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Digitalisierung und Recht

Von Georg Eisenreich, MdL, ist Bayerischer Staatsminister der Justiz
Bill Gates hat es auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Wir überschätzen immer den Wandel, der in den nächsten zwei Jahren passieren wird und unterschätzen den Wandel, der in den nächsten zehn Jahren passieren wird.“ Er hat Recht. Deshalb muss Deutschland bei der Digitalisierung Tempo machen. Dabei führen der rasante technologische Fortschritt und dynamische Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu neuen rechtlichen, politischen und ethischen Fragen. Diese müssen diskutiert und geklärt werden, zum Beispiel: Wer haftet nach welchem Maßstab bei Unfällen mit autonom fahrenden Autos? Wie können Meinungsfreiheit und Ehrschutz in Zeiten von Hass und Hetze in den sozialen Medien in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden? Wie kann Europa seine digitale Souveränität zurückgewinnen? Wie kann die Markt- und Datenmacht monopolartiger Internetkonzerne so begrenzt werden, dass sie keine Gefahr für die Demokratie und den freien Wettbewerb darstellen?
EisenreichViele Menschen nutzen die Vorteile der Digitalisierung. Sie erwarten von Staat und Wirtschaft in immer mehr Bereichen schnelle, bequeme, kostengünstige digitale Lösungen. Digitale Dienstleistungen werden daher in den nächsten Jahren sowohl den Alltag als auch den Markt weiter verändern. Dies gilt für Finanzdienstleistungen und Verwaltungsleistungen genauso wie für den Zugang zum Recht und die Rechtsdurchsetzung. Wer hat es etwa vor zehn Jahren auf sich genommen, eine Entschädigung für Flugverspätungen geltend zu machen? Inzwischen ist es ein digitales Massengeschäft von Legal Tech-Unternehmen. Für Legal Tech muss ebenso wie beispielsweise für FinTech oder InsurTech der Rechtsrahmen geklärt werden: Was sind die Möglichkeiten und Grenzen? Was wollen wir zulassen, was nicht? Notwendig sind Wertentscheidungen des Gesetzgebers.

Auch die Rechtspflege steht vor Veränderungen: Elektronischer Rechtsverkehr und E-Akte sind bereits Realität oder zumindest auf dem Weg. Die Veränderungen werden aber wesentlich tiefgreifender sein. Robo-Anwälte, die ihre KI-erzeugten Schriftsätze einem Richterautomat vorlegen, der algorithmenbasiert entscheidet – Traum oder Alptraum? Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wird es immer geben und muss es nach meiner Überzeugung immer geben. In der Zukunft werden sich jedoch gerichtliche Verfahren, insbesondere im Zivilrecht, von den heutigen Abläufen deutlich unterscheiden. Innovative Vorschläge hierzu hat die von den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs eingesetzte Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“ zur Diskussion gestellt.

Bei der Digitalisierung geht es um alles: Unseren Wohlstand, unsere Werte, unsere Demokratie. Die Themen werden daher nicht ausgehen. „Recht Digital“ bietet ein Forum, um sie zu diskutieren.

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