chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

Bundesrat stoppt "Sicherheitspaket" teilweise

Bundesrat
Als Re­ak­ti­on auf die töd­li­che Mes­ser­at­ta­cke von So­lin­gen sol­len Si­cher­heits­be­stim­mun­gen aus­ge­wei­tet wer­den. Ein Teil kommt nun erst­mal nicht. Nur die Re­ge­lun­gen zu Leis­tun­gen für Asyl­be­wer­ber und Mes­ser­ver­bo­ten ließ die Län­der­kam­mer pas­sie­ren.

Der Bundestag hatte das Sicherheitspaket der Ampel-Koalition am Freitagvormittag beschlossen. Kurz danach musste es in den Bundesrat, der es nicht ungeschoren passieren ließ. In der Debatte in der Länderkammer hatten Vertreter Bayerns und Berlins schon deutlich gemacht, dass sie die Pläne ablehnen. Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kritisierte das Paket als unzureichend und sprach von entkernten Regelungen. Die irreguläre Migration werde so nicht bekämpft werden. Die Messerverbote seien reine Symbolpolitik.

Dagegen betonte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD), das Paket sei eine geeignete Antwort. Er rief dazu auf, das Mehr an Sicherheit und Befugnissen für die Polizei nicht unnötig zu verhindern, nur weil es einem noch nicht genug sei.

Eckpunkte des Sicherheitspakets

Das sogenannte Sicherheitspaket sieht Verschärfungen im Aufenthalts- und Waffenrecht sowie mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden vor. So sollen Asylbewerber, für deren Schutzersuchen nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes europäisches Land die Verantwortung trägt, von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden - wenn die Ausreise für sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ausnahmen soll es hier geben, wenn Kinder betroffen sind.

Außerdem soll das Waffenrecht verschärft werden. So wird nun deutlich gemacht, dass das Verbot, Waffen bei Volksfesten oder Sportveranstaltungen mitzuführen, auch für Messer gilt, die an dieser Stelle im Waffengesetz künftig ausdrücklich erwähnt werden sollen. Es soll aber Ausnahmen geben, zum Beispiel für bestimmte Berufsgruppen. "Wir verbieten Messer auf öffentlichen Veranstaltungen und ermöglichen den Ländern, weitergehende Messerverbote zu erlassen. Und das kann auch anlasslos kontrolliert werden", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Die Sicherheitsbehörden sollen zudem die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen biometrische Daten im Internet abzugleichen. Die Suche nach Gesichtern und Stimmen mittels einer automatisierten Anwendung soll aber nur dann erlaubt sein, wenn dies der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) oder seine Vertretung von einem Gericht genehmigen lässt. Bei Gefahr im Verzug kann der BKA-Chef oder einer der drei Vize selbst die Anordnung für eine Dauer von maximal drei Tagen treffen.

Regelung zu Abgleich biometrischer Daten scheitert

Der zustimmungspflichtige Teil wurde vom Bundesrat nicht gebilligt. Damit müssen die Regelungen zu den Datenabgleichen eine Extrarunde drehen. Bundestag und Bundesregierung haben nun die Option, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Den nicht zustimmungsbedürftigen Teil zum Waffenrecht und den Asylregeln hat die Länderkammer dagegen gebilligt.

Kritik an den Regelungen gab es auch im Vorfeld im Bundestag: So hätte sich die Unionsfraktion weiterreichende Regelungen gewünscht. "Dieses sogenannte Sicherheitspaket ist weitgehend wirkungslos", sagte der innenpolitische Sprecher Alexander Throm (CDU). Die AfD beklagte eine aus ihrer Sicht verfehlte Migrationspolitik. Clara Bünger (Linke) sprach hingegen von ineffektiven Scheinlösungen gegen Extremismus und Islamismus. Auch FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle räumte ein, das Paket gehe nicht weit genug, sei aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verteidigte hingegen die Neuerungen als sinnvoll und angemessen. Die Forderungen der Union in der Migrationspolitik nach pauschalen Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gefährdeten Europa.

Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte im Vorfeld die Pläne kritisiert. "Dieses Gesetzesvorhaben führt zu vorsätzlich herbeigeführter Wohnungslosigkeit und Verelendung bei Schutzsuchenden", erklärte sie.

Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag auf einem Stadtfest am 23. August in Solingen, bei dem drei Menschen getötet und acht weitere verletzt worden waren, hatte eine heftige Debatte ausgelöst. Der tatverdächtige Syrer hätte eigentlich 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte. Nach dem Anschlag verständigte sich die Bundesregierung auf Verschärfungen im Migrations- und Waffenrecht sowie auf mehr Befugnisse für Ermittler. Nach einer Expertenanhörung machten die Koalitionäre Abstriche an den Plänen.

Aus der Datenbank beck-online

Kluth, Innere Sicherheit und Asylsystem – ein Schnellschuss mit Risiken, ZRP 2024, 219

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü