Ein breites juristisches Themenspektrum. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Ein wissenschaftlich fundierter Diskurs aller juristischen Berufsgruppen. Das alles verbindet diese Zeitschrift und den Deutschen Juristentag. Daher ist es eine gute Tradition, dass die NJW die Juristentage mit diversen Veröffentlichungen begleitet. So ist es auch in diesem Jahr, in dem – endlich – die 73. Auflage des großen Branchentreffens stattfindet, die eigentlich schon vor zwei Jahren in Hamburg geplant war, aber leider Corona zum Opfer fiel. Das damals geplante Fachprogramm wird jetzt in Bonn nachgeholt. Diese Ausgabe versammelt Begleitaufsätze zu den sechs Abteilungsthemen.
Die Juristentage standen immer auch für besonders strittige Themen, bei denen gegenläufige Interessen aufeinanderprallten. Legendär sind die arbeitsrechtlichen Abteilungen, in denen es zu regelrechten „Arbeitskämpfen“ zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite kam. Mehrfach endeten sie laut Medienberichten in „Eklats“. Auch diesmal beinhaltet die Abteilung Arbeits- und Sozialrecht einigen Sprengstoff. Sie befasst sich mit der demographischen Entwicklung und daraus folgenden Herausforderungen für die Altersversorgung. Dabei soll unter anderem auch das Verhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung zu konkurrierenden Sicherungssystemen wie der Beamtenversorgung und berufsständischen Versorgungswerken diskutiert werden. Das Gutachten zur Abteilung hält zwar Reformen des Alterssicherungssystems für unvermeidbar, will aber an der Beamtenversorgung und den Versorgungswerken nicht rütteln. Daher befürchtete wohl zunächst niemand Ungemach. Dann ließ aber kürzlich der Präsident des BSG, Prof. Dr. Rainer Schlegel, Vorsitzender der einschlägigen Abteilung beim DJT, mit Äußerungen aufhorchen, dass auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. Die derzeitigen Befreiungsmöglichkeiten und die Versicherungsfreiheit der Beamten und Richter seien nicht mehr zeitgemäß, sagte er im Juli beim Bayerischen Sozialrechtstag. Nach seiner Vorstellung soll die gesetzliche Rentenversicherung auch für Freiberufler als Basissystem dienen, die Versorgungswerke könnten als ergänzende betriebliche Alterssicherung erhalten werden.
Die Beschlussempfehlungen des Juristentags haben schon manche (rechts-)politische Debatte beeinflusst. Würde sich ausgerechnet er dafür aussprechen, die Anwaltsversorgungswerke in der gesetzlichen Rentenversicherung ganz oder teilweise aufgehen zu lassen, hätte das Signalwirkung. Daher sollte die größte juristische Berufsgruppe, die auf Juristentagen erfahrungsgemäß eher unterrepräsentiert ist, diesmal zahlenmäßig stark vertreten sein, um über die Zukunft ihrer Altersversorgung abstimmen zu können. Welche Wirkung ein starkes Anwaltsvotum auf dem Juristentag haben kann, hat sich bei der Einführung der PartGmbB im Jahr 2013 gezeigt. Ihr ging eine mit vielen Anwaltsstimmen realisierte Empfehlung des 68. Deutschen Juristentags voraus.
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