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Erfahrungsbericht JA 11/2023

Von Dr. Arndt Alexander Schmidt, Rechtsanwalt und Solicitor in England and Wales | Okt 16, 2023

Doppelqualifikation als »Solicitor in England and Wales«

A. Einleitung

Mit der zunehmenden Internationalisierung des Wirtschaftslebens wächst die Bedeutung einer Jurisdiktionen-übergreifenden Rechtsberatung. Vor diesem Hintergrund kann es sich auch für (angehende) deutsche Rechtsanwälte lohnen, eine ausländische Rechtsanwaltszulassung als Zusatzqualifikation zu erwerben, um damit ein vertieftes Verständnis einer ausländischen Rechtsordnung unter Beweis zu stellen. Das Recht von England (und Wales) erfreut sich – dem Brexit zum Trotz – in der Praxis nach wie vor großer Beliebtheit als Vertragsrechtsordnung in internationalen Geschäftsbeziehungen. In der Folge lohnt ein Blick auf die Voraussetzungen der Zulassung als Solicitor in England and Wales Solicitor«). Der Weg zur Qualifikation als Solicitor wurde jüngst mit Einführung der sog. Solicitors Qualifying Examination SQE«) grundlegend reformiert. Im Januar 2023 habe ich einen der ersten SQE-Prüfungsdurchgänge durchlaufen und im Anschluss die Zulassung als Solicitor erworben. Nachfolgend berichte ich von meinen Erfahrungen.

B. Voraussetzungen der Zulassung als Solicitor

Da das Vereinigte Königreich insgesamt aus drei Teilrechtsordnungen besteht – namentlich (1.) England und Wales, (2.) Schottland sowie (3.) Nordirland – erfolgt die Zulassung als Rechtsanwalt gesondert für die einzelnen Jurisdiktionen. Aus deutscher Sicht kommt dabei dem Recht von England und Wales wegen der territorialen Einbeziehung Londons als Wirtschaftszentrum in der Praxis die größte Bedeutung zu. Die englische Rechtsanwaltschaft ist funktional zweigeteilt. Sie kennt neben dem Solicitor auch den Anwaltsberuf des Barristers. Während der Solicitor seine Mandanten schwerpunktmäßig außergerichtlich berät, zB im Rahmen der Begutachtung von Rechtsverhältnissen oder der Gestaltung von Verträgen, und grundsätzlich nur vor unteren Gerichtsinstanzen auftreten darf (über den Erwerb von Zusatzqualifikationen kann ein Solicitor indes sog. higher rights of audience erwerben), nimmt der Barrister als Prozessanwalt die gerichtliche Vertretung – insbesondere vor höheren Gerichtsinstanzen – wahr. Er erbringt dafür indes selbst keine außergerichtliche Rechtsberatung und wird in der Regel nicht direkt von Rechtssuchenden, sondern vielmehr von deren Solicitor für einen Prozess mandatiert. Als Zusatzqualifikation neben einer deutschen Rechtsanwaltszulassung kommt wegen des breiteren, nicht auf Prozessvertretung verengten Tätigkeitsbereichs insbesondere der Solicitor infrage. Die Aufsichtsbehörde für den Berufsstand des Solicitors, die Solicitors Regulation Authority SRA«), hat mit Einführung der SQE im Jahr 2021 die Voraussetzungen für die Zulassung grundlegend reformiert. Jeder angehende Solicitor muss nunmehr – ungeachtet bestimmter Übergangsregelungen für Kandidaten, die vor Einführung der SQE begonnen haben, einen der vormaligen Qualifikationswege zu beschreiten – diese zentrale Berufszulassungsprüfung erfolgreich durchlaufen. Insbesondere existiert kein gesonderter Qualifikationspfad mehr für bereits zugelassene ausländische Rechtsanwälte wie noch zuvor in Gestalt des sog. Qualified Lawyers Transfer Scheme. Vielmehr müssen alle Kandidaten die einheitlich ausgestaltete und zentral abgenommene SQE absolvieren. Gleichwohl profitieren ausländische Rechtsanwälte gegebenenfalls von bestimmten Vereinfachungen im Zulassungsprozess (hierzu sogleich). Grundsätzlich müssen Kandidaten die folgenden vier Voraussetzungen für eine Zulassung als Solicitor erfüllen:

