chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

NVwZ Website Banner Newsletter

Der schnelle Überblick per E-Mail

Immer auf dem Laufenden mit dem kostenlosen NVwZ-Newsletter: Dieser informiert Sie pünktlich über das neue Heft und punktet mit einer qualifizierten Inhaltsübersicht mit Abstracts der Aufsätze und den amtlichen Leitsätzen der Rechtsprechung. Selbstverständlich vollverlinkt zu beck-online. Ideal für den schnellen Überblick auf dem Smartphone!

Gleich anmelden und von den Vorteilen profitieren!

NVwZ Nachrichten

Anhörung: Langsame Verwaltung hindert Fachkräfteeinwanderung

Von Bundestag | Mai 24, 2023
Ex­per­ten be­wer­te­ten den Re­gie­rungs­ent­wurf "zur Wei­ter­ent­wick­lung der Fach­kräf­te­ein­wan­de­rung" in einer An­hö­rung im In­nen­aus­schuss des Bun­des­tags laut par­la­men­ta­ri­schem Pres­se­dienst "grund­sätz­lich als Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung". Sie mo­nier­ten aber zu lange Ver­wal­tungs­ver­fah­ren bei den deut­schen Aus­lands­ver­tre­tun­gen wie auch den Aus­län­der­be­hör­den und An­er­ken­nungs­stel­len im In­land.

Reform soll Fachkräfteeinwanderung erleichtern

Nach dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf soll es künftig ausreichen, im Ausland eine zweijährige Berufsausbildung absolviert zu haben und darüber hinaus mindestens zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen zu können, um in Deutschland arbeiten zu dürfen. Eine formale Anerkennung des im Heimatland erworbenen Abschlusses braucht es nicht, wenn ein Arbeitsvertrag vorliegt. Mit einer "Chancenkarte" sollen Ausländer mit einem über ein Punktesystem nachgewiesenen "guten Potenzial" auch ohne Vertrag einreisen und sich vor Ort einen Job suchen dürfen. Bei IT-Spezialisten ohne Hochschulabschluss soll es künftig reichen, wenn sie "bestimmte non-formale Qualifikationen nachweisen können".

Bundesarbeitsagentur fordert mehr Personal

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bewerte die Intention der geplanten Änderungen zum Abbau von Zuwanderungshürden sowie die zu erwartende Arbeitsmarktwirkung positiv. BA-Vertreter Steffen Sottung sagte, der Paradigmenwechsel, dass künftig Fachkräften die Einwanderung ermöglicht wird, auch wenn der Berufsabschluss nicht vorher formal anerkannt ist, sende das Signal nach außen, "dass Arbeits- und Fachkräftezuwanderung nach Deutschland erwünscht ist". Benötigt werde aber ein Personalaufwuchs in allen betroffenen Verwaltungsbereichen sowie eine bessere Abstimmung der beteiligten Behörden untereinander.

Arbeitgeber monieren zu lange Verwaltungsverfahren als Hemmschuh

Wesentliches Hemmnis für die gezielte Erwerbsmigration seien die komplizierten und langwierigen Verwaltungsverfahren, hieß es von Seiten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitsgeberverbände (BDA). Schon jetzt sei es der Migrationsverwaltung nicht möglich, genügend Anträge zu bearbeiten, damit alle Menschen mit Arbeitsvertrag nach Deutschland kommen können, sagte BDA-Vertreter Nicolas Keller. Zugleich forderte er die Ausweitung der sogenannten Westbalkanregelung. "Wir sollten auf Regelungen setzen, die in der Praxis gut funktionieren", sagte er. Zudem müsse das Beschäftigungsverbot in der Zeitarbeit abgeschafft werden.

Gewerkschaften fordern tarifvertragliche Bedingungen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht Saisonarbeit und Leiharbeit kritisch. Das Risiko der Einreise in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sei zuletzt ohnehin angestiegen, sagte DGB-Vertreter Gerd Wiegel. Die über die Westbalkanregelung eingereisten Arbeitskräfte seien zumeist in Bereichen tätig, die durch schlechte Arbeitsbedingungen und schlechte Entlohnung gekennzeichnet seien. Eingewanderte aus Drittstaaten sollten daher grundsätzlich zu tarifvertraglichen Bedingungen beschäftigt werden. Die Fachkräfteeinwanderung dürfe nicht zur Absenkung von Sozialstandards führen, sagte Wiegel.

Städtetag: Verwaltung "jetzt schon am Rande der Dysfunktionalität"

Die Regelungen seien nicht weitgehend genug, kritisierte Engelhard Mazanke vom Deutschen Städtetag. "Wir brauchen schlankere Verwaltungsverfahren, längere Aufenthaltstitel, großzügigeren Familiennachzug und Fiktionsbescheinigungen", sagte er. Es gehe darum, etwa 100.000 Menschen pro Jahr in das Verwaltungsverfahren aufzunehmen, dabei sei man "jetzt schon am Rande der Dysfunktionalität". In den Inlandsbehörden gebe es Wartezeiten von drei bis vier Monaten - in den Auslandsvertretungen von "deutlich über einem Jahr", sagte Mazanke.

Landkreistag fordert grundlegendere Reform des Aufenthaltsrechts

Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag forderte eine grundlegendere Reform des Aufenthaltsrechts und eine deutliche Reduzierung der Aufenthaltstitel. Der Schaffung einer zentralen Einwanderungsbehörde stehe er kritisch gegenüber, sagte Ritgen und verwies auf die damit verbundene Gefahr, "ineffiziente Doppelstrukturen" zu schaffen. Schließlich brauche es für die Zuwanderer "Ansprechpartner vor Ort". Ferdinand Heinz Johann Weber vom Institut für Völkerrecht und Europarecht der Georg-August-Universität Göttingen hält indes die Übertragung der Zuständigkeiten auf eine zentrale Behörde mit echten Kompetenzen für "keine schlechte Idee". Ansprechpartner vor Ort könne es dennoch geben. Der Gesetzentwurf führt aus seiner Sicht zu einer Überforderung der Verwaltungen. Die Chancenaufenthaltskarte etwa werde höchstens für ein Jahr erteilt. Das führe im Anschluss zu einem erheblichen Prüfaufwand.

Hochschullehrer: "Visumverfahren echte Belastung für Zuwanderungsstandort Deutschland"

Roman Lehner vom Institut für Öffentliches Recht der Georg-August-Universität Göttingen wies ebenso wie Weber daraufhin, dass die Regelungen für die qualifizierte Arbeitsmigration nach Deutschland schon jetzt außerordentlich liberal seien. Im Kampf um die "besten Köpfe" erweise sich aber das Visumverfahren als echte Belastung für den Zuwanderungsstandort Deutschland. Die ernstzunehmenden Vollzugsmängeln müssten dringend angegangen werden, forderte er. Der Gesetzgeber allein könne keine Fachkräfte nach Deutschland lotsen. Jedes noch so "clevere Erwerbsmigrationsregime" sei am Ende von nur geringem Wert, "wenn die effektive Vollziehung der materiellen Regelungen nicht gewährleistet ist".

Anwältin: Verwaltungsvereinfachungen im Gesetz "hinten und vorne nicht ausreichend"

Die auf Ausländerbeschäftigungsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Bettina Offer kam zu der Einschätzung, dass die Verwaltung die Mengen an benötigter Zuwanderung nicht abbilden könne. Was das Gesetz an Verwaltungsvereinfachungen enthält, sei "hinten und vorne nicht ausreichend", urteilte sie. Marius Tollenaere, Rechtsanwalt für Migrations- und Staatsangehörigkeitsrecht, hält die Migrationsverwaltung für nicht in der Lage, "mehr Erteilungen hinzubekommen". Sie sei schon seit mehreren Jahren in einer Dauerkrise, sagte er. Gebraucht werde wesentlich mehr Personal, das gut geschult, gut eingruppiert und mit Karriereaussichten ausgestattet sein müsse.

Sozialverband: Wechsel von humanitärer Einwanderung in Erwerbsmigration ermöglichen

Tara Käsmeier vom Paritätischen Gesamtverband sprach sich dafür aus, Übergänge von der humanitären Einwanderung zur Erwerbsmigration zu ermöglichen. Die Bereiche der humanitären Einwanderung und der Erwerbsmigration seien zwar separat zu betrachten und zu regeln. Für diejenigen, die zunächst eingereist sind, um in Deutschland Schutz zu finden, sollte es aber möglich sein, "unter bestimmten Voraussetzungen auch in die Erwerbsmigration zu wechseln, wenn sie die dort genannten Bedingungen erfüllen", sagte Käsmeier.

Migrationsforschungsinstitut: Chancenkarte zu bürokratisch geregelt

Um Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu gewinnen, müsse sich Deutschland drei Herausforderungen stellen, sagte Pau Palop-García vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung. Zum einen müssten die Menschen das Ziel haben, in Deutschland zu arbeiten und zu leben. Sie müssten aber auch in der Lage sein, hierherzukommen. Außerdem müssten die Menschen den Wunsch haben, längerfristig in Deutschland zu bleiben. Mit nur minimalen Änderungen, so Palop-García, werde man diese Herausforderungen nicht bestehen. Positiv bewertete er das Instrument der Chancenkarte. Sie sei im Entwurf aber zu bürokratisch geregelt.

Gehaltsschwellen: Arbeitsmarktforschungsinstitut fordert Orientierung an Flächentarifverträgen

Herbert Brücker, Leiter des Forschungsbereichs "Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung" am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, nannte die Erfahrungssäule im Gesetz "sinnvoll". So könne den Restriktionen begegnet werden, die es bei der Anerkennung beruflicher Abschlüsse gebe. Die nun angedachten Gehaltsschwellen lägen aber bei 75 Prozent der Gehälter von Fachkräften und würden damit einen großen Teil von Fachkräften ausschließen. Sinnvoller als die im Entwurf vorgesehene Abweichung für tarifgebundene Arbeitgeber wäre es aus seiner Sicht eine Regelung, die sich an Flächentarifverträgen orientiert.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Schlamp, Beschäftigung ausländischer Fachkräfte, BB 2023, 948
  • Felisiak/Schlamp, Fachkräftemangel - Lösung durch ausländische Fachkräfte?, SPA 2023, 9
  • Kluth, Das Fachkräfteparadoxon, ZAR 2023, 145

Kommentar abgeben

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü