Urteilsanalyse
Bedingte Anschlussberufung
Urteilsanalyse
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Eine Anschlussberufung kann nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs nicht unter eine Bedingung gestellt werden, die ein anderes selbständiges Prozessrechtsverhältnis betrifft.

2. Jun 2021

Anmerkung von
Richter am KG Dr. Oliver Elzer

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 11/2021 vom 28.05.2021

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Sachverhalt

Die Klage des K ist in erster Instanz gegen B1 (eine Testamentsvollstreckerin) und B 2 (einen Rechtsanwalt) überwiegend erfolgreich. B1 und B2 legen Berufung ein. Die Berufung des B2 weist das OLG zurück, die von B1 hat hingegen Erfolg. K hatte eine Hilfsanschlussberufung gegen B2 unter der Bedingung eingelegt, dass die Berufung der B1 Erfolg hat (letztlich soll B2 zahlen, was von B1 nicht zu holen ist). Fraglich ist, ob diese Bedingung möglich ist.

Entscheidung: Die Bedingung ist nicht möglich!

Eine Anschlussberufung iSv § 524 ZPO könne zwar auch bedingt eingelegt werden (Hinweis ua auf BGH NJW-RR 1989, 1099 unter I.1 und BGH NJW 1984, 1240 unter I.1.b). Möglich sei etwa die Bedingung, dass dem in der Hauptsache gestellten Antrag, die Berufung des Gegners zu verwerfen oder zurückzuweisen, nicht entsprochen werde. Auch andere innerprozessuale Bedingungen seien denkbar. Unzulässig sei aber eine Bedingung, die ein anderes selbständiges Prozessrechtsverhältnis betreffe. Dies gelte auch dann, wenn beide Prozessrechtsverhältnisse in einem Rechtsstreit zusammengefasst seien. Der BGH habe deshalb entschieden, dass es unzulässig sei, wenn ein klagender Streitgenosse die Anschlussberufung unter der Bedingung einlegt, dass die Klage des anderen Streitgenossen abgewiesen werde (Hinweis ua auf BGH NJW-RR 1989, 109 unter I.1). Für den Streitfall gelte nichts anderes.

Praxishinweis

Eine Anschlussberufung ist kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinne. Eine bedingte Anschlussberufung ist daher zulässig, wenn sie lediglich von einem „innerprozessualen Vorgang“ abhängt (MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, § 524 Rn. 28). Dieser Vorgang muss aber gerade das Prozessrechtsverhältnis der Parteien – im Fall also K und B2 – betreffen. Ein solches verknüpft die Parteien sowohl untereinander im Sinne einer Sonderverbindung als auch mit dem Gericht. Das Prozessrechtsverhältnis des K zu B1 war eine andere Verknüpfung: § 61 ZPO beseitigt nicht die Selbstständigkeit des Prozessrechtsverhältnisses eines jeden Streitgenossen zu seinem jeweiligen Gegner.

BGH, Beschluss vom 15.04.2021 - IX ZR 296/19, BeckRS 2021, 10633