1. Zunächst ist das Vorliegen eines höheren Bildungsabschlusses erforderlich, etwa in Form eines Bachelors (bzw. eines diesem nach englischrechtlichen Maßstäben gleichgestellten Bildungsabschlusses) oder eines höheren akademischen Grades. Hierbei kann es sich um einen britischen Abschluss oder ein ausländisches Äquivalent handeln. Dabei muss der Abschluss nicht zwingend einen juristischen Hintergrund haben. Für deutsche Absolventen der ersten juristischen Staatsprüfung stellt diese Anforderung de facto keine Hürde dar.

2. Zentrales Element für die Zulassung ist das Bestehen der SQE. Diese besteht aus zwei Prüfungsteilen; SQE1 und SQE2. Dabei prüft SQE1 wesentliche Kernbereiche des englischen Rechts ab, während SQE2 insbesondere die für die Arbeit als Solicitor erforderlichen praktischen Fähigkeiten auf die Probe stellt. Kandidaten müssen beide Teile erfolgreich bestreiten, wobei in Deutschland zugelassene Rechtsanwälte eine Befreiung von SQE2 beantragen können (s. hierzu näher unter Ziffer C.II.). Beide Prüfungsteile können – im Falle des Nichtbestehens – je zweimal wiederholt werden. In der Theorie haben Kandidaten bis zu sechs Jahre Zeit, um beide Teile zu bestehen, wobei diese Frist mit dem ersten Prüfungstag des ersten Versuchs von SQE1 beginnt.

3. Grundsätzlich müssen Kandidaten zwei Jahre Berufserfahrung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit im Bereich Rechtsdienstleistungen (qualifying work experience) vorweisen. Englische Kandidaten erfüllen diese Vorgabe typischerweise – wenngleich nicht zwingend – über eine Tätigkeit als sog. trainee solicitor in einer Rechtsanwaltskanzlei. Für zugelassene ausländische Rechtsanwälte entfällt die Anforderung an die Berufserfahrung indes vollständig.

4. Schließlich prüft die SRA die charakterliche Eignung der Kandidaten. In diesem Kontext ist eine Selbstauskunft, ein Nachweis über Identität und Wohnsitz sowie die Vorlage eines (deutschen) Führungszeugnisses erforderlich.

C. Inhalte und Ablauf der SQE

Wie erwähnt, besteht die SQE aus zwei Teilprüfungen. Diese umfassen ihrerseits verschiedene schriftliche und zum Teil – im Rahmen von SQE2 – mündliche Prüfungsleistungen. Die SRA nimmt dabei die SQE nicht selbst ab, sondern hat mit der Kaplan SQE Ltd. (»Kaplan«) einen Privatanbieter mit der Prüfungsdurchführung beauftragt. Sämtliche schriftlichen Prüfungsbestandteile basieren dabei auf computergestützten Tests und finden in den (weltweiten) Testzentren des Anbieters Pearson VUE statt. Deutsche Standorte befinden sich derzeit in Berlin, Frankfurt, Hamburg und München. Die mündlichen Prüfungsleistungen finden aktuell ausschließlich in London, Cardiff, Birmingham und Manchester statt.

I. SQE1 – Functioning Legal Knowledge

SQE1 prüft im Rahmen eines Multiple-Choice-Tests anwendungsbezogen das materiell-rechtliche und prozessuale Wissen der Kandidaten im englischen Recht. Dies bedeutet, dass die Prüflinge ihre Rechtskenntnisse auf praxisnahe, mandantenbezogene Szenarien anwenden müssen (Maßstab des sog. Functioning Legal Knowledge). Der zur Beantwortung der Fragen erforderliche Wissensstand entspricht dabei jenem eines gerade zugelassenen Rechtsanwalts ohne signifikante Berufserfahrung (newly qualified lawyer). Dies bedeutet, dass Kenntnisse der grundlegenden Strukturen und Rechtsprinzipien in den relevanten Themengebieten geprüft werden. Vertiefte Detailkenntnisse zu Spezialfragen, die ein Berufsanfänger recherchieren müsste, werden nicht vorausgesetzt. Bis auf wenige Ausnahmen müssen Prüflinge für die Beantwortung der Fragen keine konkreten Präzedenzfälle oder gesetzlichen Vorschriften auswendig lernen. Lediglich nach bestimmten Fällen oder Normen bezeichnete Rechtsprinzipien (zB Rule in Rylands v Fletcher oder CPR Part 36 offer) sollten bekannt sein.

1. Themengebiete

SQE1 umfasst verschiedenste Bereiche des (formellen und materiellen) englischen Rechts. Sie gliedert sich wiederum in zwei Prüfungsteile, das sog. Functioning Legal Knowledge FLK«) 1 und 2. FLK 1 beinhaltet die Themengebiete (1.) Business Law and Practice (Gesellschaftsrecht nebst Grundzügen der Unternehmensfinanzierung und -insolvenz), (2.) Dispute Resolution (Zivilprozessrecht und Formen alternativer Streitbeilegung), (3.) Contract (Vertragsrecht), (4.) Tort (Deliktsrecht), (5.) Legal System of England and Wales ( allgemeine Kenntnisse des Rechtssystems und juristischer Methodik), (6.) Constitutional and Administrative Law and EU Law ( Verfassungsrecht, ausgewählte Aspekte des Verwaltungsrechts einschließlich der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungshandeln sowie die Relevanz von EU-Recht nach dem Brexit) und (7.) Legal Services (Regulierungsrahmen von Rechtsdienstleistern). FLK 2 behandelt die Bereiche (1.) Property Practice (Übertragung von Rechten an Grundstücken; sog. conveyancing), (2.) Wills and the Administration of Estates (Erbrecht und Nachlassverwaltung), (3.) Solicitors Accounts (anwaltliche Buchführung), (4.) Land Law (Immobiliarsachenrecht), (5.) Trusts (Trusts-Recht als Common Law- Besonderheit) sowie (6.) Criminal Law and Practice (Straf- und Strafprozessrecht). Daneben wird das anwaltliche Berufsrecht übergreifend, dh in sämtliche der vorstehenden Themenbereiche integriert, mit abgeprüft. Grundzüge des Steuerrechts werden schließlich im Rahmen der Themengebiete Business Law and Practice, Property Law and Practice sowie Wills and the Administration of Estates geprüft.

