Ausbildung & Karriere

KI in Prüfungen kein Schummeln mehr
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Andrey Popov/adobe

Unter der Hand ist der Einsatz von KI bei schriftlichen Prüfungsleistungen längst gang und gäbe – die Jurafakultät der Uni Regensburg hat dies nun abgesegnet und klare Regeln dafür aufgestellt. Mit Erleichterung dürften es viele Hochschüler und -schülerinnen aufgenommen haben: Grundsätzlich dürfen Programme wie ChatGPT verwendet werden – insbesondere gelte das für Haus-, Seminar-, Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten.

19. Aug 2025

Praktisch ist damit also das gesamte Spektrum zu benotender Texte, die daheim verfasst werden, für die moderne Technik geöffnet. Aber natürlich muss dabei die Wissenschaftlichkeit gewahrt und – nicht zuletzt – die Leistung der Kandidaten überprüfbar bleiben. Daher verlangen die Regensburger Rechtslehrer, dass der KI-Einsatz gekennzeichnet wird. Und dafür machen sie konkrete Vorgaben (die Richtlinien sind abrufbar auf der Webseite der Fakultät unter „Studium und Lehre“). So dürfen inhaltliche Äußerungen der generativen Sprachmodelle „grundsätzlich“ nicht unmittelbar übernommen, sondern nur als Einstieg in die weitere Recherche verwendet werden.

„Halluziniertes Recht“

Vor allem darf den Nachwuchsjuristen nicht passieren, was sogar schon Anwälten unterlaufen ist – nämlich „halluziniertes Recht“ zu verbreiten (dazu Voßberg NJW-aktuell H. 31/2025, 3). Daher ist das, was eine KI ausspuckt, „selbstständig anhand seriöser rechtswissenschaftlicher Quellen auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren“. Schließlich könne solcher Output nicht so verlässlich wie Stimmen aus der Fachliteratur als Erkenntnisquelle verwendet werden. Die Fakultät erhebt ihren mahnenden Zeigefinger: „Studierende sind für die schriftliche Prüfungsleistung auch dann in vollem Umfang verantwortlich, wenn sie bei der Erstellung KI eingesetzt haben.“ Das gelte vor allem für inhaltliche Fehler, die sich in deren Output finden. Ebenfalls betreffe dies ungekennzeichnete Übernahmen von fremden Gedanken, die dort häufig nicht oder sogar falsch nachgewiesen werden.

Und was müssen die Prüfungsgeplagten nun konkret tun? Einige Ausnahmen machen die Vorgaben immerhin: So muss der Einsatz einiger technischer Hilfsmittel nicht offengelegt werden, selbst wenn sie KI-Technologie beinhalten. Gemeint sind Werkzeuge zur Rechtschreib-, Zeichensetzungs- und Grammatikprüfung wie Word, Pages oder der Duden-Mentor. Freie Hand haben die Studierenden ferner bei der Verwendung von Suchmaschinen, etwa Google und Bing, sowie von Datenbanken – genannt werden exemplarisch beck-online und juris. Keinem Verdikt unterfallen zudem: Kontrollsoftware wie Turnitin, Zitierprogramme (aufgeführt werden Citavi und Zotero) sowie Spracherkennungstools wie Dragon Professional.

Wichtig ist aber Transparenz, wie der dreiseitige Leitfaden mit vielen Beispielen verdeutlicht. In einem Anhang zur schriftlichen Prüfungsleistung ist demnach der Einsatz technischer Hilfsmittel – allen voran von KI – offenzulegen. „Hierfür sind das konkret verwendete Hilfsmittel und das konkrete Einsatzgebiet zu nennen“, so die Ausbildungsstätte. Dafür liefert sie ebenfalls exakte Anweisungen: Werden fremde Gedanken aufgegriffen und mit KI umgetextet, sei dies per Fußnote zu kennzeichnen, im Literaturverzeichnis aufzuführen „und darüber hinaus der entsprechende Einsatz von KI in generalisierter Form in einem Anhang anzugeben“. Vorsicht vor Plagiatsjägern und dem von ihnen angeprangerten Trick des „Bauernopferzitats“, bei dem der volle Umfang des „Abkupferns“ verschleiert wird, dürfte hinter dem Hinweis stecken: Erlaubt sei es insbesondere nicht, „ganze Absätze einer Quelle durch KI paraphrasieren zu lassen und den in der Arbeit verwendeten Text sodann nur mit einem allgemeinen Nachweis zur Ursprungsquelle zu versehen“. Im Anhang sei dann mitzuteilen: „Einsatz von ChatGPT, um wissenschaftliche Literatur umzuformulieren“. Ähnlich obligatorisch ein Hinweis, wenn eine Digitalassistenz eingesetzt wurde, um eigene Sätze zu optimieren. Und: „Struktureller Input (z.B. Anregungen für die Gliederung der Arbeit, Prüfung auf thematische Vollständigkeit) ist in generalisierter Form in einem Anhang, nicht aber in einzelnen Fußnoten anzugeben.“

Juniorprofessorin Anna K. Bernzen, die das Vorhaben mit vorangetrieben hat, sagte der NJW zu den Beweggründen: „Wir bereiten Jurastudierende auf ein Berufsleben vor, in dem sie zunehmend mit KI arbeiten werden.“ Dafür wolle man ihnen zeigen, wozu man KI sinnvoll nutzen kann – sie aber auch dafür sensibilisieren, wo ihr Einsatz (noch) keinen Sinn ergibt.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.