Aus der Anwaltschaft
Trend zum Anstellungsverhältnis
Aus der Anwaltschaft
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Die Zahl der angestellten Anwälte steigt. Ihr Einkommen entwickelt sich stabil. Insbesondere Syndikusanwälte können nicht klagen.

19. Nov 2024

Seit Jahren wächst der Anteil der angestellten Anwälte in Kanzleien und Unternehmen an der Gesamtzahl der zugelassenen Anwälte kontinuierlich. Sie entscheiden sich gegen das unternehmerische Risiko der Selbstständigkeit und für sichere und auch attraktive Einkommen. Der aktuelle STAR-Bericht bestätigt einen konstanten Anstieg der Gehälter, aber auch strukturelle Unterschiede und damit ein unterschiedliches Gehaltsniveau. Anwältinnen werden auch im Anstellungsverhältnis schlechter bezahlt.

Gutes Verdienstniveau

Der Trend ist eindeutig: Nicht nur der Anteil der Syndikusanwälte steigt seit Jahren beträchtlich. Auch neu zugelassene Anwälte bevorzugen für ihre Tätigkeit in einer Kanzlei ganz überwiegend die Berufsausübung im Anstellungsverhältnis. Und immer weniger wechseln mit Berufserfahrung in die Selbstständigkeit oder Verantwortung einer Partnerschaft. Selbst für gut situierte Kanzleien wird es mancherorts schwierig, Nachfolger zu finden. Ein Grund hierfür dürfte der Wunsch nach sozialer Sicherheit sein, und dabei spielt das regelmäßige und sichere Gehalt eine bedeutsame Rolle. Auch wenn einige internationale Großkanzleien Berufsanfänger mit geradezu astronomischen Einstiegsgehältern locken, gilt grundsätzlich: Als angestellter Anwalt lebt es sich auch mit Blick auf das Einkommen in Kanzleien mit „normalen“ Gehaltsstrukturen besser. Der aktuelle, im Auftrag der BRAK erstellte STAR-Bericht 2023 offenbart, dass angestellte Anwälte im Durchschnitt mehr verdienen als selbstständig tätige Einzelanwälte oder Partner in kleinen Sozietäten. Der Unterschied ist deutlich, auch der Anstieg seit der letzten Erhebung: Im Durchschnitt verdienten in Vollzeit angestellte Anwälte 90.000 EUR. Im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2018 ist dies ein Anstieg um fast 20.000 EUR und entspricht dem Betrag, den angestellte Anwälte mehr verdienen als ihre selbstständig tätigen Kollegen.

Die Anstellung in West- oder Ostdeutschland, Kanzleigröße und Größe der Stadt sind Faktoren, die sich deutlich auf die Einkommenshöhe auswirken. Im Westen lagen die Gehälter durchschnittlich bei 94.000 EUR, in Großstädten knapp bei 100.000 EUR, im Osten deutlich darunter bei 60.000 EUR. Aber auch dort stiegen die Einkommen angestellter Anwälte gegenüber 2018 um 22 % an, in den wenigen großen Kanzleien noch etwas mehr. Damit bewegen sie sich immer noch auf dem gleichen Niveau wie die Einkünfte von Einzelanwälten im Westen und deutlich über den Überschüssen, die Einzelanwälte im Osten erzielen, sogar wenn diese spezialisiert sind (36.000 EUR). Im Ergebnis darf es nicht verwundern, dass gerade im Osten der Anteil der selbstständigen Anwälte weiter zurückgeht und diese Entwicklung auch im Westen nicht aufgehalten werden kann.

Gender Gap

Nicht nur selbstständig tätige Anwältinnen verdienen deutlich weniger, auch im Anstellungsverhältnis besteht ein Gehaltsgefälle mit durchschnittlich 60.000 EUR, das sich im Osten auf 44.000 EUR beläuft. Bei in Vollzeit angestellten Anwältinnen erhöht sich das Jahresgehalt auf 66.000 EUR im Bundesdurchschnitt, im Osten auf 50.000 EUR. Auch hier verdienen angestellte Anwältinnen im Ergebnis erheblich mehr als in der Selbstständigkeit; die Kluft zwischen den Geschlechtern bleibt jedoch.

Syndikusanwälte verdienen besser

Auf der Gehaltsskala der Angestellten rangieren Syndikusanwälte ganz oben. Sie verdienen mit durchschnittlichen Jahresbruttogehältern von 112.000 EUR in Vollzeit von Abstand am meisten. Im Vergleich zu 2018 bedeutet dies zwar nur ein Plus von 5 %, der Unterschied zu den vergleichbaren angestellten Anwälten in großen Kanzleien ist gleichwohl beachtlich. Bedeutsam ist jedoch das Einkommensgefälle: Im Westen verdienten Syndici 126.000 EUR, ihre Kolleginnen mit 93.000 EUR fast ein Drittel weniger. Im Osten waren die Unterschiede nicht erheblich.

Festzuhalten bleibt: Das West-Ost-Gender-Gefälle ist in der gesamten Anwaltschaft offensichtlich. Für Einzelanwälte und kleine Kanzleien wird die Einkommenssituation immer schwieriger. Die Zukunft liegt für eine zunehmende Zahl von Anwältinnen und Anwälten deshalb im Anstellungsverhältnis. Im Westen sowie in den großen Städten konzentrieren sich Anwälte und das Einkommen.

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Rechtsanwalt Stephan Göcken ist Hauptgeschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer, Berlin.