In dieser Ausgabe wird das für alle Prozessbeteiligten einheitliche und digitale Basisdokument des Reallabors Strukturvorgaben im Zivilprozess vorgestellt.
Welches Problem löst das Basisdokument?
Die Schriftsätze in Zivilprozessen können umfangreich und vor allem zahlreich sein. In Hauptsacheverfahren lassen die Richter die Parteien erst einmal „ausschreiben“. Es findet also im eingeübten Rhythmus der Austausch von Schriftsätzen statt: Auf die Klage folgt die Klageerwiderung, nach der folgenden Replik kommt die Duplik und so weiter. Dabei werden nach und nach der Parteivortrag ergänzt, präzisiert oder manchmal sogar wieder zurückgenommen. Im Ergebnis befindet sich der Parteivortrag dann verstreut über mehrere Schriftsätze. Der Richter darf sich die relevanten Angaben für einzelne Prüfungsschritte selbst zusammenzusuchen. Und ob die Anwälte alles bestritten haben, was sie bestreiten wollten oder sollten, ist auch nicht immer klar.
Wie genau funktioniert das Basisdokument?
Das digitale Basisdokument ist ein Dokument, in dem der gesamte Parteivortrag in sachlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig abgebildet ist. In diesem einheitlichen Dokument hat jede Partei und auch das Gericht einen eigenen Bereich. Die Parteien geben dabei selbst die Struktur des Dokuments vor. Der Vortrag wird hinsichtlich des Umfangs und des Inhalts nicht beschränkt. Wesentlich ist vielmehr die strukturierte Gliederung des Sachvortrags in geeignete Abschnitte und die Bezugnahme auf den gegnerischen Vortrag. Dies bedeutet unter anderem, dass nicht jeder Anwalt frei von der Leber seinen Text in eigener Gliederung einreichen soll, sondern dass man sich auf den bereits im Basisdokument vorhandenen Sachvortrag der anderen Partei und an die bereits bestehende Gliederung anpassen soll. Das Ziel ist somit, einen geordneten Vortrag zu generieren, der keine Wiederholungen und Querverweise enthält.
Wer steht hinter dem Basisdokument?
Das Basisdokument ist Teil des „Reallabor Strukturvorgaben im Zivilprozess“. Dieses Reallabor wird gemeinsam von den Justizministerien Bayerns und Niedersachsens mit den Lehrstühlen von Prof. Althammer (Deutsches Verfahrensrecht) und Prof. Wolff (Medieninformatik) von der Universität Regensburg durchgeführt. Unter einem „Reallabor“ versteht man im Übrigen, dass in einem rechtlich abgesicherten Rahmen veränderte Regeln oder digitale Innovationen zeitlich und räumlich begrenzt in einem realen Umfeld erprobt werden – hier also der Einsatz des digitalen Basisdokuments in echten Gerichtsverfahren.
In welcher Phase befindet sich das Basisdokument?
Bis Ende 2022 wurde ein erster Prototyp entwickelt und der Rechtsrahmen für die Erprobung aufgestellt. Im Jahr 2023 erfolgt nun die einjährige Erprobungsphase. Dabei soll der Prototyp nach und nach den Bedürfnissen der Beteiligten entsprechend angepasst und weiterentwickelt werden. Bis Mitte 2024 wird der Einsatz des Basisdokuments dann ausgewertet.
An wen richtet sich das Basisdokument?
An dem Projekt beteiligen sich aktuell die Landgerichte Hannover, Landshut, Osnabrück und Regensburg. Wer also als Anwalt dort demnächst als Prozessbevollmächtigter auftritt, kann gefragt werden, ob man den strukturierten Parteivortrag im digitalen Basisdokument testen möchte – Feedback, insbesondere aus der Anwaltschaft, ist dabei herzlich willkommen. Die Teilnahme ist natürlich freiwillig.