Erfahrungsbericht JA 6/2021
Von
Ref. iur. Pascal Förster, Mag. iur. | Mai 18, 2021
Das verwaltungswissenschaftliche Ergänzungsstudium als Onlinesemester
Einführung
Dieser Beitrag soll als Erfahrungsbericht spezifisch das Onlinestudium im Rahmen des verwaltungswissenschaftlichen Ergänzungsstudiums an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) Speyer darstellen. Anlass des Beitrages ist, dass nunmehr schon das dritte Semester pandemiebedingt online durchgeführt werden muss.
Hinsichtlich der Regelsituation in Speyer wird auf den Beitrag Wiesner JA 4/2016, IV ff., verwiesen. Auch in einer Vielzahl von Referendarforen wird regelmäßig über das verwaltungswissenschaftliche Ergänzungsstudium berichtet und zum Teil auch diskutiert.
Die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
Die DUV Speyer wurde 1947, damals noch als Staatliche Akademie für Verwaltungswissenschaften Speyer, durch die französische Besatzungsmacht nach dem Vorbild der erst zwei Jahre zuvor errichteten französischen École nationale d’administration (ENA) gegründet. Ab 1950 erfolgte die Ausbildung von Rechtsreferendaren. Motivation für die Gründung war es, eine unbelastete Ausbildung zu gewährleisten bzw. unbelastetes Personal für die Verwaltungsspitzen zu gewinnen. Jüngst ist Medienberichten zu entnehmen, dass es in Frankreich Bestrebungen auf höchster Ebene gebe, die ENA zu schließen. Die DUV Speyer kann eine Vielzahl an honorigen Absolventen vorweisen, die nunmehr zum Teil selbst als Dozenten an der DUV tätig sind. Ein umfassendes Netzwerk an Partnerhochschulen, unter anderem der ENA, vernetzt die DUV vor allem in Europa. Zudem ist in Speyer das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV) angesiedelt.
Es werden mehrere postgraduierte Abschlüsse angeboten, wie zB der Mag. rer. publ., der MPA (Wissenschaftsmanagement), der M. A. (Public Administration/Öffentliche Wirtschaft) oder der LL.M. (Staat und Verwaltung in Europa). Zudem werden andere Programme wie der Master of European Governance and Administration (MEGA), European Master of Public Administration (EMPA), Summer Studies »on the rhine« (OTR) angeboten. Für Juristen sind vor allem der LL.M. und der Mag. rer. publ. relevant. Ebenso sind Promotionen zum Dr. jur., Dr. rer. publ. und Dr. rer. pol. möglich.
Verwaltungswissenschaftliches Ergänzungsstudium
Ziel des verwaltungswissenschaftlichen Ergänzungsstudiums ist es, eine Vorbereitung für die Übernahme einer Führungsaufgabe im Öffentlichen Dienst zu bieten. Dazu sollen die juristischen Kenntnisse über Staat und Verwaltung vertieft werden sowie eine Perspektivenerweiterung zu anderen Wissenschaften stattfinden. Für Referendare sind als Mindestanforderung eine Anzahl an Semesterwochenstunden (derzeit, jedenfalls für NRW, mindestens 17 bzw. 20 Semesterwochenstunden, abhängig von der Durchführung der Landesübung) und bestimmte Arten der zu besuchenden Vorlesungstypen (derzeit mindestens ein Seminar und eine Projekt-Arbeitsgemeinschaft) festgelegt. Zum Teil gibt es bei einzelnen Entsendeländern je nach Station weitere Vorgaben (Stundenzahl, Pflichtveranstaltungen, Fächer etc.), die zu beachten und gegebenenfalls vorab zu recherchieren sind.
Der in die Breite und zugleich in die Tiefe gehende Fächerkanon aus akademischer Theorie und fachlicher Praxis findet sich im Vorlesungsverzeichnis, auf das an dieser Stelle verwiesen wird. Es werden über das rein akademische Programm hinaus eine Vielzahl an Veranstaltungen zur Examensvorbereitung angeboten, welche für Referendare besonders interessant sind.
