägers geschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Parteien nicht mehr zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden gewesen. Der Beklagte sei nach dem Vertragsinhalt verpflichtet gewesen, für jedes Mandat erhebliche Honorarteile (40 - 65%, zuzüglich «Fallpauschalen» von jeweils 100 EUR) an den Kläger auszuzahlen. Dies stelle eine unzulässige Gebührenteilung dar, denn der Kläger sei am Gebührenaufkommen eines Mandats beteiligt worden, aus dem ihm kein anwaltsvertraglicher Anspruch zugestanden habe. Die Vereinbarung der Gebührenteilung habe unabhängig davon sein sollen, ob der Kläger tatsächlich tätig geworden sei. Sie habe allein von der «Vermittlung» abhängig sein sollen.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Honorierung der Zu- und Mitarbeit eines weiteren Rechtsanwalts an der Bearbeitung des Mandats grundsätzlich zulässig sei, läge eine hier nicht vor. Die Gesamtschau der getroffenen Vereinbarung lasse nur den Rückschluss zu, dass der Beklagte den Kläger unabhängig von konkreten Gegenleistungen an seinem Honoraraufkommen während der gerichtlichen Vertretung der zuvor vom Kläger außergerichtlich vertretenen Mandanten beteiligen sollte. Dies stelle einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 BRAO dar, der ein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB sei.
Praxishinweis
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung in § 49b Abs. 3 BRAO bestehen nicht. Zwar beschränkt diese die Freiheit der Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, doch dient diese Regelung vorrangigen Interessen des Allgemeinwohls, da sie den Rechtsanwalt daran hindert, sich bei der Einschaltung von Kollegen von eigenen wirtschaftlichen Interessen auf Kosten des Mandanten leiten zu lassen oder sich Mandate zu «kaufen» (Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 5, Aufl. 2019 § 49 b BRAO Rn. 160).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2022 - 24 U 184/19 (LG Düsseldorf), BeckRS 2022, 153