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Es bleibt dabei: Keine Einwände gegen GDL-Streik

LAG Hessen
Der Streik der Lok­füh­rer­ge­werk­schaft GDL kann wie ge­plant bis Mitt­woch­mor­gen wei­ter­ge­hen. Die Deut­sche Bahn ist mit ihrem Eil­an­trag am Diens­tag in zwei­ter In­stanz vor dem LAG Hes­sen ge­schei­tert. Damit dau­ern die Be­hin­de­run­gen für Mil­lio­nen Fahr­gäs­te an.

Erst am Montag hatte das ArbG Frankfurt am Main das Eilersuchen der Bahn, mit dem das Unternehmen den Streik untersagen lassen wollte, abgewiesen (Beschluss vom 11.03.2024 - Az. 12 Ga 37/24). Das Instrument des Wellenstreiks der GDL als Nadelstichtaktik sei zulässig, sagte jetzt der Vorsitzende LAG-Richter Michael Horcher in der Beschwerdeinstanz (Urteil vom 12.3.2024 - 10 GLa 229/24). Der Streik sei insbesondere nicht deshalb rechtswidrig sei, weil damit tariflich nicht regelbare Ziele verfolgt würden. Entscheidend seien hierbei die Forderungen, die im Streikbeschluss der gewerkschaftlichen Gremien enthalten seien. Umstände, die in der Verhandlungsphase zeitlich davor lägen, nicht berücksichtigt werden. Forderungen der GDL aus dieser Phase, wie etwa eine Abbedingung des Grundsatzes der Tarifeinheit, die nicht als zulässiges Streikziel erachtet werden könnten, seien daher hier unschädlich.

Der Streik sei auch verhältnismäßig. Die Gerichte seien grundsätzlich nicht befugt, neue, das Arbeitskampfrecht bzw. die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) einschränkende Regelungen zu erlassen, wenn und soweit der Gesetzgeber sich für ein Modell des freien Spiels der Kräfte entschieden habe. Eine Ankündigungsfrist von 22 Stunden im Güterverkehr und 30 Stunden im Personenverkehr hielt das Gericht noch für angemessen. Eine grundsätzliche Entscheidung über eine angemessene Vorlaufzeit für Streikankündigungen könne das Gericht an dieser Stelle nicht treffen. Horcher regte den Gang in eine formale Schlichtung an und appellierte an die Kompromissfähigkeit beider Parteien. Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom Dienstag sind nicht möglich.

Eine formale Schlichtung hatte die GDL bisher abgelehnt. Vor Gericht bezeichnete GDL-Vertreter Thomas Schelling eine solche Maßnahme am Dienstag aber als "durchaus diskutabel". Man werde ergebnisoffen darüber beraten. "Es ist an der Zeit für die DB, endlich richtig zu verhandeln." Bahnvertreter Florian Weh sagte, eine formale Schlichtung sei nun das gebotene Mittel der Wahl. "Wir sind bereit dazu ohne Vorbedingungen."

"Mit dem Urteil ist ein für alle Mal der Beweis erbracht, dass der Vernichtungsfeldzug des DB-Vorstands gegen die GDL nicht erfolgreich sein kann", teilte GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag mit. "Die DB sollte damit aufhören, sich vor Gerichten eine blutige Nase zu holen, sinnlos Steuergelder zu verbrennen und die Kunden zu verprellen."

Bahn: Zumutung für Reisende und Industrie

Die Deutsche Bahn versuchte in dem Konflikt schon einmal, einen Arbeitskampf der GDL juristisch zu verhindern, hatte dabei aber in zwei Instanzen ebenfalls keinen Erfolg. Der 24-stündige Streik der GDL im Personenverkehr lief am Dienstag um 2.00 Uhr an und führt zu erheblichen Einschränkungen im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr. Der Ausstand im Güterbetrieb hatte bereits am Montag um 18.00 Uhr begonnen. Es ist der sechste Streik im seit Monaten schwelenden Tarifkonflikt. Knackpunkt ist die Forderung der Gewerkschaft nach einer 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen.

Die Bahn hat abermals einen Notfahrplan auf die Beine gestellt, der im Fernverkehr ein Grundangebot von rund 20% sicherstellt. Im Regionalverkehr ist das Angebot je nach Region unterschiedlich. Fahrgäste werden gebeten, sich bei der Bahn über ihre Verbindungen zu informieren. Die GDL hatte den Streik am Sonntagabend angekündigt und damit deutlich kurzfristiger als die vorigen Arbeitskämpfe.

Mit solchen "Wellenstreiks" will Gewerkschaftschef Claus Weselsky den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Die Bahn sprach von einer Zumutung für Millionen Reisende und die Wirtschaft. Sie kritisierte die "viel zu kurze Vorlaufzeit von nur 22 Stunden" vor dem Streik im Güterverkehr scharf. Wegen des Ausstands stünden nun Lieferungen für die Industrie still.

Nach erneut gescheiterten Verhandlungen hatte die Bahn die Gewerkschaft Ende vergangener Woche zu weiteren Gesprächen aufgerufen. Die GDL knüpfte diese an die Bedingung, dass die Bahn ein neues Angebot vorlegen müsse. Das Ultimatum der Gewerkschaft an die Führung des Konzerns war am Sonntagabend gerade etwas über zwei Stunden abgelaufen, da kündigte die GDL den neuerlichen Streik an (Urt. v. 12.3.2024 - 10 GLa 229/24).

 

Aus der Datenbank beck-online

"Weselsky-Bashing hilft nicht weiter", Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 08.03.2024, becklink 2030099

Franzen, Streikrecht bei kritischen Infrastrukturen eingrenzen?, ZRP 2024, 61

Stegmüller, Einschränkungen des Streikrechts in Betrieben der Daseinsvorsorge, NZA 2015, 723

BAG, Arbeitskampfrisiko bei "Wellenstreiks", NZA 1997, 393

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