Urteilsanalyse
Auszahlung aus Lebensversicherungsvertrag gehört zum einzusetzenden Vermögen
Urteilsanalyse
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Zu dem einzusetzenden Vermögen gehört nach einem Beschluss des OLG Hamm  – unter Berücksichtigung des angemessenen Schonvermögens – auch die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag. Sollen mit dem Vermögen Schulden getilgt werden zu einem Zeitpunkt, in dem die mögliche Pflicht zur Tragung von Verfahrenskosten bereits bekannt ist, kommt es darauf an, ob die Zurückstellung der Tilgung zuzumuten war.

31. Jan 2024

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 02/2024 vom 25.01.2024

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Sachverhalt


Die Antragstellerin erhielt VKH für eine Klage auf Trennungsunterhalt. Aus einer im Rahmen einer Überprüfung der VKH eingeholten aktuellen Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ging hervor, dass sie über ein Guthaben von circa 14.000 EUR aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung verfügt, das zur Ablösung eines Immobiliendarlehens bestimmt sei. Aus einem Schreiben der finanzierenden Bank ergab sich, dass das Darlehen zum 21.6.2023 in Höhe von etwa 12.400 EUR valutiere, die Sollzinsbindung am 1.7.2023 ende und die Laufzeit des Darlehens am 30.9.2023.

Das AG wies darauf hin, dass mit dem Guthaben aus der Lebensversicherung einzusetzendes Vermögen vorhanden sei. Es änderte die VKH-Bewilligung dahingehend ab, dass die Verfahrenskosten von der Antragstellerin in einer einmaligen Zahlung von etwa 2.500 EUR zu erbringen seien. Dagegen legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein.

Entscheidung: Verfahrenskosten können aus dem das Schonvermögen übersteigenden Teil des Guthabens gezahlt werden

Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Das AG habe die ursprüngliche VKH-Bewilligung zu Recht dahin abgeändert, dass die Verfahrenskosten aus dem Guthaben aus der Lebensversicherung zu zahlen seien. Gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i. V. m. § 115 Abs. 3 ZPO habe ein Beteiligter zur Begleichung der Verfahrenskosten auch das Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar sei. Zu dem einzusetzenden Vermögen gehöre auch die Auszahlung aus einem Lebensversicherungsvertrag. Diese übersteige das sogenannte Schonvermögen (derzeit 10.000 EUR) deutlich.

Dass das Geld zwischenzeitlich offenbar für die Tilgung des Baudarlehens verwendet worden sei, stehe einer Abänderung der VKH-Entscheidung nicht entgegen. Wolle ein Beteiligter mit dem Vermögen Schulden tilgen zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm die mögliche Pflicht zur Tragung von Verfahrenskosten bereits bekannt sei, komme es darauf an, ob ihm die Zurückstellung der Tilgung zuzumuten gewesen sei. Hier sei der Antragstellerin bereits Anfang Juli 2023 durch die Verfügung des AG bekannt gewesen, dass das AG beabsichtigte, ihr die Zahlung der Verfahrenskosten aufzugeben. Aus dem vorgelegten Schreiben der Bank ergebe sich, dass die Sollzinsbindung für dieses Darlehen erst am 31.7.2023 geendet habe. Die Laufzeit des Darlehens habe sogar erst am 30.9.2023 geendet. Die bloße Absicht, später mit vorhandenem Vermögen eine Verbindlichkeit zu tilgen, sei aber nicht geschützt. Hier sei es keineswegs zwingend gewesen, das Baudarlehen insgesamt abzulösen, zumal die Bank in dem Schreiben auch mitgeteilt hatte, es sei «nach der derzeitigen Marktlage […] möglich, Ihr Darlehen […] weiterzuführen». Angesichts dessen sei es der Antragstellerin zumutbar gewesen, das Darlehen nicht vollständig abzulösen, sondern es mit einem neuen Zinssatz fortzuführen und das Kapital aus der Lebensversicherung für die Zahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.

Praxishinweis

Eine Kapitallebensversicherung stellt grundsätzlich ein für die Prozesskosten einzusetzendes Vermögen dar. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Verwertung für den Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten würde, etwa wegen unwirtschaftlicher Verwertung oder weil dann die Aufrechterhaltung einer angemessenen Altersversorgung wesentlich erschwert würde (Dunkhase in Anders/Gehle ZPO, 82. Aufl. 2024, ZPO § 124 Rn. 40). In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall ging es jedoch nicht um eine Kapitallebensversicherung, sondern um das ausgezahlte Guthaben einer fondsgebundenen Lebensversicherung, welches das Gericht als einzusetzendes Vermögen behandelte.

OLG Hamm, Beschluss vom 20.11.2023 – 4 WF 126/23 BeckRS 2023, 39055