Von Dr. Frank Remmertz, Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und für IT-Recht in München. Er ist Mitherausgeber der RDi
Jetzt soll alles ganz schnell gehen. Der Gesetzgeber hat im Herbst letzten Jahres gleich mehrere Reformpakete im anwaltlichen Berufsrecht auf den Weg gebracht, die noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden sollen. Dazu gehört neben der „großen BRAO-Reform“ mit einer Neuordnung des Rechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften auch ein Gesetzentwurf zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt. Mit diesem Gesetz sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anwaltschaft und für Inkassodienstleister einander angenähert werden. Einerseits sollen Inkassodienstleister künftig stärker im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) reguliert und ihnen Informationspflichten gegenüber den Rechtsuchenden auferlegt werden. Andererseits soll der Anwaltschaft gestattet werden, in bestimmten Fällen wie Inkassodienstleister Erfolgshonorare zu vereinbaren. Sogar Prozessfinanzierung soll für sie nicht länger tabu sein.
Das Gesetz hat dabei vor allem Legal Tech-Anbieter im Blick, die mangels anderweitiger Rechtsgrundlage im RDG unter der Flagge der Inkassodienstleister segeln. Der Gesetzgeber reagiert mit diesem „Legal-Tech-Gesetz“ auf eine Grundsatzentscheidung des BGH, der Ende 2019 im Fall wenigermiete.de die Inkassoerlaubnis zugunsten der Legal Tech-Anbieter erheblich erweitert, aber auch neue Fragen aufgeworfen hat (NJW 2020, 208). In der Folge haben im letzten Jahr einige Landgerichte die Grenzen der Inkassoerlaubnis klar aufgezeigt. Anfang diesen Jahres ist ein weiteres Urteil des LG Hannover vom 1.2. 2021 zur Unzulässigkeit der gebündelten Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche im sogenannten Zuckerkartell hinzugekommen, das in diesem Heft von Florian Skupin, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Urheber- und Medienrecht in München, besprochen wird (RDi 2021, 260).
Digitale Rechtsdienstleistungen stehen am Scheideweg: Muss der Gesetzgeber hier korrigierend eingreifen? Ist mehr Wettbewerb im Rechtsdienstleistungsmarkt „verbrauchergerecht“ oder für Verbraucher sogar schädlich? Soll der Rechtsdienstleistungsmarkt für Legal-Tech-Unternehmen geöffnet oder weiterhin grundsätzlich der Anwaltschaft vorbehalten bleiben? Den einen geht der Entwurf zu weit, anderen nicht weit genug. Gelingt der Spagat zwischen mehr Regulierung auf der einen und mehr Freiheiten auf der anderen Seite? Dazu nehmen in dieser Ausgabe zwei meinungsstarke Vertreter pro und contra Stellung: Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Römermann, unter anderem Direktor des Forschungsinstituts für Anwaltsrecht der Humboldt-Universität zu Berlin und Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Lemke, unter anderem Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer.
Der Gesetzentwurf dürfte noch für reichlich Diskussionen sorgen und es bleibt spannend, in welche Richtung sich digitale Rechtsdienstleistungen in Deutschland künftig bewegen.