Erforderlich ist eine Entsendung/Zuweisung durch das jeweilige Bundesland. Die Entsendemöglichkeiten sind nach Stationen (Wahl-/RA-/Verwaltungsstation) in den Ländern leicht unterschiedlich. Die quantitativen Entsendemöglichkeiten/-kapazitäten sollen bereits vor der Pandemielage wohl nicht ausgeschöpft worden sein. Für NRW gilt, dass die Entsendemöglichkeiten (derzeit bis zu 102 Referendare pro Semester) in der Regel nicht vollständig ausgeschöpft werden. Dem Betreuungsverhältnis ist das zuträglich. So ist das Betreuungsverhältnis gerade in spezifischen Vorlesungen exzellent, zum Teil sogar im einstelligen Bereich.
Es empfiehlt sich, was nicht pandemiespezifisch ist, frühzeitig unter Einhaltung des Dienstweges Kontakt zu den relevanten Stellen (Landesjustiz/DUV Speyer), gegebenenfalls nach vorheriger telefonischer Vorabsprache, aufzunehmen, um alle aufkommenden Fragen zu klären. Dies gilt umso mehr, wenn die Deckungsgleichheit zwischen Referendariat und Vorlesungszeiten in Speyer nur durch einen Stationentausch, eine Stationenunterbrechung und/oder gegebenenfalls ein Vorziehen von Stationen oder ähnliches erreicht werden kann, was in NRW gegebenenfalls Rückwirkung auf die zu besuchenden Arbeitsgemeinschaften und den weiteren Ablauf des Referendariats hat.
Gerade für ambitionierte Referendare oder für Referendare, die sich ihre Leistungen aus dem verwaltungswissenschaftlichen Ergänzungsstudium für weitere postgraduierte Abschlüsse in Speyer anrechnen lassen wollen, bietet es sich an, die Studienberatung schon vor Beginn des Semesters proaktiv zu kontaktieren, da die Anrechnungsfähigkeit des Speyer-Semesters für spätere Abschlüsse recht komplex ist und daher eine sorgsame Planung der belegten Vorlesungen (Teilnahmenachweis/Leistungsnachweis/etc.) voraussetzt, zugleich aber recht früh im Semester über die zu Belegung entschieden werden muss. Um hier eine möglichst große Anerkennungsbreite der belegten Vorlesungen zu erreichen, ist schon bei Planung des Semesters eine bewusste Entscheidung darüber angezeigt, welcher potentielle spätere Anerkennungsfall (zB LL.M./Mag. rer. publ./etc.) vorliegen wird. Ebenso sollte man sich bereits vor Beginn des Semesters reflektiert überlegen, was das Ziel des Ergänzungsstudiums ist. In Betracht kommen unter anderem: Anerkennung für postgraduierte Abschlüsse, Examensvorbereitung, akademische Profilierung oder ähnliches. Von dieser reflektierten Entscheidung hängt dann die Auswahl der Fächer und auch die Notwendigkeit von Teilnahme-/Leistungsnachweisen ab.
Langfristig ist neben den oben genannten Aspekten auch beruflich von Vorteil, dass als Alumni die Möglichkeit besteht, über das Alumni-Netzwerk mit der DUV und Kommilitonen in Kontakt zu bleiben.
Am Ende des Semesters erhält man als Referendar, sofern und soweit man die Voraussetzungen erfüllt, erstens ein Stationenzeugnis, in dem das Seminar und die Projekt-AG mit Note ausgewiesen sind, und zweitens eine beglaubigte Leistungsübersicht, in der alle belegten Veranstaltungen/abgelegten Prüfungen dokumentiert sind.
Besonderheiten des Onlinestudiums
Die Hochwertigkeit der Ausbildung, die fachliche Breite und Tiefe sind auch digital exzellent. Auch die Bereicherung durch die Erfahrungen teils hochkarätiger Dozenten aus Politik und Verwaltung ist ungebrochen. Es mag kurios klingen, aber eine leistungsfähige Internetverbindung ist conditio sine qua non für die erfolgreiche Teilnahme, so hatten vereinzelte Teilnehmer gelegentlich Verbindungsprobleme bei der Teilnahme.
