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Finanzierungs-Missmatch

Von Dr. Benedikt M. Quarch | Apr 08, 2025
Kürzlich wurde bekannt, dass die RightNow GmbH Insolvenz angemeldet hat. Wir haben mit Co-Founder und Managing-Director Dr. Benedikt M. Quarch über die Ursachen und die Finanzierung von Legal-Tech-Unternehmen gesprochen.

RDi: Was waren die Gründe für den Insolvenzantrag der RightNow GmbH?

Quarch: Letztlich sind zwei, drei Dinge zusammengekommen. Zunächst einmal möchte ich aber betonen: Es lag nicht am Geschäftsmodell! Sondern an dessen Finanzierungsstruktur. Das Geschäftsmodell von RightNow ist der Forderungskauf von Konsumenten (Consumer Claims Purchasing). Um den Verbraucherinnen und Verbrauchern ihre Forderungen abzukaufen, braucht man natürlich eine Vorfinanzierung. Die haben wir uns in den letzten Jahren primär durch private Darlehensfonds aus dem Ausland organisiert. Zudem lag unser Fokus zuletzt nsbesondere auf Online-Glücksspiel-Forderungen. Ich habe mich auch persönlich sehr stark gegen das maltesische Gesetz (Bill 55) eingesetzt, das meines Erachtens offensichtlich unionsrechtswidrig einen Vollstreckungsschutzschirm für Online-Glücksspielanbieter mit Sitz auf Malta errichtet. Das Gesetz liegt jetzt beim EuGH, aber es ist bis dato in Kraft und wird von maltesischen Gerichten angewendet. Durch die langen Verfahrenslaufzeiten vor Gericht ist ein Missmatch entstanden zwischen der klassischen Darlehensstruktur, die feste Laufzeiten und feste Zinsbindung hat, und unserem Geschäft, das mit den Unwägbarkeiten der gerichtlichen streitigen Auseinandersetzung leben muss, zu denen auch gehört, dass nicht immer vollstreckt werden kann. Diese beiden Faktoren zusammen haben dazu geführt, dass die Finanzierungsstruktur nicht mehr passt, weil Darlehen zurückgezahlt werden mussten, das Geld aber in Gerichtsverfahren gebunden war. Wir haben dann sehr lange Verhandlungen geführt, am Ende aber keine Lösung gefunden. Aber wir haben schon vor einiger Zeit begonnen, mit einer Tochtergesellschaft das gleiche Geschäftsmodell mit einer anderen Finanzierungsstruktur zu führen. Hier arbeiten wir mit einem der weltweit größten Prozessfinanzierer, der das Litigation Geschäft kennt und versteht, zusammen, der dann das Geld für den Forderungseinkauf etc. gibt, und dann am Ende sicherlich auch üppige Erfolgsprovisionen verdient. Für RightNow schauen wir jetzt, natürlich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, wie die Fortführung unsere Geschäftsmodells möglich sein wird.

RDi: Ist die Finanzierung von Legal-Tech-Unternehmen schwieriger geworden?

Quarch: Die Finanzierung war meines Erachtens schon immer schwierig. Das sieht man allein daran, dass die „großen Player“ vor allem in dem Bereich Access to Justice (A2J), wie Flightright, Myright, Wenigermiete, RightNow und Helpcheck heute alle schon einige Jahre alt sind. Seitdem ist in dem Bereich leider wenig nachgekommen. Ich glaube, das liegt daran, dass die Besonderheiten des Rechtsmarkts aus Investment-Perspektive eine große Herausforderung sind. Jemand Außenstehendes kann die Komplexität und die Unwägbarkeiten schwer einschätzen. Auch im Bereich KI, das ein großes Thema ist und wo es einige spannende, innovative Ansätze gibt, gibt es – ich kann es nicht mit Zahlen untermauern, aber ich gebe mal meine Wahrnehmung wieder – nicht die großen Investments im Vergleich zu anderen KI-Applikationen.

RDi: Welche Geschäftsmodelle sind aus Ihrer Sicht besonders erfolgversprechend?

Quarch: Der ganze Bereich A2J ist erfolgreich und auch in Zukunft erfolgversprechend, das sehen wir an entsprechenden Anbietern und Angeboten. Der zweite Bereich, das wird keinen überraschen, wird KI sein. Rechtsabteilungen, Kanzleien, Justiz und Staat haben ein großes Interesse an KI. Wer dort gute Lösungen bietet, um juristische Arbeitsabläufe und Kerntätigkeiten mithilfe von KI richtig sauber, treffsicher und gut vorzubereiten oder ganz abzubilden, hat riesige Erfolgschancen. Das Ganze verknüpft mit den vorhandenen Legal-Tech-Lösungen, die weiterhin gut bestehen werden. In Bezug auf A2J, der auch im B2B-Umfeld relevant ist, ist die Prozessfinanzierung, mit der Finanzierungsstruktur, die ich eben erläutert habe, in den USA oder dem Anglo-amerikanischen Raum schon sehr weit verbreitet. Ich glaube, auch dieses Geschäftsmodell, KI-basiert weitergetrieben, ist sehr erfolgsversprechend. 

RDi: Gibt es Regulierung, die Sie als besonders hinderlich empfinden?

Quarch: Ich wäre dafür, das RDG ganz abzuschaffen. Allerdings denke ich auch, dass es Innovation und Investment nicht komplett ausbremst. Aber ich glaube schon, dass eine Welt, in der vor allem die außergerichtliche Rechtsdienstleistung deutlich weniger reguliert ist, die offener für Erfolgshonorare ist und in der ein Fremdbesitz bei Kanzleien jedenfalls teilweise zugelassen wird, für Investoren viel attraktiver wäre. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann dass sich der Markt weiter öffnet, um Innovationen hereinzulassen. Wenn wir eine deutlich digitalere und effizientere Justiz, gepaart mit einem an verschiedenen Stellen noch innovationsfreundlicheren Markt hätten, würden wir sicherlich ein bisschen mehr in der Zukunft leben. 

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