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„Aktive und gestaltende Rolle“

Von Dr. Philip Scholz,
Die Digitalisierung der Justiz und von Rechtsdienstleistungen hat auch im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen hohen Stellenwert. Daher wurde eigens für dieses Thema die Projektgruppe „Legal Tech und Zugang zum Recht“ gegründet. Geleitet wird sie von Dr. Philip Scholz.
Scholz_WEB_150RDI: Warum diese Projektgruppe?

Scholz: Viele der aktuellen Angebote und Anwendungen, die unter Legal Tech gefasst werden, liegen im Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Wir beobachten eine hohe Dynamik bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle im Rechtsmarkt. Unternehmen bieten intelligente Softwarelösungen oder IT-basierte Dienstleistungen an und drängen damit in juristische Anwendungsfelder. Dadurch rückt die Digitalisierung der Justiz immer stärker in den Blickpunkt, auch wenn die Entwicklung hier deutlich langsamer vorangeht. Wir wollen als Ministerium bei diesen vor allem für den Zugang zum Recht der Bürgerinnen und Bürger so wichtigen Themen nicht nur eine moderierende, sondern eine aktive und gestaltende Rolle einnehmen. Dies war der wesentliche Anstoß für die Einrichtung der Projektgruppe „Legal Tech und Zugang zum Recht“. Hinzu kommt: Typisches Merkmal des digitalen Wandels ist es, dass er sich als Querschnittsmaterie nicht ohne Weiteres an den traditionell gewachsenen Zuständigkeiten eines Ministeriums entlang abgrenzen oder sich auf bestimmte Rechtsbereiche beschränken lässt. Die Fachkompetenzen zahlreicher Referate im Ministerium sind berührt, wie etwa das nationale und internationale Verfahrensrecht, das Rechtsdienstleistungsrecht, das anwaltliche Berufsrecht, das Verbraucherschutzrecht, das Datenschutzrecht oder das IT-Recht. Die Überlegung hinter der Projektgruppe war es daher, die fachlich betroffenen Arbeitseinheiten im Haus besser miteinander zu vernetzen, das vorhandene Fachwissen zu bündeln, komplexe Fragestellungen mit einem interdisziplinären Ansatz zu bearbeiten, interne Abstimmungsprozesse zu erleichtern und letztlich gemeinsam Ideen und Lösungsvorschläge für die Digitalisierung des Rechtswesens zu entwickeln.

RDi: Was macht die Projektgruppe?

Scholz: Die Projektgruppe hat die Aufgabe, technische Entwicklungen, Anwendungsfelder, relevante Akteure und Geschäftsmodelle in den Bereichen Legal Tech und Künstliche Intelligenz in der Justiz und im Rechtsmarkt zu identifizieren, zu systematisieren und zu bewerten. In diesem Sinne fungiert die Projektgruppe als Koordinierungs- und Beratungsstelle im Ministerium und innerhalb der Bundesregierung für die genannten Themenkomplexe, initiiert und begleitet Forschungsvorhaben und -projekte und bindet externen Sachverstand, etwa durch die Organisation und Durchführung von Fachveranstaltungen oder Expertenworkshops, ein. Darüber hinaus betrachten und analysieren wir natürlich auch die nationalen und internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf den Zugang zum Recht. Darauf aufbauend erarbeiten wir Regelungsvorschläge zur Änderung und Anpassung des bestehenden Rechtsrahmens, wie zuletzt mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt geschehen.

RDI: Mit welchen konkreten Vorhaben sind Sie neben dem genannten Reformprojekt derzeit befasst?

Scholz: Im letzten Jahr lag unser Fokus auf der europäischen Ebene. Unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft ist es gelungen, eine politische Ausrichtung über die künftige Nutzung digitaler Instrumente für die Verbesserung des Zugangs zur Justiz zu erreichen. Mit einstimmig angenommenen Ratsschlussfolgerungen „Zugang zur Justiz – Chancen der Digitalisierung nutzen“ wurden erstmalig in der EU zentrale Leitlinien für eine weitere Digitalisierung der Justiz und den Einsatz von künstlicher Intelligenz festgelegt. Wir haben damit gewissermaßen auch den Rahmen und die Messlatte für die weitere Entwicklung in Deutschland gesetzt. Wir sind überzeugt, dass – über die elektronische Aktenführung und den elektronischen Rechtsverkehr hinaus – die neuen digitalen Möglichkeiten stärker als bisher genutzt werden müssen, um gerade Gerichtsverfahren bürgerfreundlicher, effizienter und ressourcenschonender zu machen. Neben unseren eigenen Ansätzen prüfen wir deshalb intensiv alle auf dem Tisch liegenden Vorschläge, gerade jüngst sind die von der Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“ im Auftrag der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte vorgelegten Vorschläge veröffentlicht worden. Wir schauen uns genau an, was aufgegriffen und wie und wann umgesetzt werden kann. Wichtig sind für uns dabei vor allem zwei Dinge: Erstens, wir müssen jetzt anfangen auszuprobieren, was funktioniert und aus diesen Erfahrungen schnelle Lerneffekte erzielen. Gesetzliche Experimentierklauseln könnten hierbei ein Weg sein. Und zweitens, wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und sie in den Reformprozess stärker einbeziehen. Hierfür wollen wir die Methode des Legal Design Thinking nutzen.

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