Urteilsanalyse
Beschluss über ein Verbot der Hundehaltung mit Erlaubnisvorbehalt
Urteilsanalyse
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Ein Beschluss über ein Verbot der Hundehaltung, der neben einer Ausnahme für in der Anlage vorhandene Tiere vorsieht, dass im Einzelfall die Gemeinschaft durch Beschluss die Hundehaltung gestatten kann, entspricht nach Ansicht des LG Frankfurt a.M. ordnungsmäßiger Verwaltung.

30. Mrz 2023

Anmerkung von
Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff, Rechtsanwältin Franziska Bordt, Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 06/2023 vom 30.03.2023

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Sachverhalt

Die Klägerin, Mitglied einer aus drei Personen bestehenden Eigentümergemeinschaft, ficht mit der vorliegenden Klage einen Beschluss der Eigentümerversammlung an. Der Beschluss lautet:

„Das Halten von Hunden ist nicht gestattet, es sei denn, die Mehrheit der Wohnungseigentümer fasst einen entsprechenden Beschluss, durch den die Hundehaltung ausnahmsweise gestattet wird. Sind für das Halten von Hunden alte Rechte vorhanden, so gelten diese nur so lange, wie das sich in der Gemeinschaft befindliche Tier noch lebt. Neuanschaffungen von Hunden unterliegen dem vorstehend geregelten Genehmigungsvorbehalt.“

Die Klägerin hält einen Hund und gibt an, sich ein Leben ohne Hunde nicht vorstellen zu können. Kontakt des Hundes zur Gemeinschaft bestehe nicht, sie trage ihn stets durch das Treppenhaus.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar sei durch den Beschluss die Hundehaltung nicht generell verboten worden, ein derartiges Verbot mit Erlaubnisvorbehalt sei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Erforderlich sei aber, dass bereits der Beschluss über die Gebrauchsregelung erkennen lasse, unter welchen Kriterien im Einzelfall die spätere Interessenabwägung stattzufinden habe. Im Übrigen entspreche der Beschluss deshalb nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil durch den Wortlaut des Beschlusses dem Eigentümer, der die Hundehaltung begehre, der Nachweis des Vorliegens eines Ausnahmefalles aufgebürdet werde.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidung

Die Berufung hat Erfolg.

Der angefochtene Beschluss sei von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gedeckt und entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung.

Zunächst habe die Gemeinschaft eine Beschlusskompetenz über ein Hundehaltungsverbot zu entscheiden (§§ 18, 19 WEG). Im Bereich des Rechtes der Tierhaltung sei insoweit anerkannt, dass ein generelles Tierhaltungsverbot mangels Beschlusskompetenz nichtig sei, wenn es auch Tiere erfasse, von denen weder Geräusch- noch Geruchsbelästigungen in den Bereich des Gemeinschaftseigentums ausgehen und die Tiere den Bereich des Gemeinschaftseigentums nicht tangieren.

Einer Regelung durch Beschluss zugänglich sei die Nutzung des Sondereigentums allerdings dann, wenn die Nutzung Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum habe. Der vorliegende Beschluss sei bei objektiv-normativer Betrachtung allerdings von der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft gedeckt, denn er regele mit der Hundehaltung einen Bereich der Nutzung des Sondereigentums, der bei der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise üblicherweise Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum habe. Der Bezug zum gemeinschaftlichen Eigentum liege darin, dass Hunde Geräusche machen, die auch im Gemeinschaftseigentum wahrnehmbar seien, zudem bestehe die Gefahr der Verdreckung, letztlich könnten sich Eigentümer oder deren Angehörige und Besucher durch den Kontakt mit dem Tier gestört fühlen. Dabei komme es für die Beschlusskompetenz nicht darauf an, ob im Einzelfall von den konkret betroffenen Hunden derartige Auswirkungen ausgehen. Maßgeblich sei, da Beschlüsse dauerhaft wirken (§ 10 Abs. 3 WEG) und auch den Rechtsnachfolger binden, eine abstrakt normative Betrachtung.

Allerdings würden bei dieser Betrachtung auch Kleinsthunde in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, die – wie der Hund der Klägerin – das Gemeinschaftseigentum nicht betreten. Zwar sei insoweit eine Gefahr der Verdreckung gering, aber auch Kleinsthunde könnten bellen und kläffen, so dass auch von diesen Geräuschimmissionen möglich seien. Zudem sei auch bei kleinen Hunden möglich, dass diese etwa durch eine offenstehende Tür in das Gemeinschaftseigentum entweichen und es daher zu Verschmutzungen komme oder andere Eigentümer sich durch Begegnungen mit dem Tier beeinträchtigt fühlen könnten. Diese objektiv nicht fernliegenden Möglichkeiten eines Bezuges zum Gemeinschaftseigentum genüge für eine Beschlusskompetenz.

Der hier gefasste Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung.

