Erfahrungsbericht JA 6/2018
Von
Fabian Landscheidt, Doktorand bei Herrn Prof. Dr. Jan Busche, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Gewerblichen Rechtsschutz an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf | Mai 23, 2018
Erfahrungsbericht zur Absolvierung der Wahlstation bei der Europäischen Kommission
Ende letzten Jahres habe ich im Rahmen des Rechtsreferendariats im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf meine Wahlstation bei der Europäischen Kommission Generaldirektion GROW absolviert. Der Beitrag soll interessierten Referendarinnen und Referendaren einen kleinen Einblick in die Arbeit und Abläufe des größten Organs der Europäischen Union (EU) verschaffen und Hinweise für eine etwaigeBewerbung geben.
A. Meine Motivation
Die Gründe für die Absolvierung einer Referendarsstage im Ausland sind vielfältig. Während manche Referendarinnen und Referendare Erfahrungen im internationalen Wirtschaftsleben an Kanzlei- oder Unternehmensstandorten außerhalb Deutschlands sammeln möchten, nutzen andere die Gelegenheit, um über die Arbeit bei einer Botschaft oder einem Standort der Außenhandelskammer die Menschen und die Kulturen anderer Länder kennenzulernen.
Bei mir stand das Interesse im Vordergrund, einen Blick hinter die Kulissen eines der wichtigsten Organe der EU zu erhalten. Ein paar Grundkenntnisse über den Aufbau und die Befugnisse der Kommission waren aus der Vorlesung zum Europarecht sicherlich noch vorhanden (Art. 17 des Vertrages über die Europäische Union, »Hüterin der Verträge«). Doch wie genau dort Entscheidungen zustande kommen, war mir nicht bewusst. Ich wollte daher erfahren, was für Menschen dort arbeiten und letztlich auch, ob die Arbeit bei der Kommission für meinen späteren Berufsweg infrage kommt.
B. Meine Arbeit bei der Kommission
Nach einer kurzen Vorstellung des Aufbaus und Aufgabenbereichs meiner Ausbildungsstelle werde ich im Folgenden meine Eindrücke und Tätigkeiten anhand einiger beispielhafter, nicht abschließender Projekte darstellen.
I. Meine Unit
Die Generaldirektion (Directorate-General) GROW ist mit 951 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größten der zurzeit über 30 Generaldirektionen der Kommission. Sie ist zuständig für die EU-Politik in den Bereichen Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und gliedert sich in elf Abteilungen (Directorates) mit je drei bis fünf Referaten (Units).
Der Name des Referats, dem ich zugeteilt wurde, beschreibt gleichzeitig dessen Aufgabenbereich: Intellectual Property and the Fight against Counterfeiting, was wohl am ehesten mit »Geistiges Eigentum und der Kampf gegen Produktfälschungen« übersetzt werden kann. Dabei ist das Referat in verschiedene Aktenvorgänge (files) untergliedert, die sich überwiegend an den betroffenen Schutzrechten orientieren (zB Patente, Marken, Designs) und für die in der Regel jeweils eine Sachbearbeiterin oder ein Sachbearbeiter (Policy Officer) die Hauptverantwortung übernimmt. Da ich bei meiner Ankunft gerade der einzige Trainee war, hatte ich das große Glück, bei vielen verschiedenen Projekten mitwirken zu dürfen.
II. Meine Aufgaben
Meine Aufgabe bestand in erster Linie darin, meine Ausbilder (Supervisor) bei der Bearbeitung ihrer Aktenvorgänge zu unterstützen, insbesondere durch die Mithilfe beim Entwurf von Dokumenten sowie durch tatsächliche und rechtliche Recherchen. Hinzu kam häufig die Organisation und Protokollierung von internen und externen Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern anderer europäischer Dienststellen, internationaler Organisationen, Mitgliedstaaten, Wirtschaftsverbänden und Nicht-Regierungs-Organisationen.
