Kolumne
Arbeiten und Asyl
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Der Bundesarbeitsminister hat sich dafür ausgesprochen, Asylbewerber für gemeinnützige Tätigkeiten heranzuziehen. Wer in Deutschland Schutz sucht, hat es hier in der Regel besser als im Herkunftsland. Für die soziale Akzeptanz ist es daher wichtig, dass diese Menschen einen Beitrag zu eben diesem Wohlstand leisten, soweit es ihnen möglich ist.

30. Okt 2023

Die Bundesregierung unterstütze, wenn die Länder und Kommunen davon Gebrauch machen und Asylbewerber auch zu gemeinnützigen Tätigkeiten einsetzen, sagte der Ressortchef: „Wo das sinnvoll ist, kann und sollte das genutzt werden.“ Der Minister will damit wohl auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Migration fördern. Die CDU fordert Entsprechendes in ihrem 26-Punkte-Katalog, den sie dem Bundeskanzler überreicht hat. Der Generalsekretär formuliert: „Ich finde: Jeder, der Sozialleistungen bezieht und arbeitsfähig ist, muss einen Job annehmen. Und wer keine Arbeit findet, muss eine gemeinnützige Tätigkeit übernehmen.“

Das mutet nach einem sehr breiten Konsens für etwas an, was ­aktuell ja bereits möglich ist, aber bislang kaum genutzt wurde. Die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit erlaubt § 5 IV AsylbLG. Das BVerwG bestätigte bereits vor vielen Jahren (NVwZ 1984, 241) die Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung. Genutzt wird sie nicht: Die bürokratischen Hürden seien zu hoch, heißt es, der gesellschaftliche Mehrwert minimal. Gemeinnützige Arbeit würde sozialversicherungspflichtige Arbeit verdrängen – die Argumente sind vielfältig. Dennoch lohnt es sich, hier nachzufassen. „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen“, schreibt Paulus an die Gemeinde von Thessaloniki. Und wem die Quelle zu fromm ist, der mag in Art. 12 der Sowjetverfassung von 1936 nachlesen: „Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und Ehrensache jedes arbeitsfähigen Staatsbürgers nach dem Grundsatz: ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen‘.“

Solche pauschalen Forderungen wird zu Recht nicht jeder unterschreiben. Stalin als Leumund taugt ebenso wenig wie ein Apostelwort geschrieben in Erwartung naher Parusie. Schon weil von dem, der nicht arbeiten kann, auch keine Arbeit verlangt werden kann. Wir haben aber heute die besondere Situation (und das ist der Unterschied zu vielen Fluchtszenarien der Vergangenheit), dass diejenigen, die hier Schutz und Sicherheit suchen, in eine Gesellschaft eintreten, in der sie es im Regelfall besser haben als dort, wo sie herkommen. Für die soziale Akzeptanz ist es daher wichtig, dass sie einen Beitrag zu eben diesem Wohlstand leisten, soweit es ihnen möglich ist. Die Bundesregierung formulierte schon 1986, Zweck der angebotenen Gelegenheiten zu gemeinnütziger Arbeit sei es, die Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft auch im Hinblick auf eine künftige Erwerbstätigkeit zu fördern. Zugleich werde damit die sich aus dem Nachrang der Sozialhilfe ergebende Verpflichtung zum Einsatz der Arbeitskraft konkretisiert. Dies gelte nach dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Sozialhilfeempfänger auch für Asylbewerber, die aus rechtlichen Gründen an einer Arbeitsaufnahme gehindert sind (BT-Drs. 10/1880 und 10/2698). Das stimmt auch heute noch, und eben diese rechtlichen Hindernisse abzubauen hat sich die Regierung auf den Weg gemacht – gut so.

Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M., ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn.