Von
Christian Heinz | Jul 08, 2024
Die rasante Entwicklung, mit der Künstliche Intelligenz (KI) in den vergangenen Jahren in unseren Alltag Einzug gehalten hat, schreitet ungebremst voran. Auch in der Arbeitswelt finden gravierende Veränderungen statt oder stehen an.
Mit der bereits weit fortgeschrittenen Einführung der elektronischen Verfahrensakte schaffen wir für die hessische Justiz
die Grundlage, Potenziale der Digitalisierung in Zukunft ausschöpfen zu können. Digital vorliegende Daten ermöglichen den zielgerichteten Einsatz von KI- und Automatisierungstools. Durch diese können Arbeitsabläufe in der Justiz grundlegend neu gestaltet werden. Zugleich lassen die gesammelten Erkenntnisse von KI-Pilotprojekten ein erhebliches Potenzial für Effizienzsteigerungen und Zeitersparnis erwarten. Wir versprechen uns hierdurch eine Reduzierung der anhaltend hohen Belastung der Justizbediensteten. Wenn vor allem repetitive, einfach gelagerte Aufgaben (teil-)automatisiert erledigt werden können, besteht mehr Zeit für die Kernaufgaben. Zugleich lässt sich mit einer KI-gestützten Automatisierung von Prozessen dem auch vor der Justiz nicht haltmachenden Fachkräftemangel begegnen.
Die Qualität von KI-Tools steht und fällt mit der Verfügbarkeit von spezifischen Trainingsdaten. Um diese zu erhöhen, pilotiert Hessen derzeit gemeinsam mit Baden-Württemberg das KI-gestützte Tool „JANO“, das die Pseudonymisierung von Gerichtsentscheidungen erleichtern und so die Veröffentlichungsquote und Verfügbarkeit solcher Trainingsdaten für KI-Anwendungen erhöhen soll.
Ferner sammeln wir bei der Pilotierung von innovativen Anwendungen wie „Codefy“ Erfahrungen, die bei der künftigen Optimierung von justiziellen Arbeitsweisen helfen werden. Auch im Bereich der sogenannten Massenverfahren soll KI die Bediensteten entlasten, beispielsweise durch das Projekt „FraUKe“, das nach einer Pilotierung im kommenden Jahr eine KI-gestützte Bearbeitung von insbesondere Fluggastrechteverfahren ermöglichen soll.
Natürlich müssen wir ebenso die dynamische Entwicklung auch bei der Regulierung von KI-Anwendungen berücksichtigen: Justiz-KI ist Hochrisiko-KI; auch die richterliche Unabhängigkeit, die Verfahrensrechte der Beteiligten sowie Datenschutz und IT-Sicherheit sind zu wahren.
Das volle Potenzial der Digitalisierung kann nach meiner Überzeugung aber nur ausgeschöpft werden, wenn auch die Innovationsfreudigkeit unter den Bediensteten in der Justiz gefördert und „kanalisiert“ wird. Hierfür haben wir mit dem „Forum KI“, die notwendige Struktur geschaffen. Unter dem Forum KI vereinen wir regelmäßige öffentliche Veranstaltungen, (interne) Fortbildungen und eine möglichst agil arbeitende, an den Bedarfen der Praxis ausgerichtete Umsetzungswerkstatt. Die Resonanz bei der Auftaktveranstaltung des Forum KI am 21. Juni 2024 in Wiesbaden war sehr positiv und zeigt, wieviel Potenzial in unserem Ansatz steckt.