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Rechtsanwalt Prof. Niko Härting | Aug 04, 2025
Alle sprechen über Künstliche Intelligenz (KI). Dies gilt auch für den Deutschen Anwaltverein (DAV). Im Februar fand das Erste KI-Forum des DAV statt. Der Raum war voll. Knapp 100 Kolleginnen und Kollegen diskutierten einen Tag lang engagiert über Chancen, Risiken und Einsatzfelder der Technologie. Der Vorstand beschloss im Anschluss, dass KI bis auf Weiteres ein Schwerpunktthema des DAV bleiben wird.
Schritt für Schritt geht es weiter. Der Stellungnahme Nr. 32/2025 zum Einsatz von KI in der
Anwaltschaft lässt
sich die Herangehensweise des DAV entnehmen. Insbesondere die Sprachmodelle (ChatGPT und Co.) können unsere Arbeit erheblich erleichtern und werden zum festen
Bestandteil unseres beruflichen Alltags. Wenn nicht heute, dann spätestens morgen oder übermorgen.
Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber. Daher schauen wir nicht sorgenerfüllt
auf den technischen Fortschritt. Vielmehr möchten wir unsere Kolleginnen und Kollegen ermutigen, sich mit den neuen Werkzeugen zu befassen und diese einzusetzen.
Das nicht mit schlechter Laune, sondern mit wachem Blick auf die Möglichkeiten, die
diese Werkzeuge ermöglichen.
Wir sind der festen Überzeugung, dass sich KI-Tools nutzen lassen, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen. Dies gilt sowohl für das Datenschutz- als auch für das Urheberrecht, aber auch im Hinblick auf den AI Act und das anwaltliche Berufsrecht.
Viele Sprachmodelle werden standardmäßig in der Cloud angeboten. Berufsrechtlich bedeutet
dies, dass § 43e BRAO zu beachten ist. Die Arbeit in der Cloud ist berufsrechtlich nicht verboten,
sondern erlaubt, sofern der Dienstleister sich zur Verschwiegenheit nach § 43e BRAO verpflichtet.
Als § 43e BRAO vor mehr als sieben Jahren verabschiedet wurde, war es das erklärte Ziel des
Gesetzgebers, Anwaltskanzleien die Nutzung von Clouddiensten zu ermöglichen. Diese Dienste
haben zahlreiche Vorteile, nicht zuletzt, weil sie oft ein deutlich höheres Maß an IT-Sicherheit
bieten können, als dies bei Servern in der Kanzlei der Fall ist.
Leider bieten längst nicht alle Clouddienstleister standardmäßig Verträge nach § 43e BRAO an.
Soweit ersichtlich, ist Microsoft der einzige größere Anbieter, dessen AGB-Paket auch eine Vereinbarung zur Wahrung des Anwaltsgeheimnisses enthält. Daher hat der Vorstand des DAV jüngst
beschlossen, mit anderen Anbietern in Kontakt zu treten, damit sie dem Beispiel von Microsoft
folgen. Erste Gespräche gibt es bereits.
Natürlich gibt es weder bei den KI-Tools noch bei der Cloud ein „One Size Fits All“, und jede
Kollegin und jeder Kollege muss für sich selbst Chancen und Risiken abwägen. Weder KI noch
die Cloud sind jedoch Teufelszeug. Unsere Mandantinnen und Mandanten dürfen von uns jedenfalls erwarten, dass wir uns sehr ernsthaft mit diesen Instrumenten befassen. Der DAV wird dies
mit Rat und Tat unterstützen.
Rechtsanwalt Prof. Niko Härting ist Gründungspartner von Härting Rechtsanwälte Berlin und Vorstandsmitglied
des DAV; er war als Vorsitzender des Ausschusses Informationsrecht an der Stellungnahme zu KI beteiligt