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Justiz in sozialen Medien

Von Jörn Müller, Richter am OLG Koblenz
Das OLG Koblenz hat vor kurzem seine Social-Media-Aktivitäten auf LinkedIn gestartet, während sich der BGH unter Verweis auf seinen Newsletter und Mastodon von X zurückgezogen und damit eine Diskussion entfacht hat. Fragen an Richter am OLG Jörn Müller, der das Social-Media-Team am OLG Koblenz leitet.

RDi: Welche Relevanz hat Justizkommunikation in sozialen Medien? Welche Informationsinteressen haben Sie ausgemacht? 

Müller: Die Justizkommunikation in sozialen Medien ist von zentraler Bedeutung, um Einblick in den Rechtsstaat zu geben. Viele Menschen haben nur selten direkten Kontakt mit Gerichten und kennen daher die Abläufe der Justiz nicht aus eigener Erfahrung. Die Besonderheiten justizieller Verfahren zu erläutern, kann helfen, Erwartungen realistisch zu gestalten und falschen Vorstellungen entgegenzuwirken. Darüber hinaus spielen soziale Medien eine wichtige Rolle bei der Nachwuchsgewinnung.

RDi: Auf LinkedIn schreiben Sie, Ihr Ziel sei es, Transparenz zu fördern und den Dialog zu stärken. Außerdem möchten Sie einen Blick hinter die Kulissen des juristischen Alltags ermöglichen und den Rechtsstaat in der Praxis zeigen. Wie kann das aus Ihrer Sicht gelingen?

Müller: Transparenz bedeutet für uns, die Justiz in einer verständlichen und nahbaren Weise darzustellen. Wir zeigen daher die Menschen hinter den Entscheidungen und die vielfältigen Berufe innerhalb der Justiz. Ein weiteres Anliegen ist es, allgemeine Abläufe in der Justiz zu erklären, die viele betreffen. Ziel muss es sein, rechtsstaatliches Handeln in der Praxis abzubilden. Dabei soll auch die Modernisierung der Justiz eine Rolle spielen, etwa durch die Darstellung aktueller Digitalisierungsprojekte.

RDi: Wollen Sie mit Ihrer Präsenz auf LinkedIn auch einem Vertrauensverlust in die Justiz entgegensteuern?

Müller: Auch wenn aktuelle Umfragen noch keinen flächendeckenden Vertrauensverlust in die Justiz zeigen, bedeutet das nicht, dass wir uns darauf ausruhen können. Dies gilt umso mehr, nachdem Populisten ihre Bemühungen, den demokratischen Rechtsstaat auch bei uns in Frage zu stellen, intensiviert haben. Vertrauen muss daher stets erhalten und ausgebaut werden. Dazu kann eine offene Kommunikation in sozialen Medien einen Beitrag leisten.

RDi: Wie viel Austausch ist in sozialen Netzwerken tatsächlich möglich?

Müller: Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich auf LinkedIn viele Menschen für juristische Themen interessieren. Kommentare bieten eine Möglichkeit in den Dialog zu treten. Das ist ein weiterer wichtiger Aspekt des Auftritts in sozialen Medien: Es geht nicht nur um Vermittlung eigener Inhalte, sondern auch darum, Impulse aufzugreifen und für die eigene Arbeit nutzbar zu machen.

RDi: Haben Sie Vorbilder für Ihre Kommunikation auf LinkedIn?

Müller: Justizkommunikation auf LinkedIn steckt in Deutschland noch in den Anfängen. Dennoch gibt es bereits interessante Ansätze, auch von einigen Oberlandesgerichten. International ist der UK Supreme Court ein Beispiel für eine spannende Mischung aus Nachrichten und Hintergrundinformationen. Eine solche Verbindung aus Aktualität und tiefgehendem Wissen kann auch für die deutsche Justiz ein richtungsweisendes Modell sein.

RDi: Welche Ressourcen haben Sie für Ihre dortige Kommunikation?

Müller: Wir haben ein motiviertes Team aus Justizpraktikerinnen und -praktikern und können dabei die vorhandene Diversität in der Justiz voll zu unserem Vorteil ausspielen: Das Team setzt sich von der IT über die Verwaltung bis zur Rechtsprechung zusammen. Wir wollen zudem themenbezogen möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Gerichtsbezirks einbeziehen. Es zeigt sich schon jetzt, dass das Interesse dort sehr groß ist.

RDi: Sie möchten bald auch auf anderen Plattformen aktiv sein. Verraten Sie uns Ihre Pläne?

Müller: Unser Social-Media-Auftritt ist ein dynamischer Prozess. Wir wollen unsere Aktivtäten auf weitere Plattformen ausweiten. Instagram wird eine spannende Ergänzung sein, insbesondere um jüngere Menschen für juristische Berufe zu begeistern. Darüber hinaus beobachten wir die Entwicklung von Bluesky genau. Diese Plattform gewinnt an Bedeutung, insbesondere für Behörden, Wissenschaft und Medien.

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