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Digitalisierungsblues

Von Tom Braegelmann, LL.M., Attorney and Counsellor at Law (New York) ist Rechtsanwalt in Berlin und Mitherausgeber der RDi

„Und schon wieder die Digitalisierung“, dachte Dr. Hummer und knüllte die – ausgedruckte – Nachricht aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach zusammen. Dann, auf dem Weg mit dem Fahrrad zum Mittagessen – Treffen mit Dr. Schmeckendorff – am Gendarmenmarkt, zischte ein Gedanke durch Hummers Gehirn: „Wann wird die Digitalisierung eigentlich jemals fertig sein?“

RDi_10_Editorial_Braegelmann_WEBQuietsch! Fast wäre die Fahrt an der Ecke der Kanzlei K&L Gates durch einen SUV beendet worden. Beim Gedanken an die Digitalisierung im Schatten einer der beiden Dome (welcher der beiden?) sterben, unschöner Gedanke. Kurzer Blick ins Handy, schnell weiter, rechts beim Einstein und bei Dentons abbiegen, dann, mit Noerr im Rücken, diese Ansicht: Dr. Schmeckendorff saß beim Nanoosh schön draußen und hatte einen Falafel-Teller bereits fast zur Hälfte abgearbeitet. Auf der anderen Straßenseite schimmerte bei Rausch ein Reichstag aus Schokolade durchs Schaufenster.

Hummer sprang vom Rad und grüßte: „Ich befürchte, die Digitalisierung wird niemals vorbei sein.“

„Hallo erstmal! Setzt Dich. Die kommen zum Tisch, Du, ich habe gerade so einen heftigen Fall, denk Dir, da hat doch neulich ein Zwangsverwalter einen VPN-Zugang …“

„Ach VPN, Schmau-Pe-Enn – Eben hätte mich fast ein SUV umgenagelt, ich musste absteigen und als ich meine Gedanken ordnend googelte oder eher googlend ordnete, las ich im Online-Duden die Definition von Digitalisierung: ‚das Digitalisieren, Digitalisiertwerden‘.“

„Untäh … was willst du mir damit sagen?“

„Sie wird niemals enden die Digitalisierung! Wir können so viel digitalisieren wie wir wollen, ob nun den Schriftverkehr mit Gerichten, Kanzleien und Behörden in Deutschland oder weltweit, aber wir würden damit nie fertig, denn irgendetwas Undigitalisiertes wird es immer geben, und sei es nur das gesprochene Wort und unsere Erinnerungen und Gefühle – verstehst Du, die Digitalisierung wäre doch erst vorbei, wenn die ganze Welt in einer einzigen sauber geschrubbten Datenbank daherkäme, und das wird doch niemals geschehen, oder? Das Wort selber verrät es doch: Die Digitalisierung – wird nie enden.“ (Zur Bedienung:) „Auch so einen Falafel-Teller bitte.“ – „Oder wenn doch, wie nennt man dann den Endzustand?“

Schmeckendorff, kühl: „Digitalitismus.“

„Dann leben wir also eher im Frühdigitalitismus?“
„Hoffentlich eher im Spätdigitalitismus. Aber Hummerlein, was nützen mir solche Gedanken? Die Datenberge wachsen, doch die Woche hat weiterhin nur 168 Stunden, die ich in Rechnung stellen kann – wobei, wenn Du Dir z.B. eBilling antust, wie es die amerikanischen Fonds verlangen, hast Du schon vier Stunden weniger, weil das so hakelig ist. – Warum springst Du wieder auf?“

„Ach, eine doofe E-Mail, Nachricht im besonderen elektronischen Anwaltspostfach, die ich nur im Büro lesen kann. Vielleicht dringend, vielleicht aber auch nur der Newsletter der Bundesrechtsanwaltskammer.“

„Im Zweifel ist es der Newsletter der BRAK, also iss jetzt Dein Falafel.“

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