Von Prof. Dr. Christoph Krönke,
Derzeit wird gefordert, ab der nächsten Legislaturperiode ein eigenständiges
Bundesministerium für Digitales und Information (BMDI) zu schaffen, das nicht nur die bisher im BMDV angesiedelten Zuständigkeiten und Kompetenzen behält, sondern auch die aus anderen Häusern bündelt. Fragen dazu an Prof. Dr. Christoph Krönke.
RDi: Halten Sie ein solches
BMDI für eine gute Idee?

Krönke: Ja, grundsätzlich ist das eine gute Idee. Die Verantwortung innerhalb der Bundesregierung für Digitalisierungsthemen wie Infrastruktur, Datenpolitik, Regulierung
und Förderung der sog. digitalen Wirtschaft, insbesondere
von KI und digitalen Plattformen, sowie die digitale Verwaltung sollten angesichts der ressortübergreifenden,
überragenden Bedeutung dieser Themen in der Hand einer Ministerin oder eines Ministers liegen. Entscheidend
wird dabei sein, ein solches neues Ressort mit substanziellen Kompetenzen und echten Entscheidungsbefugnissen
auszustatten. Nur dann lohnt sich der Aufwand.
RDi: Wie würde ein BMDI gebildet? Könnten die
bisherigen Fachabteilungen und Referate aus den
einzelnen Ministerien dorthin verlagert werden?
Krönke: Bei der Bildung eines BMDI muss man mit Augenmaß vorgehen. Für die zentralen und übergreifenden
Themen, das heißt vor allem Infrastruktur, Datenpolitik,
Digitale Wirtschaft und Digitale Verwaltung, sollten in der
Tat bestehende Zuständigkeiten mutig abgezogen und gebündelt werden. Das dürfte vor allem das BMI (Verwaltungsdigitalisierung), das BMDV (Infrastrukturen) und das
BMWK (Digitale Wirtschaft) treffen. In einigen Bereichen
wird es allerdings nicht sinnvoll sein, Digitalkompetenzen
aus Sachzuständigkeiten herauszulösen. Man denke etwa
an die Kryptoregulierung, für die aufgrund der Nähe zum
klassischen Finanzmarktrecht weiterhin das BMF zuständig
sein sollte. Gleiches gilt für die Digitalisierung im Bereich
der hoch spezifischen Steuerverwaltung.
RDi: Welche rechtlichen Herausforderungen
bestehen bei einer solchen Umgliederung?
Krönke: Kraft seiner Organisationskompetenz (Art. 64 I
GG) obliegt es dem Bundeskanzler, ein BMDI zu errichten
sowie im Rahmen der Geschäftsordnung der Bundesregierung Geschäftsbereiche festzulegen und von den Geschäftsbereichen anderer Ministerien abzugrenzen. Nach
dem Ressortprinzip (Art. 65 S. 2 GG) hätte die Digitalministerin bzw. der Digitalminister dann die prinzipiell auch kanzler- und kabinettsfeste Befugnis zur eigenverantwortlichen
Ressortleitung. Vor diesem Hintergrund und angesichts des
„Querschnittscharakters“ vieler Digitalisierungsthemen
wird die Herausforderung bei der Errichtung eines BMDI zunächst in der Feinabgrenzung der Geschäftsbereiche liegen.
Wenn es dann darum geht, echte verwaltungsmäßige Entscheidungsbefugnisse nach außen hin zu schaffen – zum
Beispiel bei der Festlegung verbindlicher Standards im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung –, können auch weitere Vorgaben relevant werden. Sollte etwa, wie vielfach
diskutiert wird, eine dem BMDI unterstellte Digitalagentur
mit operativen Befugnissen geschaffen werden, würde beispielsweise – auch bei einer Errichtung in Privatrechtsform –
die Kompetenznorm des Art. 87 III GG eingreifen. Hier wäre
sorgfältig zu prüfen, ob dem Bund für die betreffende Materie eine Gesetzgebungskompetenz zusteht.
RDi: Welche Gesetze müssten geändert werden?
Krönke: Die Notwendigkeit von Gesetzesänderungen
würde sich nach der konkreten Ausgestaltung des BMDI
und seines Unterbaus richten. Neben der Geschäftsordnung der Bundesregierung müssten wohl vor allem Befugnisnormen in den einzelnen Fachgesetzen angepasst werden, die in den Geschäftsbereich des BMDI fallen sollen –
zum Beispiel die zahlreichen Verweise im Onlinezugangsgesetz auf das BMI.
RDi: Würde dann auch die Rechtsetzung für spezifische Bereiche, etwa die Justizdigitalisierung oder
die KI-Regulierung, zentral im BMDI initiiert?
Krönke: Zu den Kernaufgaben eines Bundesministeriums
gehört in der Tat die Vorbereitung von Gesetzesinitiativen
im eigenen Geschäftsbereich. Das BMDI könnte aber auch
mit Ministerialverwaltungsaufgaben betraut werden, in
Form konkreter Entscheidungsbefugnisse.
RDi: Im Raum steht auch die Forderung, Digitalisierung als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern.
Krönke: Ich persönlich halte wenig davon, das Grundgesetz
mit immer neuen Staatszielen zuzustellen. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Erreichung eines Staatsziels
ist denkbar weit, auf ganz konkrete Maßnahmen lässt es
sich daher kaum herunterbrechen. Weder für die Schaffung
des BMDI noch für einzelne Digitalisierungsprojekte wäre
mit der Verankerung eines Staatsziels etwas gewonnen.