2. Prüfungsmodus

Derzeit finden für SQE1 zwei Prüfungsdurchgänge pro Jahr (im Januar und Juli) statt. Dabei finden die Teilprüfungen FLK 1 und 2 an verschiedenen Prüfungstagen statt und können separat abgelegt bzw. bestanden werden. Es ist daher möglich, in einem Prüfungsdurchgang beide oder eine einzelne Teilprüfung zu absolvieren. Im Falle des Bestehens nur eines Teilbereichs ist allein der nicht bestandene Prüfungsteil zu wiederholen. Die Prüflinge müssen im Rahmen von SQE1 insgesamt 360 Multiple- Choice-Fragen beantworten. Für jede Frage ist aus fünf Antwortmöglichkeiten die jeweils Beste zu wählen (single best answer). Es können daher gegebenenfalls mehrere Antwortmöglichkeiten formal zutreffen. Die Kunst besteht in diesem Fall darin, diejenige Antwort zu identifizieren, welche die Frage am präzisesten bzw. ausführlichsten beantwortet. Jeder Frage ist ein Sachverhalt unterschiedlicher Länge vorangestellt, auf den sich die Frage bezieht. Die Arten von Fragestellungen variieren und umfassen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) zB das Benennen und/oder Anwenden eines Rechtsprinzips, die Darlegung, wie ein Rechtsgrundsatz ordnungsgemäß angewandt werden sollte und zu welchem Ergebnis dies führt, die Erteilung eines begründeten Rechtsrats an den Mandanten, ob bzw. wie ein gewünschtes Ergebnis erzielbar ist, oder – sofern die Frage das Ergebnis bereits benennt – die Erklärung, warum die Anwendung eines Rechtsprinzips zu einem bestimmten Ergebnis führt. In einigen wenigen Steuerrechtsfragen müssen Kandidaten zudem konkrete Steuerbeträge berechnen. Hierfür steht als Hilfsmittel ein Taschenrechner zur Verfügung; sich regelmäßig ändernde Steuersätze werden in der Frage vorgegeben. Jeder Prüfungstag unterteilt sich in eine Vormittags- und Nachmittagssitzung von je zwei Stunden und 33 Minuten. Während der Prüfung läuft ein Countdown herunter. Pro Sitzung müssen Kandidaten 90 Fragen beantworten. Hieraus ergibt sich für die Beantwortung jeder Frage im Schnitt ein Zeitkontingent von einer Minute und 42 Sekunden, wobei die Fragen allerdings in Umfang und Komplexität variieren. Diese Vorgabe ist durchaus ambitioniert, da man sich jeweils neu in unterschiedlichste Sachverhalte eindenken – gute (allgemeine und rechtsspezifische) Englischkenntnisse sind insofern unverzichtbar – und die rechtliche Analyse zügig durchführen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass innerhalb der Teilprüfungen FLK 1 und 2 die einzelnen Fragen nicht nach Themenbereichen sortiert bzw. zahlenmäßig paritätisch auf diese verteilt sind. Es können sich mithin Fragen unterschiedlichster Rechtsgebiete unmittelbar abwechseln. Auch kann man nicht verlässlich bei einzelnen Themengebieten »auf Lücke setzen«. Die für das Bestehen erforderliche Quote richtiger Antworten wird von Kaplan in jedem einzelnen Prüfungsdurchgang unter Berücksichtigung des Abschneidens der Gesamtkohorte für FLK 1 und 2 separat festgelegt. In den bisherigen Durchgängen mussten Kandidaten jeweils im Bereich von 55 – 60 % der Fragen richtig beantworten. Dies ist angesichts der Breite des abgeprüften Stoffs durchaus herausfordernd. So haben im Durchgang Januar 2023 insgesamt nur ca. 51 % der Teilnehmer sowohl FLK 1 und 2 und damit SQE1 in einem Anlauf bestanden. Die Prüfungsgebühren für die SQE1 belaufen sich aktuell auf insgesamt 1.798 GBP (je 899 GBP für FLK 1 und 2).

II. SQE2 – Legal Skills

Wie eingangs erwähnt, können sich deutsche Rechtsanwälte von der SQE2 befreien lassen. Insofern hat die Bundesrechtsanwaltskammer bei der SRA eine generalisierte Ausnahme erwirkt (agreed exemption). Dem entsprechenden Antrag bei der SRA ist eine (englischsprachige) Erklärung der zuständigen Rechtsanwaltskammer beizufügen, aus der hervorgeht, dass der Antragsteller als Rechtsanwalt in Deutschland zugelassen und Mitglied der jeweiligen Kammer ist sowie der Kammer keine disziplinarischen Sanktionen wegen Berufsrechtsverstößen bekannt sind. Obwohl ich persönlich von dieser Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe, möchte ich nachfolgend überblicksartig einige Hinweise zu Inhalt und Ablauf der SQE2 geben, die für Kandidaten relevant sein mögen, die keine deutsche Rechtsanwaltszulassung besitzen. SQE2 prüft verschiedene praxisrelevante Fertigkeiten eines Solicitors ab. Die Prüfung gliedert sich wiederum in zwei Teile, namentlich einen mündlichen (SQE2 oral) und einen schriftlichen (SQE2 written) Part. Im Gegensatz zum SQE1 werden beim SQE2 die einzelnen Teile jedoch nicht gesondert absolviert und bewertet. Es wird vielmehr eine Gesamtnote gebildet, die über das Bestehen von SQE2 entscheidet. Dabei besteht SQE2 oral aus zwei Prüfungstagen mit je zwei Prüfungsleistungen. SQE2 written umfasst drei Prüfungstage mit je vier Prüfungsleistungen. Pro Jahr finden vier Prüfungsdurchgänge (im Januar, April, Juli und Oktober) statt. Die Prüfungsgebühren belaufen sich auf derzeit 2.766 GBP. Im Rahmen der mündlichen Prüfungsleistungen müssen Kandidaten nach Lektüre von Sachverhaltsunterlagen und kurzer Vorbereitung (1.) ein Plädoyer halten und (2.) ein Mandantengespräch führen, dessen Inhalt anschließend handschriftlich zusammenzufassen und einer vorläufigen rechtlichen Einschätzung zuzuführen ist. Die schriftlichen Prüfungskomponenten umfassen (1.) eine rechtliche Begutachtung (einschließlich Erteilung eines Mandantenrats) in Bezug auf einen konkreten Fall, (2.) eine Rechtsrecherche auf Basis von zur Verfügung gestellten Quellen nebst schriftlichem Vermerk zum Ergebnis, (3.) ein anwaltliches Schreiben, zB an den Mandanten, einen Dritten oder die Gegenseite in einem Rechtsstreit, und (4.) die Gestaltung oder Überarbeitung eines Rechtsdokuments wie zB eines Vertrags. Thematisch beziehen sich die vorstehenden Prüfungsleistungen auf die folgenden Bereiche anwaltlicher Beratungspraxis: (1.) Strafrechtliche Verfahren, (2.) Zivilverfahren und alternative Streitbeilegung, (3.) Immobilienrecht, (4.) Erbrecht und Nachlassverwaltung sowie (5.) Unternehmensrecht. Jede der insgesamt 20 Prüfungsleistungen im Rahmen von SQE2 wird auf einer Notenskala von A (Bestnote) bis F (schlechteste Note) bewertet. Hieraus wird eine Gesamtnote gebildet, die ausschlaggebend für das Bestehen ist. Im letzten Prüfungsdurchgang haben 77 % der Teilnehmer die SQE2 bestanden.

D. Prüfungsvorbereitung

Weder die SRA noch Kaplan als Prüfungsveranstalter bieten einen Vorbereitungskurs für die SQE an. Kandidaten müssen mithin auf die Dienste privater Anbieter zurückgreifen. Seit Einführung der SQE hat sich bereits eine beträchtliche Anzahl an Kursangeboten für beide Prüfungsteile herausgebildet (eine Liste von Kursanbietern veröffentlicht die SRA unter https://www.sra.org.uk/becomesolicitor/sqe/training-provider-list/). Hieraus können Prüflinge ein zu ihren persönlichen Umständen und Lernpräferenzen passendes Programm auswählen. So werden Vorbereitungskurse in Präsenz (zumeist in England) oder remote angeboten. Es existieren Vollzeitwie auch dem Zeitaufwand nach abgestufte Teilzeitmodelle. Auch variieren die Angebote mit Blick auf Lehrmethoden und -materialien (zB Skripte, Vorlesungen, Karteikarten oder interaktive Q&A-Anwendungen) sowie das Maß der Strukturierung des Stoffes bzw. der Hilfestellung durch den Anbieter (zB wochengenaue Lernpläne oder Unterstützung durch persönliche learning coaches). Dementsprechend unterschiedlich fällt die Preisgestaltung aus. Eine reine Vorbereitung im Selbststudium ist mit entsprechenden Materialien bereits für ca. 500 GBP (zusammen für beide Prüfungsteile) möglich. Stärker anleitende Angebote können insgesamt mit über 10.000 GBP zu Buche schlagen. Ich selbst habe mich für einen umfangreich vorstrukturierten Online-Kurs des Anbieters BARBRI entschieden, den ich neben meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt im Wesentlichen an den Wochenenden über einen Zeitraum von 20 Wochen absolviert habe. Unabhängig davon, für welchen Anbieter sich Kandidaten entscheiden, bietet es sich nach meiner Erfahrung an, eine hinreichende Anzahl von (größtenteils in den Vorbereitungskursen inkludierten) Probeprüfungen zu absolvieren, um sich insbesondere mit dem für deutsche Juristen unbekannten Prüfungsmodus des Multiple-Choice-Tests vertraut zu machen.

E. Zulassung

Mit Bestehen der SQE und Erfüllung der weiteren Voraussetzungen kann man die Zulassung als Solicitor (admission to the roll of solicitors) bei der SRA beantragen. Mit Zulassung wird man automatisch Mitglied der Law Society of England and Wales, dem Berufsverband der Solicitors. Wer mag, kann seine Aufnahme in die Zunft der englischen Rechtsanwälte – stilecht in gown, der traditionellen Gerichtskleidung – im Rahmen einer der regelmäßig stattfindenden Zulassungs-Zeremonien in der historischen Hall der Law Society in der Londoner Chancery Lane gebührend begehen. Die Zulassung berechtigt für sich genommen nicht automatisch dazu, auch als Solicitor zu praktizieren, dh Rechtsberatungsdienstleistungen in England zu erbringen. Hierfür ist zusätzlich ein bei der SRA zu beantragendes sog. practising certificate erforderlich. Wer sich im Rahmen der Prüfung von SQE2 befreien lassen hat, muss vor der Beantragung des practising certificate gegebenenfalls seine Sprachkompetenz im Englischen nachweisen. Dies kann etwa über einen Sprachtest eines anerkannten Anbieters (zB Cambridge, TOEFL oder IELTS) auf dem Niveau C2 oder durch ein in englischer Sprache absolviertes Studium erfolgen. Ob sich ein mit weiteren (insbesondere auch laufenden) Kosten verbundenes practising certificate für den deutschen Juristen lohnt, muss individuell betrachtet werden. Wer im Rahmen seiner Kanzleitätigkeit keine förmliche Rechtsberatung nach englischem Recht vornimmt, etwa weil insofern eine ständige Kooperation mit englischen Partnerkanzleien stattfindet, wird regelmäßig kein practising certificate benötigen. Für Rechtsanwälte in internationalen Kanzleien, die auch im englischen Recht beraten, oder für deutsche Juristen, die ihre Berufstätigkeit komplett nach England verlagern wollen, ist ein praticing certificate dagegen sinnvoll bzw. obligatorisch.

F. Fazit

Insgesamt lohnt sich die Zulassung als Solicitor für jeden, der sich vertiefte, praxisbezogene Kenntnisse des englischen Rechts aneignen möchte. Zwar wurden mit Einführung der SQE die Anforderungen hierfür angesichts der Breite des zu bewältigenden Stoffes tendenziell verschärft. Vice versa bedeutet dies jedoch, dass die Kandidaten ein fundiertes Grundverständnis wesentlicher Bereiche der englischen Rechtsordnung erlangen. Ein solches ist ungemein nützlich, wenn man als deutscher Rechtsanwalt in grenzüberschreitenden Konstellationen mit Bezug zum englischen Recht berät. Bei einer genuinen Beratung nach englischem Recht ist es sogar unabdingbar. Schließlich dokumentiert man durch die Zusatzqualifikation als Solicitor diesen Kenntnisstand auch nach außen und empfiehlt sich britischen Berufskollegen mithin als kompetenter Ansprechpartner.

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