Problematisch erweist sich bisweilen der eingeschränkte Literaturzugang, den manche Dozenten vorbildlich durch Materialien kompensieren
konnten. Hörer bzw. Kommilitonen, die bereits das Präsenzstudium wie auch das Onlinestudium kennengelernt hatten, berichteten, dass der Arbeitsaufwand im Onlinestudium höher sei. Vorteilhaft ist im Rahmen des Onlinestudiums die Vermeidung von Unterbringungskosten in Speyer, die entfallenden Fahrtkosten und, sofern man es so empfinden mag, die etablierte Arbeitssituation des Home-Office. Für viele Studierende war die Vereinbarkeit des Onlinestudiums mit den übrigen familiären, sozialen und beruflichen Verpflichtungen bisweilen leichter herzustellen als im Präsenzstudium.
Zu beachten ist, dass im Rahmen des Onlinesemesters die Landesübungen zum Teil für manche Länder nicht angeboten werden. Für NRW gilt daher beispielsweise, dass regulär die AG bei der Bezirksregierung bei Entsendung in der Verwaltungsstation zu besuchen ist. Dies schränkt die Wahlmöglichkeiten erheblich ein, insbesondere wegen Unvereinbarkeit von bestimmten Wahlkombinationen.
Auch außerhalb der Entsendung als Referendar ist ein Besuch der Vorlesungen bei der DUV möglich, was hier einer kurzen Erwähnung bedarf. Als Gasthörer kann man diese Angebote ebenfalls nutzen. Zudem können auch sog. externe Referendare an der Zusatzqualifizierung für Referendare, unabhängig von Entsendung oder Gasthörerstatus, teilnehmen.
Letztlich muss man sich darüber bewusst sein, dass die tägliche Bildschirmzeit sehr hoch ist. Neben der Vorlesungszeit dürfte auch der Großteil der Vor- und Nachbereitung, Recherche, Erstellung von Ausarbeitungen, etc. vor dem Bildschirm erfolgen. Trotz aller Bemühungen der DUV und der Kommilitonen der Hörerschaft, fehlt doch der kurzfristige, niedrigschwellige Austausch, der typischerweise nur in Präsenz erfolgen kann. Dennoch kann die soziale Interaktion bei etwas gutem Willen über verschiedene digitale Formate entstehen; sei es durch die Veranstaltungen der Hörerschaft, durch das Engagement der einzelnen Dozenten oder sei es auch einfach durch direkte Ansprache untereinander. Zum Teil bestehen auch schon vorher Kennverhältnisse untereinander. Wer bloß passiv an den digitalen Formaten teilnimmt, wird wohl weniger leicht neue Kontakte und auch keine Bindung zum Dozenten aufbauen. Der Aufnahme in das Alumni-Netzwerk steht die Online-Durchführung nicht entgegen.
Das Engagement der Universität, insbesondere der Dozenten, aber auch der Verwaltungsmitarbeiter, trotz Pandemiesituation ein bestmögliches Speyer-Semester anzubieten, verdient Wertschätzung. Optimierungspotential besteht lediglich im Bereich der Kommunikation und der Digitalisierung des Prüfungswesens.
Fazit
Für alle Beteiligten ist das Onlinesemester eine Herausforderung. Wie bereits dargestellt, hat das Onlinesemester Vorteile, aber auch Nachteile, denen man sich bewusst sein muss. Der Qualität der Ausbildung schadet das Onlinesemester nicht, gerade wegen des hohen Einsatzes einiger Dozenten, aber auch vieler Hörer. Durch die frühzeitige Koordination und Nutzung der Beratungsangebote lassen sich in der Regel sinnvolle Lösungen finden. Von allen Beteiligten auf jeder Ebene sind hierbei ein gewisses Wohlwollen und ein Mindestmaß an Flexibilität erforderlich.
Weitere Informationen finden sich unter der URL: www.uni-speyer.de
Ref. iur. Pascal Förster, Mag. iur.
(Der Verfasser hat die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer zwecks Absolvierung des dreimonatigen verwaltungswissenschaftlichen Ergänzungsstudiums im Zeitraum von November 2020 bis Januar 2021 im Rahmen der Verwaltungsstation als Rechtsreferendar des Landes NRW besucht.)