Von Prof. Dr. Moritz Hennemann,
Die Digitalpolitik wird in der kommenden Legislaturperiode – unabhängig von den Koalitionspartnern – stärker in den Fokus rücken. Rufe nach einem eigenständigen Digitalministerium kommen aus allen Richtungen. Genauer Zuschnitt, Federführungen und Kernprojekte sind offen. Nicht unwahrscheinlich dürfte sein, dass sich das künftige Digitalministerium mit der unübersichtlichen und zerklüfteten Landschaft der Datenregulierung auseinandersetzen wird. Dabei wird es nicht nur um die Hege des bestehenden Baumbestands gehen, sondern auch um neue Pflänzchen, weiße Flecken und sich teils überlagernde Gesteinsschichten. Hier wünsche zumindest ich mir weder Kettensägen noch winzige Gartenscheren, sondern lieber smarte Rasenmäher und eine langfristig angelegte Landschaftspflege.

Welche Optionen bestehen auf nationaler Ebene überhaupt? Viele, trotz oder gerade aufgrund der bisherigen und künftigen Entwicklung auf EU-Ebene. Denn die datenrechtliche Landschaft hat sich in jüngerer Zeit stark ausdifferenziert. Unmittelbar stehen die
Durchführungsgesetze zum Data Governance Act (DGA) und zum Data Act (DA) an.
Das Daten-Governance-Gesetz (DGG) ist zwar seit Herbst 2024 im parlamentarische
Verfahren, beide Durchführungsgesetze dürften allerdings erst zu Beginn der nächsten
Legislaturperiode kommen. Die Zeit drängt, schließlich gilt der DGA bereits seit 2023
und der DA ab September 2025. Unbeschadet dieser beiden Gesetze liegen für die
kommende Regierung weitere, nicht abgeschlossene Vorhaben auf dem Tisch. So etwa
ein Mobilitätsdatengesetz, ein Forschungsdatengesetz, ein reformiertes Bundesdatenschutzgesetz, ein Beschäftigtendatengesetz und ein Transparenzgesetz. Ebenso war im
letzten Koalitionsvertrag ein „Datengesetz“ angekündigt.
Der jüngeren Benennungslogik zufolge wäre „Datengesetz“ der Name für das Durchführungsgesetz zum DA. Eine solche Bezeichnung wäre aber mit Blick auf den Zuschnitt eines Durchführungsgesetzes wenig glücklich und auch ein wenig irreführend. Denn ein kohärentes Datengesetz, das
einen solchen Namen verdient, müsste mehr umfassen als die Durchführung des DA. Im Gegenteil zeichnet sich ab, dass künftige Einzelgesetze den regulatorischen Flickenteppich auf nationaler Ebene noch vergrößern. Friktionen sind vorprogrammiert. Schon deswegen gerät die Option
einer – bislang nur vereinzelt erwogenen – Bündelung in einem einheitlichen nationalen Datengesetzbuch in den Fokus. Blickt man auf den Status quo, kann der Rechtsrahmen hierdurch nur
kohärenter, praktikabler und zielgerichteter werden. Ein solches Gesetzbuch müsste am EU-Recht
andocken, könnte nationale Ausgestaltungs- und Handlungsspielräume nutzen (etwa im Date
AGB-Recht bei Verbraucherverträgen, beim Datenaltruismus und im Forschungsbereich), könnte
Aufsichtsstrukturen vereinheitlichen und verschlanken sowie genuin nationale Domänen sinnvoll
integrieren. Gerade weil ein solches Vorhaben den Gesetzgeber dazu zwingt, vielfältige Interessen auszutarieren und Entscheidungen zu treffen, kann es nicht nur den Vorschriftendschungel
lichten, sondern auch Katalysator für eine bessere, gesamtgesellschaftlich ausbalancierte Datennutzung sein (ausführlicher hierzu schon Hennemann, Ein Datengesetzbuch für alles, Tagespiegel
Background Digitalisierung & KI v. 12.12.2024).
Prof. Dr. Moritz Hennemann, M. Jur. (Oxon.), ist Inhaber des Lehrstuhls für Zivilrecht mit Informationsrecht,
Medienrecht, Internetrecht sowie Direktor des Instituts für Medien und Informationsrecht an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg