Von Dr. Benedikt M. Quarch, Co-Founder und Managing-Director RightNow GmbH
Kürzlich wurde bekannt, dass die RightNow GmbH Insolvenz angemeldet hat.
Wir haben mit Co-Founder und Managing-Director Dr. Benedikt M. Quarch über
die Ursachen und die Finanzierung von Legal-Tech-Unternehmen gesprochen.
RDi: Was waren die Gründe
für den Insolvenzantrag der
RightNow GmbH?
Quarch: Letztlich sind zwei, drei Dinge zusammengekommen. Zunächst einmal möchte ich aber betonen: Es lag
nicht am Geschäftsmodell! Sondern an dessen Finanzierungsstruktur. Das Geschäftsmodell von
RightNow ist der
Forderungskauf von Konsumenten (Consumer Claims Purchasing). Um den Verbraucherinnen und Verbrauchern
ihre Forderungen abzukaufen, braucht man natürlich eine
Vorfinanzierung. Die haben wir uns in den letzten Jahren
primär durch private Darlehensfonds aus dem Ausland organisiert. Zudem lag unser Fokus zuletzt nsbesondere auf
Online-Glücksspiel-Forderungen. Ich habe mich auch persönlich sehr stark gegen das maltesische Gesetz (Bill 55)
eingesetzt, das meines Erachtens offensichtlich unionsrechtswidrig einen Vollstreckungsschutzschirm für Online-Glücksspielanbieter mit Sitz auf Malta errichtet. Das Gesetz liegt jetzt beim EuGH, aber es ist bis dato in Kraft und
wird von maltesischen Gerichten angewendet. Durch die
langen Verfahrenslaufzeiten vor Gericht ist ein Missmatch
entstanden zwischen der klassischen Darlehensstruktur,
die feste Laufzeiten und feste Zinsbindung hat, und unserem Geschäft, das mit den Unwägbarkeiten der gerichtlichen streitigen Auseinandersetzung leben muss, zu denen
auch gehört, dass nicht immer vollstreckt werden kann.
Diese beiden Faktoren zusammen haben dazu geführt,
dass die Finanzierungsstruktur nicht mehr passt, weil Darlehen zurückgezahlt werden mussten, das Geld aber in
Gerichtsverfahren gebunden war. Wir haben dann sehr
lange Verhandlungen geführt, am Ende aber keine Lösung
gefunden. Aber wir haben schon vor einiger Zeit begonnen, mit einer Tochtergesellschaft das gleiche Geschäftsmodell mit einer anderen Finanzierungsstruktur zu führen.
Hier arbeiten wir mit einem der weltweit größten Prozessfinanzierer, der das Litigation Geschäft kennt und versteht,
zusammen, der dann das Geld für den Forderungseinkauf
etc. gibt, und dann am Ende sicherlich auch üppige Erfolgsprovisionen verdient. Für RightNow schauen wir jetzt,
natürlich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, wie die
Fortführung unsere Geschäftsmodells möglich sein wird.
RDi: Ist die Finanzierung von Legal-Tech-Unternehmen schwieriger geworden?
Quarch: Die Finanzierung war meines Erachtens schon
immer schwierig. Das sieht man allein daran, dass die
„großen Player“ vor allem in dem Bereich Access to Justice (A2J), wie Flightright, Myright, Wenigermiete, RightNow und Helpcheck heute alle schon einige Jahre alt sind.
Seitdem ist in dem Bereich leider wenig nachgekommen.
Ich glaube, das liegt daran, dass die Besonderheiten des
Rechtsmarkts aus Investment-Perspektive eine große Herausforderung sind. Jemand Außenstehendes kann die
Komplexität und die Unwägbarkeiten schwer einschätzen.
Auch im Bereich KI, das ein großes Thema ist und wo es
einige spannende, innovative Ansätze gibt, gibt es – ich
kann es nicht mit Zahlen untermauern, aber ich gebe mal
meine Wahrnehmung wieder – nicht die großen Investments im Vergleich zu anderen KI-Applikationen.
RDi: Welche Geschäftsmodelle sind aus Ihrer Sicht
besonders erfolgversprechend?
Quarch: Der ganze Bereich A2J ist erfolgreich und auch in
Zukunft erfolgversprechend, das sehen wir an entsprechenden Anbietern und Angeboten. Der zweite Bereich,
das wird keinen überraschen, wird KI sein. Rechtsabteilungen, Kanzleien, Justiz und Staat haben ein großes Interesse an KI. Wer dort gute Lösungen bietet, um juristische
Arbeitsabläufe und Kerntätigkeiten mithilfe von KI richtig
sauber, treffsicher und gut vorzubereiten oder ganz abzubilden, hat riesige Erfolgschancen. Das Ganze verknüpft
mit den vorhandenen Legal-Tech-Lösungen, die weiterhin
gut bestehen werden. In Bezug auf A2J, der auch im B2B-Umfeld relevant ist, ist die Prozessfinanzierung, mit der
Finanzierungsstruktur, die ich eben erläutert habe, in den
USA oder dem Anglo-amerikanischen Raum schon sehr
weit verbreitet. Ich glaube, auch dieses Geschäftsmodell,
KI-basiert weitergetrieben, ist sehr erfolgsversprechend.
RDi: Gibt es Regulierung, die Sie als besonders
hinderlich empfinden?
Quarch: Ich wäre dafür, das RDG ganz abzuschaffen. Allerdings denke ich auch, dass es Innovation und Investment
nicht komplett ausbremst. Aber ich glaube schon, dass eine
Welt, in der vor allem die außergerichtliche Rechtsdienstleistung deutlich weniger reguliert ist, die offener für Erfolgshonorare ist und in der ein Fremdbesitz bei Kanzleien
jedenfalls teilweise zugelassen wird, für Investoren viel attraktiver wäre. Wenn ich mir etwas wünschen könnte,
dann dass sich der Markt weiter öffnet, um Innovationen
hereinzulassen. Wenn wir eine deutlich digitalere und effizientere Justiz, gepaart mit einem an verschiedenen Stellen
noch innovationsfreundlicheren Markt hätten, würden wir
sicherlich ein bisschen mehr in der Zukunft leben.