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Burkhard Balz | Dez 05, 2023
Das Gesicht des Zahlungsverkehrs hat sich stark gewandelt: Die Menschen bezahlen seltener mit Bargeld, Zahlungen im Onlinehandel werden beliebter und gleichzeitig werden die Zahlungslösungen globaler BigTech-Anbieter präsenter. Deshalb beschäftigt sich das Eurosystem mit der möglichen Einführung von digitalem Zentralbankgeld in Ergänzung zum Euro-Bargeld. Ein digitaler Euro wäre im gesamten Euroraum zu jeder Zeit für Zahlungen in Geschäften, im Internet, von Person zu Person und bei Zahlungen von und an staatliche Stellen einsetzbar. Er wäre also universell verwendbar.
Daneben geht es auch um die Souveränität Europas. Denn dass der Zahlungsverkehr stabil und sicher funktioniert, ist für eine Volkswirtschaft von größter Bedeutung. Zwar kann man heute schon digital bezahlen. Doch häufig sind Zahlungen an der Ladenkasse oder auch im Onlinehandel, auch über europäische Ländergrenzen hinweg, nur mithilfe von internationalen Kartensystemen oder Internetplattformen möglich. Auch wenn national erfolgreiche Produkte existieren wie zum Beispiel girocard in Deutschland, kann damit in der Regel nicht im europäischen Ausland bezahlt werden. Der digitale Euro wäre eine europaweit einsetzbare Bezahllösung nach europäischen Regeln, aufbauend auf einer europäischen Infrastruktur.
Im Oktober 2021 startete das Eurosystem eine Untersuchungsphase, in der wichtige Gestaltungselemente diskutiert und bewertet wurden. Auf dieser Grundlage entschied der EZB-Rat im Oktober 2023, das Projekt fortzusetzen. In der nun gestarteten Vorbereitungsphase soll das Regelwerk für den digitalen Euro fertiggestellt werden. Zudem werden mögliche Anbieter identifiziert, die die Plattform und Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln könnten. Aber noch hat der EZB-Rat nicht über die Einführung eines digitalen Euro entschieden. Dafür braucht es zunächst einen gesetzlichen Rahmen.
Ein wichtiger Schritt hierzu erfolgte Ende Juni dieses Jahres: Die Europäische Kommission veröffentlichte ihren Verordnungsentwurf, der in den kommenden Wochen und Monaten mit dem europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union abgestimmt wird. Die Veröffentlichung erfolgte im Übrigen im Rahmen eines Gesetzgebungspakets, das auch Vorschläge zur Stärkung des Euro-Bargelds enthält. Das unterstreicht den komplementären Charakter von digitalem Euro und Bargeld. Der digitale Euro wäre eine Ergänzung zum Bargeld. Er würde es nicht ersetzen.
Der Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro sieht unter anderem vor, dass ein digitaler Euro genau wie Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel wäre. Darüber hinaus macht er Vorgaben zur Rolle von Banken und anderen Zahlungsdienstleistern bei der Ausgabe eines digitalen Euro sowie zu Datenschutz und Privatsphäre nach europäischen Maßstäben. Auch die Möglichkeit von Offline-Zahlungen soll gesetzlich festgeschrieben werden. Für Privatpersonen wäre die Grundnutzung kostenfrei. Und durch die Unterstützung für sogenannte bedingte Zahlungen – also Zahlungen, die bei Erfüllung bestimmter Bedingungen automatisiert ausgeführt werden – würde auch Innovationspotenzial in der Zukunft erschlossen.
Sobald der rechtliche Rahmen steht und die Vorarbeiten abgeschlossen sind, könnte der EZB-Rat über die tatsächliche Entwicklung eines digitalen Euro entscheiden. Eine Einführung wäre dann in frühestens vier bis fünf Jahren zu erwarten und dürfte in Etappen erfolgen. Im digitalen Zeitalter könnte ein digitaler Euro für Europa genau das sein, was das Euro Bargeld seit dem Jahr 2002 ist – ein gemeinsames, sicheres und universelles Zahlungsmittel für die europäischen Bürgerinnen und Bürger.