Die Kündigung der Bank erfolgt wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit oder mit Blick auf die Bußgeldpraxis der BaFin unter dem Gesichtspunkt der Risikovermeidung (De-Risking). Mit der überraschenden Abkehr von der langjährigen Praxis werden Rechtsanwälte und ihre Mandanten faktisch unter Generalverdacht gestellt. Rechtsanwälte sind verpflichtet, fremde Gelder auf ein Anderkonto einzuzahlen (§ 43a V 2 BRAO), wollen sie keine Untreue begehen (§ 266 StGB). Das parallele Handling einer Vielzahl von Anderkonten ist bestenfalls unpraktisch, wegen des Mehraufwands unwirtschaftlich und bei kurzfristiger Notwendigkeit (Vergleiche) nicht einsetzbar. Im Übrigen steht die umfassende Offenlegung der Mandanten im Spannungsverhältnis zur anwaltlichen Verschwiegenheit (§ 43a BRAO bzw. § 203 StGB).
Das Vorgehen der BaFin steht exemplarisch für ein theoretisch-abstraktes Verständnis von Risiken, das in einer überschießenden, bürokratisierenden Auslegung der GwG-Vorschriften gipfelt. Der Umfang verstärkter Sorgfaltspflichten wirkt in wirtschaftlicher Hinsicht prohibitiv, obwohl im Einzelfall kein Hinweis auf Geldwäsche vorliegt. Die Auslegung geht auf Aussagen der Ersten Nationalen Risikoanalyse des Bundesfinanzministeriums von 2018/2019 zurück. Sie hält die Aufsichtsbehörden zu mehr Wachsamkeit bei Bargeldeinzahlungen auf Anderkonten an, verpflichtet sie aber nicht dazu, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Der Ball liegt nun wieder einmal – tja, wo eigentlich? Beim Gesetzgeber? Auf nationaler Ebene hat er sich in den letzten Jahren damit hervorgetan, die EU-Geldwäsche-Anforderungen in vielen Punkten unnötig überschießend umzusetzen (Goldplating). Von dort ist keine Hilfe zu erwarten. Die EU-Kommission plant eine Vereinheitlichung des Rechtsrahmens bis 2024 und ist mitten in den Beratungen. Aber wieso sollte die BaFin nicht einfach Verantwortung zeigen und das Gespräch mit der Bundesrechtsanwaltskammer sowie anderen Anwaltsvereinigungen suchen? Rechtsanwälte sind nur ausnahmsweise GwG-Verpflichtete (§ 2 I Nr. 10 GwG). Die Eröffnung eines Anderkontos und selbst Bargeldeinzahlungen auf das Anderkonto begründen keine Verpflichteten-Eigenschaft. Banken können Bargeldeinzahlungen auf Anderkonten überwachen oder beschränken. Bei richtigem Verständnis des risikobasierten Ansatzes könnte die bisherige Verwaltungspraxis ohne Weiteres beibehalten werden.