NJW-Editorial
Am Bargeld scheiden sich die Geister

Bargeldobergrenzen und Barzahlungsverbote stehen bei der zunehmend dynamischen Geldwäschebekämpfung im Fokus des europäischen und nationalen Gesetzgebers. In Deutschland gibt es de lege lata, anders als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten, keine Obergrenze für Bargeldtransaktionen. Jetzt nimmt man sich hier – langsam vortastend und in seiner Exklusivität nicht vollends verständlich – den Immobiliensektor zur Brust.

13. Apr 2023

Im Zuge einer zunehmend dynamisch anmutenden Geldwäschebekämpfung stehen Bargeldobergrenzen und Barzahlungsverbote erneut stark im Blick des europäischen und nationalen Gesetzgebers. Dabei ist zu konstatieren, dass es de lege lata in Deutschland, anders als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten, keine Obergrenze für Bargeldtrans­aktionen gibt. Mit Blick auf eine gewisse Risikoaversität und Bargeldtreue sowie angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken tastet sich der deutsche Gesetzgeber lediglich langsam vor und nimmt sich – wenig überraschend, aber in seiner Exklusivität nicht vollends verständlich – zunächst nur den risikoaffinen Immobiliensektor zur Brust. ­Weniger zurückhaltend ist der europäische Gesetzgeber. Vor dem Hintergrund des 2021 von der EU-Kommission veröffentlichten Entwurfs eines Geldwäsche-Legislativpakets, dessen Regelungen die nationalen Vorschriften zur Geldwäscheprävention weitgehend ersetzen sollen, verständigte sich der Europäische Rat Ende letzten Jahres auf eine Bargeldobergrenze für Güterhändler und Dienstleister in Höhe von 10.000 Euro. Dem Europäischen Parlament, welches zuletzt selbst im Fokus von Korruptions- und Geldwäscheermittlungen stand, geht das nicht weit genug. Es stimmte jüngst für eine Absenkung auf 7.000 Euro.

Auch wenn der deutsche Gesetzgeber hinsichtlich der Einführung von allgemeinen Bargeldobergrenzen unentschlossener wirkt, so ist die regulatorische Marschrichtung dennoch erkennbar. Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II wurde unter anderem ein Barzahlungsverbot samt korrespondierender Kontroll- und Meldepflichten bei Immobiliengeschäften (§ 16a GwG) geschaffen, welches seit dem 1.4. gilt. Der Bundesregierung scheinen die Lücken bei der Geldwäschebekämpfung also durchaus bewusst, wenngleich sie angesichts der offensichtlichen Missstände innerhalb der deutschen ­Regulierungs- und Aufsichtsbehörden – etwa bei der stockenden Auswertung von Verdachtsmeldungen durch die Financial Intelligence Unit (FIU) – kaum zu übersehen sind. Auch die Financial Action Task Force (FATF) hat in ihrem Deutschland-Bericht 2022 Reformen angemahnt. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu bezeichnend, dass Deutschland aller Voraussicht nach eine allgemeine Bargeldobergrenze aus Brüssel verordnet bekommt. Ob die künftige Regelung abschließend EU-weit gilt oder nur Mindestgrenzen setzt, ist offen. Letzteres wäre einer Rechtsharmonisierung des EU-Binnenmarkts nicht wirklich zuträglich.

Im Ergebnis sind Bargeldobergrenzen und -verbote sicherlich kein Allheilmittel. Gleichwohl können sie, sofern sie wohl überlegt und ausgewogen sind, ein wirksamer Baustein in einer Gesamtstrategie gegen Geldwäsche sein, insbesondere im Nichtfinanzsektor. Bleibt zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber auch darüber hinaus bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität Fortschritte macht.

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Cappel ist Partner im Bereich Wirtschaftsstrafrecht und Compliance bei​Norton Rose Fulbright in Frankfurt a. M.