Urteilsanalyse
Auf Mittelkonsole ausgelegter Parkausweis ist nicht "gut lesbar"
Urteilsanalyse
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Das Auslegen eines Parkausweises auf der Mittelkonsole im Inneren eines Fahrzeugs ist - so das AG Schwerin - nicht geeignet, die Anforderungen an eine "gut lesbare" Auslage eines Parkscheins oder Parkausweises zu erfüllen.

16. Jun 2023

Anmerkung von

Rechtsanwältin Dr. Ruth Anthea Kienzerle, Ignor & Partner GbR, Berlin

Aus beck-fachdienst Strafrecht 12/2023 vom 15.06.2023

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Sachverhalt

Der B stellte seinen Pkw auf einen Parkplatz mit Zusatzzeichen Rollstuhlfahrersinnbild. Der Zeuge Z stellte den Pkw des B bei seiner Streife auf dem Parkplatz für Behinderte fest, nahm bei der Sichtkontrolle in alle Fenster rund um das Fahrzeug nach eigenem Bekunden keinen lesbaren Parkausweis wahr und beauftragte ein Unternehmen mit der Umsetzung des Pkw. B ließ sich in der Hauptverhandlung dahingehend ein, der besondere Parkausweis sei im Inneren des Fahrzeugs auf der Mittelkonsole gelegen und legte ein nach der Umsetzung gefertigtes Foto vor, auf dem der Ausweis partiell bedeckt auf der Mittelkonsole erkennbar war.

Das AG verurteilte B wegen fahrlässigen Parkens auf einem Sonderparkplatz ohne gut lesbar ausgelegten besonderen Parkausweis zu einer Geldbuße von 55 EUR.

Entscheidung

In Anlage 3 zu § 42 Abs. 3 StVO sei unter Nr. 7e) zu Zeichen 314 konkretisiert, dass die Parkerlaubnis nur gelte, wenn der Parkausweis gut lesbar ausgelegt oder angebracht sei. Lesbar bedeute „für die Augen zu entziffern und sich lesen lassend“, „gut“ bedeute in diesem Zusammenhang, dass das Lesen „leicht, mühelos geschehend“, d.h. einfach und ohne Schwierigkeiten möglich sein müsse. Dem Überwachungspersonal müsse eine Kontrolle der Parkerlaubnis ohne erhebliche Schwierigkeiten, ohne Hilfsmittelverwendung und ohne großen Zeitaufwand durch einen Blick in das Fahrzeuginnere möglich sein.

Dagegen habe B verstoßen. Selbst wenn sein Vortrag, dass der Parkausweis auf der Mittelkonsole gelegen habe, als wahr unterstellt werde, seien die Anforderungen an gute Lesbarkeit nicht erfüllt. Die Mittelkonsole auf Höhe der Sitzflächen sei nicht geeignet, die Anforderungen an gute Lesbarkeit zur erfüllen, denn aufgrund des Abstandes zu den Fenstern sei Lesbarkeit, wenn überhaupt nur mit erheblichem Aufwand und ggf. unter zu Hilfenahme von Hilfsmitteln verbunden und daher nicht „gut“. Zudem sei auf dem Foto der vermeintliche Ausweis zur Hälfte verdeckt und in Teilen überhaupt nicht lesbar.

Praxishinweis

Die fehlende oder schlechte Lesbarkeit von Parkausweisen, Parkscheiben oder Parkscheinen ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass das Gesetz nicht eindeutig regelt, wie und wo sie anzubringen sind und was „gut lesbar“ bedeutet. Ob etwas gut lesbar ist, ist folglich Auslegungssache. Klar ist, dass ein Absuchen des Fahrzeugs nicht notwendig sein darf. Das hat bspw. zur Folge, dass ein Anbringen im Kofferraum nicht genügt, ein Auslegen auf der Hutablage des Kofferraums aber schon (z.B. OLG Köln NZV 1992, 376). Fasst man die Rechtsprechung zusammen, so wird gute Lesbarkeit meist beim (nicht partiell bedeckten) Auslegen oder Anbringen an oder in unmittelbarem Abstand zu den Fenstern angenommen, z.B. hinter der Windschutzscheibe, aber auch an einer Seiten- oder Heckscheibe.

AG Schwerin, Urteil vom 08.05.2023 - 35 OWi 83/23, BeckRS 2023, 10923