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Designtes Recht

Von Astrid Kohlmeier, Rechtsanwältin, Legal Designerin und Beraterin für Rechtsabteilungen, Anwaltskanzleien und Legal-Tech-Unternehmen. Gerade ist von ihr und Meera Klembola bei Wolters Kluwer „Das Legal Design Buch“ erschienen.
Kaum eine Konferenz oder Publikation zur Digitalisierung im Recht oder zu Legal Tech kommt ohne einen Beitrag zu Legal Design aus. Was verbirgt sich dahinter? Und wem nutzt es? Fragen an Rechtsanwältin Astrid Kohlmeier, die zu den Pionierinnen in diesem Bereich gehört. Im Oktober erscheint von ihr und Meera Klemola „Das Legal Design Buch“.
RDi_10_Interview_Kohlmeier_WEBRDi: Warum kann es hilfreich sein, die Denkweise von Designern auf Rechtsprobleme zu übertragen? Oder anders gefragt: Wem nutzt das?

Kohlmeier: Legal Design ist die Einbettung und Anwendung der Designlehre ins Recht und beschäftigt sich mit den tatsächlichen Bedürfnissen derjenigen, die in rechtliche Fragen und Herausforderungen involviert sind. Das reicht vom Mandanten über alle Beschäftigten in juristischen Berufen. Ziel dabei ist es, rechtliche Inhalte, Prozesse und Workflows nutzerzentriert zu gestalten, damit rechtliche Produkte und Services möglichst einfach und intuitiv werden. Dabei wird im ersten Schritt immer erforscht, WER überhaupt WELCHE Problemstellung hat. Der handelnde Mensch mit all seinen Erwartungen und Bedürfnissen steht im Mittelpunkt. Die Anwendung dieser nutzerzentrierten Vorgehensweise auf rechtliche Themen ergänzt unser juristisches Handwerk um eine Zusatzfähigkeit: Wir lernen, mit den echten Gegebenheiten umzugehen – das geht weit     über die Bearbeitung rechtlicher Sachverhalte hinaus, in der Juristen in der Regel Gesetze anwenden und subsumieren.

RDi: Haben Sie mal ein praktisches Beispiel für uns?

Kohlmeier: Ein greifbares Beispiel sind etwa nutzerzentrierte Verträge: sie werden inhaltlich vereinfacht und verständlich gestaltet – unter anderem auch mithilfe visueller Elemente. Auch hier geht es im ersten Schritt darum, herauszufinden, welche Probleme AdressatInnen und Nutzer bestimmter Verträge mit deren Inhalten haben. Daher untersuche ich zuerst ganz konkret, wo Menschen mit juristischen Formulierungen an ihre Grenzen geraten und welche Aufgabe sie gerade lösen müssen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind dann die Grundlage für eine optimierte Ausführung und Gestaltung, etwa durch vereinfachte Sprache, damit der Inhalt verständlicher wird. Zudem nutze ich die Instrumente der grafischen Gestaltung, um den Leser in punkto Verständlichkeit zu unterstützen. Häufig wirken Infografiken bei komplizierten Ausführungen in einem Vertrag Wunder.

RDI: Juristinnen und Juristen machen es doch eigentlich ganz gerne kompliziert, Vereinfachungen begegnet der Berufsstand mit Skepsis.

Kohlmeier: Bei der Vereinfachung geht es nicht um die Reduktion oder Verwässerung von Rechtspositionen. Vielmehr stellen wir mit Legal Design ein Gleichgewicht her zwischen dem, was rechtlich nötig ist, und dem, was gestalterisch möglich ist. Wenn dabei Verträge übersichtlicher und kürzer werden, kann das erheblich dazu beitragen, dass sie schneller geschlossen werden und es z.B. weniger Rückfragen an die Rechtsabteilung gibt. Zusätzlich werden gerichtliche Auseinandersetzungen minimiert.

RDi: Für welche Bereiche kommt Legal Design noch in Frage?

Kohlmeier: Da Legal Design eine Methode ist, lässt sie sich auf fast alles anwenden, was eine rechtliche Komponente hat. Im Bereich Justiz und Gesetzgebung sind das Felder wie ein bürgerzentrierter Zugang zum Recht und die Digitalisierung der Gerichte, im Bereich des Rechtsmarktes unter anderem die Entwicklung mandantenzentrierter Rechtsdienstleistungen, die Ausgestaltung von Prozessen und Workflows in rechtlichen Organisationen sowie die Entwicklung von Produkten.

RDi: Womit wir beim Thema Legal Tech wären.

Kohlmeier: Ja, auch hier trägt die Anwendung der Legal Design Methode entscheidend dazu dabei, bedarfsgerechte, nützliche und sinnvolle Lösungen zu entwickeln, die ein echtes und vor allem das jeweils richtige Problem eines Nutzers lösen. Das wirkt sich dann im Besonderen auf die Inhalte eines Angebots aus, aber auch auf die Gestaltung der digitalen Nutzerführung. Es geht dann vor allem um das Entwickeln einer intuitiven User Experience (UX), die mit einem passenden User Interface (UI) einhergeht.

RDi: Wie und in welchem Umfang setzen Unternehmen Legal Design ein?

Kohlmeier: Im Moment wird Legal Design bei Unternehmen vor allem im Bereich der Neugestaltung oder Neufassung von internen Richtlinien z.B. zu den Themen DS-GVO und Compliance eingesetzt, aber auch für Standardverträge. Die Entwicklung von Innovationsstrategien für Rechtsabteilungen ist derzeit relevant sowie die Verbesserung der internen Kommunikation und Kollaboration mit der Unternehmensführung und anderen Departments.

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