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Fundamental zufällig

Von Dr. Marko von der Leyen und Dr. Annika Möslein,
Die Bundesregierung will Quantentechnologien zielgerichtet vorantreiben und Deutschland zu einem zentralen Akteur auf dem Gebiet des Quantencomputings machen. Zu den spannenden Fragen, die sich in Zukunft stellen werden, zählt die nach dem Potenzial, die Quantentechnologien für das Recht haben. Dr. Marko von der Leyen und Dr. Annika Möslein von Quantum Dice in Oxford erläutern die Technologien und deren Anwendungsfelder.

RDi: Quantentechnologien gelten als Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Können Sie deren Prinzipien skizzieren? 

Von der Leyen: Vereinfacht gesagt basieren Quantentechnologien auf quantenmechanischen Prozessen, die auf kleinsten Skalen passieren und sich unserer alltäglichen Intuition entziehen. Eine wichtige Eigenschaft ist, dass Quantenprozessen zwar eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann, aber kein genauer Wert. Quantencomputer nutzen diese Eigenschaft, da sie nicht mittels der klassischen Speichereinheit „Bit“ (0 oder 1), sondern „Qubit“ (eine Kombination aus unendlich vielen, „zwischen“ 0 und 1 liegenden Zuständen, welche bei Messung auf 0 oder 1 kollabieren) operieren. Hier möchte ich die Unschärferelation skizzieren, welche besagt, dass man nicht Ort und Impuls eines Teilchens beliebig genau bestimmen kann – eine Gesetzmäßigkeit, welche nicht auf einer messtechnischen Ungenauigkeit basiert, sondern in der Natur der Quantenphysik verankert ist. Bis zu der Messung einer Eigenschaft eines Quantenprozesses ist sein Zustand nicht nur unbekannt, sondern inhärent unbestimmt und unbestimmbar.

RDi: Auf welche Weise nutzt Ihr Unternehmen Quantenmechanik?

Von der Leyen: Quantum Dice nutzt die Unvorhersehbarkeit von Quantenprozessen, um Zufallszahlen zu generieren. Lichtteilchen, welche in riesigen Mengen in Lasern erzeugt werden können, treffen in unserem System auf Strahlenteiler. Materialabhängig kann das Licht mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit von seiner Bahn abgelenkt und gemessen werden. Dieser einfache aber fundamental zufällige Prozess erlaubt es uns, sehr schnell sehr viele Zufallszahlen (mehr als eine Milliarde pro Sekunde) zu erzeugen und all dies auf einem Chip, der auf wenige Quadratmillimeter passt.

RDi: Welche Einsatzpotenziale sehen Sie konkret im Bereich Legal Tech und FinTech?

Möslein: Einerseits sind Zufallszahlen entscheidend für die Datenverschlüsselung, denn sie generieren den Schlüssel selbst. Bisher basieren diese auf pseudozufälligen Zahlenfolgen, welche durch mathematische Funktionen, bereitgestellt von Betriebssystemen und Programmiersprachen, generiert sind. Sicher sind diese Schlüssel jedoch nur, wenn sie nicht aus den vergangenen Zahlenfolgen ermittelt werden können. Die unvorhersehbaren Quantenprozesse sind den vorbestimmten Algorithmen hier weit überlegen und führen so zu erhöhter Sicherheit in der Verschlüsselung von gespeicherten und geteilten Daten, aber auch für die Authentifizierung der digitalen Identität oder elektronischen Signaturen in Verträgen. Andererseits beeinflussen Zufallszahlen Computersimulationen, die versuchen, Vorhersagen zu treffen – beispielsweise, um das Verhalten von Finanzmärkten zu modellieren oder Risikoanalysen durchzuführen. Mithilfe von Zufallszahlen werden hypothetische Szenarien generiert, die helfen zu verstehen, wie sich zum Bespiel Anlagen unter verschiedenen, unvorhersehbaren Bedingungen entwickeln können. Eine genauere Repräsentierung der zufälligen Szenarien verbessert schließlich die Vorhersagen in komplexen Entscheidungsmodellen in der Finanzbranche.

RDi: Was sollte ein Rechtsrahmen für Quantentechnologien aus Ihrer Perspektive künftig adressieren?

Möslein: Oft wirft das Beispiel des Quantencomputers, der Verschlüsselungsmethoden gefährden kann, Bedenken in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre auf. Hier stellt sich die Frage, inwiefern eine Verpflichtung vorgeschrieben wird, wie bessere und sichere technische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten genutzt werden können. Ein Rechtsrahmen sollte zwischen den Anwendungsbereichen differenzieren, denn verschiedene Quantentechnologien fordern spezifische Standardisierungen und Regulierungen für das Einbehalten der Privatsphäre, Datenschutz, demokratischen Prozessen und nationalen Interessen. Von der technischen Revolution der KI kann hier viel für die Folgenabschätzung von Quantentechnologien gelernt werden. 

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