Von Prof. Dr. Martin Ebers und Prof. Dr. Björn Steinrötter, Mitherausgeber der RDi
Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Regulierung stehen in diesen Tagen – nach Verabschiedung des AI Acts – ganz im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei übersieht man allzu schnell einen Bereich, der sowohl in tatsächlich-technischer als auch rechtlicher Hinsicht kaum weniger disruptiv daherkommt: Die Rede ist von der Robotik. Diese wirft aufgrund ihrer cyberphysischen Dimension ganz eigene Fragen auf, etwa hinsichtlich des Designs (Human-Robot-Interaction; wie menschlich sollte ein Roboter aussehen?), des Schutzes der Privatsphäre (neben dem Datenschutz ist auch die physische/
soziale Privatsphäre betroffen) sowie der Sicherheit (Maschine!) und Haftung (nicht nur
primäre Vermögensschäden, sondern Leben/Gesundheit).
Zwar werden Rechtsprobleme der Robotik schon seit längerem im Kontext von Industrie 4.0-Szenarien erörtert.
Durch den Einsatz von Servicerobotern, die mit Menschen interagieren, ergeben sich jedoch in technischer Hinsicht mit Blick etwa auf Haptik und Taktilität sowie aus rechtlicher Warte mit Bezug auf die Zuordnung zum jeweils maßgebenden Rechtsregime veritable Herausforderungen. Dies zeigt sich beispielhaft am Digitalprodukterecht der neuen §§ 327 ff. BGB. Handelt es sich allein um Software und tritt eine Leistungsstörung auf, greifen die zuvor genannten Umsetzungsregeln der Digitale Güter-RL. Steht aber ein sogenannter Paketvertrag oder eine Ware mit digitalen Elementen in Rede – was bei Servicerobotern gut denkbar ist – kommt es zur diffizilen Abgrenzung über § 327a BGB.
Fragen stellen sich auch im Produktsicherheits- und Haftungsrecht: Welche produktsicherheitsrechtlichen Vorschriften müssen Robotik-Hersteller und Betreiber beachten? Wann gelten die Maschinen- VO, die Produktsicherheits-VO, der AI Act und ggf. weitere sektorspezifische Vorschriften wie etwa die Medizinprodukte-VO, welche Vorgaben ergeben sich daraus und wie spielen die jeweiligen Vorschriften zusammen? Was müssen Hersteller und Betreiber beachten, um Haftungsfallen zu vermeiden?
All dies ist weithin (noch) unerschlossenes Terrain. Selbst der AI Act erwähnt die Robotik mit keinem einzigen Wort, obwohl das Europäische Parlament bereits im Jahr 2017 in einer Entschließung ein eigenes EU-Robotikrecht gefordert hatte. Auch wenn es dazu nicht kommt: Gründe gibt es genug, dass sich die Rechtswissenschaft wieder verstärkt der Robotik widmet. Auch die Recht Digital – RDi wird daher die Robotik künftig vertiefter behandeln.
Prof. Dr. Martin Ebers ist Professor für IT-Recht an der Universität Tartu (Estland), Privatdozent an der Humboldt-Universität zu Berlin und Präsident der Robotics & AI Law Society e.V. (RAILS); Prof. Dr. Björn Steinrötter ist Inhaber der Juniorprofessur für IT- und Medienrecht (Tenure Track) der Universität Potsdam; beide sind Mitherausgeber der RDi.