Die Digitalisierung krempelt die Kapitalmärkte um. Insbesondere Blockchain- und Distributed Ledger-Technology (DLT) ermöglichen schnelle, sichere und effiziente Transaktionen. Gehört die Zukunft den Kryptowertpapieren? Und was sind die Anforderungen an deren Regulierung? Uns interessiert die praktische Perspektive, deshalb haben wir diese Fragen Michael Duttlinger gestellt. Er ist CEO von Cashlink, einem Softwareunternehmen in Frankfurt, das eine ganzheitliche Tokenisierungslösung anbietet.
RDi: Welche wirtschaftlichen Vorteile versprechen Kryptowertpapiere gegenüber herkömmlichen Wertpapieren?
Duttlinger: Die Blockchain-Technologie eröffnet Kryptowertpapieren diverse wirtschaftliche Vorteile im Vergleich zu den traditionellen Wertpapieren. Eins der wohl stärksten Argumente für Kryptowertpapiere sind die bis zu 99% schnelleren Prozesse, welche durch die reduzierten Intermediäre bei der Distributed Ledger Technology ermöglicht werden. Zudem erhält man deutlich mehr Transparenz. Illiquide Vermögenswerte, die bisher aufgrund von zu hohen Kosten nicht verbrieft wurden, können nun einfach rund um die Uhr übertragen werden. Insgesamt lassen sich nach einer von uns erstellten Pricing-Studie bis zu 65% geringere Kosten erwarten, da durch neue Prozesseffizienzen die Kosten der Wertschöpfungskette enorm gesenkt werden. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass Kryptowertpapiere nicht dasselbe sind wie die altbekannten Security Tokens, die sogenannten Wertpapiere sui generis. Es handelt sich hier vielmehr um ein Wertpapier neuer Art, welches durch die zusätzliche BaFin-Aufsicht eine höhere regulatorische Sicherheit verspricht..
RDi: Welchen „Marktanteil“ erwarten Sie mittel- und langfristig?
Duttlinger: Für uns liegt der Fokus aktuell sehr stark auf den privaten Kapitalmärkten, da wir durch das neue elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) eine riesige Chance für diesen Sektor sehen. Denn aufgrund der bereits hohen Effizienz und der starken Regulierung der öffentlichen Kapitalmärkte ist es abzusehen, dass der Übergang zuerst in den privaten und illiquiden Märkten stattfinden wird. Langfristig wünschen wir uns für den Markt, dass die Übertragung eines Vermögenswertes so effizient gestaltet wird, dass sie dem Verschicken einer Messenger-Nachricht gleicht.
RDi: Wie beurteilen Sie den derzeitigen regulatorischen Rahmen?
Duttlinger: Wir betrachten ihn aktuell als sehr positiv und freuen uns auf die kommende Regulierung! Seit März 2019 das Eckpunktepapier für elektronische Wertpapiere veröffentlicht wurde, war es ein langer Weg – Mit dem neu verabschiedeten eWpG sehen wir für den deutschen Kapitalmarkt die große Chance, wieder eine Vorreiterrolle im europäischen und weltweiten Raum zu gewinnen. Aktuell bemerken wir bei Cashlink, dass sich der Markt noch adaptieren muss, doch ist eine Vereinheitlichung von Standards, Schritt für Schritt, ein notwendiger Vorgang für die weitere Entwicklung. Wir sehen auch die Notwendigkeit, die Handelbarkeit für Vermögenswerte zu verbessern. Denn grundsätzlich sind tokenisierte Wertpapiere nach heutigem Stand aufgrund der CSDR-Richtlinien nicht an organisierten Märkten (OTF/MTF) handelbar.
RDi: Wie bewerten Sie die Praxis der BaFin?
Duttlinger: Wir freuen uns zunächst sehr über die erfolgreiche Prüfung unserer Anzeige für die neue Kryptowertpapierregisterführungslizenz nach dem eWpG. Unser Eindruck der Praxis der BaFin war und ist durchweg positiv.
RDi: Was erwarten Sie von der neuen Ampelregierung in diesem Bereich, etwa bei der Öffnung für elektronische Aktien?
Duttlinger: Mit der neuen Ampelregierung haben wir für Deutschland eindeutig eine Blockchain-enthusiastische Regierung gewonnen – für uns definitiv ein Win. Im Koalitionsvertrag wurde bereits von der Öffnung des eWpG auf Aktien gesprochen, auf das wir uns sehr freuen. Noch mehr freuen wir uns aber auf das angekündigte Pilotregime der EU, welches auf DLT-basierte Marktinfrastrukturen abzielen soll. In dessen Rahmen soll eine Sandbox für ein DLT-basiertes Wertpapierabwicklungssystem aufgesetzt werden, welches den Handel, die erstmalige Verbuchung, die Abwicklung von Transaktionen und die Verwahrung von DLT-Finanzinstrumenten erlauben soll. Dass somit nun auch auf EU-Ebene das Potenzial für den Kapitalmarkt erkannt wird, ist für uns eine riesige Bestätigung für die bereits getane Arbeit und all das was noch kommen wird.