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Von Dr. Markus Kaulartz, Rechtsanwalt, CMS Hasche Sigle, München
Bald gilt die aktive Nutzungspflicht für das beA. Wenn man Anwältinnen und Anwälte auf das Postfach anspricht, sind die Reaktionen oft verzweifelt: Nutzerunfreundlich, unverständlich, unlogisch, lauten die Kommentare. Ist das so? Wir wollten mal herausfinden, wie das mit dem beA im Anwaltsalltag so läuft. Deshalb haben wir Dr. Markus Kaulartz ein paar vorweihnachtliche Fragen gestellt. Er ist Rechtsanwalt, ehemaliger Softwareentwickler und geschäftsführender Herausgeber dieser Zeitschrift. Für einen wie ihn sollte der Umgang mit dem beA doch eigentlich ein Kinderspiel sein.
RDi_12_Interview_Kaulartz_WEBRDi: Erzählen Sie mal, wie ein Schriftsatzversand per beA abläuft und was die Sache so mühselig macht?

Kaulartz: Wir aus dem IT-Recht verschicken unsere Schriftsätze an Kolleginnen und Kollegen meist per E-Mail, aber ich kann es ja mal versuchen. Es geht damit los, dass ich Lesegerät und Karte aus dem Sekretariat hole.

RDi: Vermutlich haben Sie die Karte sicher verwahrt, so dass nur Sie Zugriff darauf haben?

Kaulartz: (Schaut einem vorbeifliegenden Vogel zu.) Dann verbinde ich das Lesegerät mit dem Laptop, stecke die Karte in das Lesegerät, es schaltet sich an und auf dem Display steht: „Bitte Karte entnehmen“.

RDi: Das klingt nach einer herzlichen Begrüßung.

Kaulartz: Man nimmt dann die Karte wieder raus, öffnet die Software „beA Client Security“, navigiert im Browser Edge auf die BRAK-Webseite, klickt dort auf „hier“, dann auf „Anmelden“, muss dann gegebenenfalls den Browser-Cache leeren und klickt erneut auf „Anmelden“, wählt dann die eigene beA-Karte aus einer Liste mit nur einem Eintrag aus und wird auf dem Kartenlesegerät aufgefordert, die PIN einzugeben. Ist die PIN korrekt, steht im Display „PIN korrekt“.

RDi: Und dann kann’s losgehen mit dem Hochladen des Schriftsatzes?

Kaulartz: Das wäre erwartbar. Die Software erfordert nochmals die Eingabe der PIN.

RDi: Sicher ist sicher, die Haustür schließen wir ja auch zweimal ab.

Kaulartz: Man ist dann eingeloggt und verspürt ein Gefühl des Triumphs. Begriffe wie „Posteingang“, „Entwürfe“ und „Postausgang“ erinnern an bekannte E-Mail- Programme und sorgen gleich für eine Wohlfühlatmosphäre. Klickt man nun auf „Erstellen“, lassen sich unter „Empfänger hinzufügen“ sogar Gerichte und Anwältinnen deutschlandweit suchen. Sodann muss man sich entscheiden, ob man einen Haken an das Feld „Strukturdatensatz generieren und anhängen“ setzt.

RDi: Das klingt gefährlich. Aber es gibt doch bestimmt ein Handbuch?

Kaulartz: Auf Seite 106 von 274 der durchgängig in Schriftgröße 8 gehaltenen „beA-Hilfe“ der BRAK steht dazu, dass beim Anklicken ein „XJustiz-Strukturdatensatz“ angehängt wird, und dass man dies durch Abwählen der Checkbox verhindern könne.

RDi: Nach der ERVV ist das doch eigentlich Pflicht, interessant, dass man das Feld abwählen kann. Aber egal. Dann lade ich also meinen Schriftsatz als Word-Datei hoch und versende.

Kaulartz: Fast. Man wählt eine Datei aus, aber Achtung, Leerzeichen und eine Reihe von Sonderzeichen verursachen Fehlermeldungen. Man sollte sich beeilen, sonst ist die Sitzung abgelaufen. Dann gibt man dem Anhang einen weiteren Namen, kann als Typ des Anhangs „Anlage“ auswählen und beendet das Einfügen. Nach der ERVB 2018 sind für die Übermittlung elektronischer Dokumente an Gerichte übrigens nur bestimmte PDF-Versionen zulässig, wie z.B. „PDF/A-1“.

RDi: Das ist ja aber bestimmt Standard, oder die Software konvertiert automatisch, oder sie weist zumindest darauf hin, wenn man eine falsche Version hochgeladen hat?

Kaulartz: Nein!

RDi: Es soll Kanzleien geben, die ihren Anwälten ein gesondertes Programm zum Konvertieren in dieses PDF-Format installiert haben. Aber gut, immerhin ist der Versand damit erledigt.

Kaulartz: Wichtig ist noch zu verstehen, dass trotz der Meldung „Zugegangen“ die Nachricht erst zugegangen ist, wenn eine Eingangsbestätigung angezeigt wird. Das hat sogar der BGH so gesehen und die große Sorgfalt beim Delegieren betont.

RDi: Was darf man eigentlich delegieren?

Kaulartz: Die Assistenten dürfen die Nachrichten mit ihren eigenen Karten erstellen, können sie jedoch nicht versenden. Das müssen die Anwältinnen tun, die sich dazu gesondert einloggen müssen.

RDi: Und was wird unabhängig davon tatsächlich delegiert?

Kaulartz: (Schaut zu, wie sich der Vogel auf einen Ast setzt.)

RDi: Digitale Kommunikationssysteme zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie mobil einsetzbar sind. Wie ist das beim beA? Reisen Anwälte jetzt immer mit Kartenlesegerät?

Kaulartz: Ich gehe nur noch mit Kartenlesegerät, Karte und PIN aus dem Haus, und für Fälle, in denen beA ausnahmsweise ausfällt, habe ich immer ein Faxgerät dabei.

RDi: Nach der Einführung des beA berichteten Anwälte von einer gewissen Aufregung, wenn ein Eingang im System angezeigt wurde. Wie ist das heute? Schlägt das Herz immer noch höher, wenn unerwartet eine Nachricht im beA eingeht?

Kaulartz: Absolut. Das System informiert zwar durch eine einfache E-Mail, lässt einen aber über Absender und Betreff der beA-Nachricht im Ungewissen. Man muss sich also stets einloggen. Gerade am Wochenende ist das besonders schön, wenn Nachrichten während des Sonntagsfrühstücks ankommen.

RDi: Dann ist es der fiese gegnerische Anwalt?

Kaulartz: Nein, es sind IMMER die BRAK-Mitteilungen. Und zwar IMMER an einem anderen Wochentag. Und IMMER zu einer anderen Uhrzeit.

RDi: Bald ist Weihnachten: Was würden Sie sich für die digitale Kommunikation mit den Gerichten bzw. das beA wünschen?

Kaulartz: Eine beA-App, durch Apple oder Google programmiert, den Königen der Nutzerfreundlichkeit. Eine Integration in Outlook. Eine Weiterleitung an meine E-Mail- Adresse. Eine Zweifaktorauthentifizierung ohne Kartenlesegerät. Und eine Umhängetasche für mein Faxgerät.

RDi: Nach diesem Interview gibt es keine Zweifel mehr: Die Anwaltschaft darf ich sich auf die aktive Nutzungspflicht freuen. Wir wünschen frohe Weihnachten.

Das Interview ist erschienen in RDi 12/2021, VI.

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