Der Beschluss greife nicht in den Kernbereich der Wohnungseigentümer ein. Da bei typisierender Betrachtung Hundehaltung durchaus negative Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum haben könne, entspreche ein Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn bei einem grundsätzlichen Verbot der Hundehaltung der Eigentümer, der gleichwohl einen Hund halten möchte, sich dies im Einzelfall durch einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erlauben lassen müsse. Das in dem Beschluss vorgesehene Verfahren, dass sich der Wohnungseigentümer die Hundehaltung durch einen Beschluss genehmigen lassen müsse, sei dem Wohnungseigentümer nicht unzumutbar. Ein Beschluss auf einer Eigentümerversammlung sei die vom Gesetz vorgesehene Verfahrensweise zur Regelung der Intensität der Benutzung des Gemeinschaftseigentums (§19 WEG). Alleine die Verfahrensweise komme daher nicht einem faktischen Verbot gleich.

Es sei nicht erforderlich, dass in dem Beschluss bereits die Kriterien angeführt werden, unter denen in Zukunft die Hundehaltung genehmigt werde. Probleme der Bestimmtheit des angefochtenen Beschlusses stellten sich insoweit von vornherein nicht, denn durch den Beschluss sei sowohl der Beschlussgegenstand (Verbot der Hundehaltung mit Erlaubnisvorbehalt) als auch das für eine Erlaubnis erforderliche Verfahren (Beschluss) eindeutig festgelegt.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei auch ohne dass in dem Beschluss Kriterien für die Genehmigung einer Hundehaltung angeführt werden, bei einem späteren Beschluss nicht völlig frei. Denn ein derartiger Beschluss müsse, wie jeder Beschluss, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies bedeute zunächst, dass das Gleichbehandlungsgebot einzuhalten sei.

Inhaltlich handele es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung, so dass die hierfür entwickelten Kriterien anzuwenden seien. Zutreffend sei, dass im Regelfall die Eigentümer ein weites Ermessen haben werden und das grundsätzliche Verbot der Hundehaltung dazu führe, dass besondere Umstände vorliegen müssen, damit die Ablehnung eines Antrages auf Gestattung der Hundehaltung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche. Gleichwohl seien eine Reihe von Fällen denkbar, in denen lediglich die Genehmigung der Hundehaltung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche (medizinische Gründen, zB Blindenhund). Dies dürfte auch dann der Fall sein, wenn es sich um einen Hund handele, bei dem etwa aufgrund der Rasse, Haltung, Abrichtung etc. keine Lärmemissionen zu befürchten seien und der Eigentümer sich verpflichte, dafür Sorge zu tragen, dass der Kontakt der Gemeinschaft zum Tier so gering wie möglich ist.

Aus den vorigen Ausführungen ergebe sich weiter, dass gerade die Vielgestaltigkeit der denkbaren Möglichkeiten dagegenspreche, zu verlangen, dass in dem Beschluss über das Hundehaltungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt bereits die Kriterien aufzunehmen sind, unter denen die Hundehaltung gestattet werde. Ein derartiger Beschluss wäre rechtssicher auch kaum denkbar.

Praxishinweis

Das Landgericht Frankfurt a.M. folgt der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung und bejaht vorliegend die Möglichkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Regelungen zur konkreten Art und Weise der Tierhaltung durch Beschluss treffen zu können. Ein Beschluss, der hingegen ein generelles Tierhaltungsverbot vorsieht, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. zur Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses: OLG Hamm Beschluss vom 24.02.2005 – 15 W 507/04, BeckRS 2005, 5324; BayObLG, Beschluss vom 25.10.2001 - 2Z BR 81/01, NZM 2002, 26; für die Nichtigkeit: OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02.11.2006 - 5 W 154/06, NZM 2007, 168; KG Entscheidung vom 13.01.1992 – 24 W 2671/91, BeckRS 1992, 6036; aA für Vereinbarungen: BGH, Beschluss vom 04.05.1995 - V ZB 5/95, NJW 1995, 2036).

Durch die Benutzungsregelung haben die Wohnungseigentümer die widerstreitenden Interessen in Ausgleich zu bringen und die Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet ist, von ihrem Ermessen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der übrigen Eigentümer ein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus geht (bspw. durch die Beschränkung der Anzahl: OLG Schleswig Beschluss vom 27.11.2003 – 2 W 165/03, BeckRS 2004, 8594 oder durch eine Leinenpflicht zur Begegnung der Tiergefahr: LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14.07.2015 − 2-09 S 11/15, ZWE 2015, 413). Eine Grenze des Ermessens der Wohnungseigentümer ist erreicht, wenn der Erlaubnisvorbehalt die schriftliche Genehmigung aller Eigentümer vorsieht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.02.1988 – 11 W 142/87, BeckRS 1988, 30913220). Voraussetzung einer Benutzungsregelung ist jedoch stets, dass überhaupt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer besteht, was bei Kleintieren wie bspw. Zierfischen oder Schildkröten nicht angenommen werden kann (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02.11.2006 - 5 W 154/06, NZM 2007, 168).

LG Frankfurt a. M., Urteil vom 09.03.2023 - 2-13 S 89/21 (AG Gießen), BeckRS 2023, 3732