Glosse

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Als die „Ampel“ – Sie er­in­nern sich – mit Ge­tö­se im Herbst ver­gan­ge­nen Jah­res aus­ein­an­der­brach und vor­ge­zo­ge­ne Neu­wah­len an­stan­den, war die Auf­re­gung groß, galt es doch nun, neben dem Weih­nachts­fest auch noch eine Bun­des­tags­wahl zu or­ga­ni­sie­ren. Des­halb lau­te­te die Frage der Stun­de nicht mehr: „Wie wird die Weih­nachts­gans vegan?“, son­dern: „Wer druckt uns ge­nü­gend Stimm­zet­tel, damit sich nicht zwei Wahl­be­rech­tig­te einen tei­len müs­sen? Und wie kom­men die recht­zei­tig zu den Brief­wäh­le­rin­nen und -wäh­lern, deren Zahl be­stän­dig wächst?“

28. Mrz 2025

Mitt­ler­wei­le wis­sen wir, dass sämt­li­che Be­den­ken un­be­grün­det waren, zu­min­dest scheint auch bei der Stimm­ab­ga­be per Post trotz des engen Zeit­plans alles glatt ge­lau­fen zu sein. Und nein, das ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Denn dass man schon beim Ver­sand von Brief­wahl­un­ter­la­gen selbst dann Vie­les falsch ma­chen kann, wenn man den lie­ben, lan­gen Tag nichts an­de­res macht, als Brie­fe zu ver­sen­den, zeigt der Be­schluss des VG Köln vom 20.2.2025 (33 K 3098/24 PVB).

Am 15.5.2024 stand bei der Bun­des­an­stalt für Post und Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on Deut­sche Bun­des­post eine Per­so­nal­rats­wahl an. Am 9.4.2024 ver­sand­te der Wahl­vor­stand erst­mals die Un­ter­la­gen zur schrift­li­chen Stimm­ab­ga­be an die Wahl­be­rech­tig­ten, um kurz dar­auf fest­zu­stel­len, dass dar­auf zwin­gen­de An­ga­ben fehl­ten. Des­halb be­ka­men die wahl­be­rech­tig­ten Be­schäf­tig­ten noch­mals Post von der Post, die die ak­tua­li­sier­ten Wahl­un­ter­la­gen, be­stehend aus zwei Frei­um­schlä­gen, auf deren Rück­sei­te mit­tig Name und An­schrift des je­wei­li­gen Wahl­be­rech­tig­ten ver­merkt war, ent­hielt. Am 15.5.2024 schritt man zur Wahl, deren Er­geb­nis von den spä­te­ren An­trag­stel­lern An­fang Juni an­ge­foch­ten wurde. Be­grün­dung: Das un­zu­läs­si­ge mit­ti­ge An­brin­gen der Ab­sen­der­adres­se der wahl­be­rech­tig­ten Brief­wäh­ler auf der Rück­sei­te der Frei­um­schlä­ge ver­sto­ße nicht nur gegen haus­in­ter­ne Ver­sand­richt­li­ni­en, son­dern habe die Le­se­ma­schi­ne der Deut­schen Post der­art ir­ri­tiert, dass sie die Ab­sen­der­adres­sen als Zu­stell­adres­sen iden­ti­fi­ziert und die Frei­um­schlä­ge wie­der an die Ab­sen­der zu­rück­ge­schickt habe. Weil sich die­ser Faux­pas ziem­lich si­cher auf das Wahl­er­geb­nis aus­ge­wirkt habe, sei die Wahl für un­gül­tig zu er­klä­ren. Das VG sah dies auch so und tat, wie ihm ge­hei­ßen. Zwar ließ sich nicht auf­klä­ren, wie viele Frei­um­schlä­ge wegen deren feh­ler­haf­ter Ge­stal­tung an die Ab­sen­der wie­der zu­rück­ge­schickt wur­den; doch dem VG reich­te es, dass der Wahl­vor­stand sei­ner­zeit beim Ver­sand der Brief­wahl­un­ter­la­gen es mit dem haus­ei­ge­nen Leit­fa­den „Au­to­ma­ti­sie­rungs­fä­hi­ge Brief­sen­dun­gen“ nicht so genau ge­nom­men hatte. Schon al­lein des­halb habe die sehr reale Ge­fahr einer feh­ler­haf­ten Be­hand­lung der Brief­wahl­um­schlä­ge be­stan­den, die sich zu­min­dest in einem Fall tat­säch­lich rea­li­siert hatte (die Ent­schei­dung ist im Voll­text ab­ruf­bar unter BeckRS 2025, 3333).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.