1. Fertigstellung eines Maßnahmenpakets
Das wichtigste Projekt während meines Aufenthalts war sicherlich die Mithilfe bei der Fertigstellung eines Maßnahmenpakets, das unter anderem Leitfäden und Handlungsempfehlungen zur einheitlichen Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sowie zur transparenteren Lizensierung standard-essentieller Patente enthält. Da diese Konsultationsdokumente teilweise Themen betrafen, die auch in den Zuständigkeitsbereich anderer Generaldirektionen fallen, mussten diese die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (sog. inter-service consultation). Die Herausforderung in diesem Verfahrensschritt bestand für das Referat vor allem darin, die verschiedenen Positionen in angemessener Weise zu berücksichtigen und gleichzeitig mit den Prioritäten der gesamten Kommission in Einklang zu bringen. Die Ergebnisse wurden schließlich im Rahmen einer Pressekonferenz am 29.11. 2017 im berühmten Presseraum des Berlaymont-Gebäudes der Öffentlichkeit präsentiert. Hierzu stellte die zuständige Kommissarin, Frau Elżbieta Bieńkowska, zusammen mit dem Vize-Präsidenten der Kommission, Jyrki Katainen, das Maßnahmenpaket inhaltlich vor und beantwortete anschließend Fragen des anwesenden Presse- und Fachpublikums.
2. Weiterentwicklung freiwilliger Maßnahmen
Ein weiteres spannendes Projekt betraf die fortlaufenden Bemühungen der Kommission, die zunehmenden Schutzrechtsverletzungen im Internet insbesondere beim Online-Handel (zB durch Anbieten gefälschter Produkte) zu unterbinden. Als Ergänzung zum bestehenden europäischen Rechtsrahmen und den gerichtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten setzt man hierzu seit einigen Jahren vermehrt auf die Förderung freiwilliger Maßnahmen. So hat die Kommission etwa betroffene Rechteinhaber und Betreiber von Online-Plattformen dabei unterstützt, sich gegenseitig im Rahmen einer rechtlich nicht-bindenden Absichtserklärung zur Einhaltung bestimmter Verhaltensweisen und Verfahren im Hinblick auf die Löschung rechtswidriger Internet-Angebote zu verpflichten. Einmal sollte ich den Verlauf eines Treffens protokollieren, bei dem alle derzeitigen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Vereinbarung zusammenkamen, um über deren aktuellen Stand und deren geplante Weiterentwicklung zu diskutieren. Dabei empfand ich es als besonders interessant, beobachten zu dürfen, wie Vertreterinnen und Vertreter international tätiger Unternehmer miteinander agierten und gemeinsam Lösungsansätzen erarbeiteten.
3. Fragen zu Geschäftsgeheimnissen
Einer mehr juristischen Tätigkeit durfte ich Rahmen der Bearbeitung des Aktenvorgangs zu den Geschäftsgeheimnissen nachgehen. Die Vorschriften der hierzu vor knapp zwei Jahren in Kraft getretenen Richtlinie (Geschäftsgeheimnisse-Richtlinie) sind von den Mitgliedstaaten noch bis zum 8. Juni dieses Jahres in nationales Recht umzusetzen. Im Rahmen des Umsetzungsverfahrens ist es nicht unüblich, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten die Kommission bei bestimmten Auslegungs- oder Anwendungsproblemen direkt kontaktieren und um unverbindlichen Rat bitten. So durfte ich etwa die Antwort auf eine Anfrage eines Ministeriums eines Mitgliedstaates entwerfen. Bei der Bearbeitung war es spannend, die Position der Kommission einzunehmen und dementsprechend die Formulierung an deren Sprachstil anzupassen. Da es zu diesem Zeitpunkt nur wenige Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum Thema gab, musste man zur rechtlichen Beurteilung auf die Begleitdokumente aus dem Gesetzesverfahren sowie die üblichen Auslegungsmethoden zurückgreifen.
B. Hinweise zum Bewerbungsverfahren
Mein Weg zur Kommission führte – wie so häufig im Leben – über Umwege. Ich absolvierte zunächst meine Verwaltungsstation bei der Vertretung des Landes Nordrhein Westfalen (NRW) bei der EU in Brüssel. Erst dort erfuhr ich (durch Zufall), dass es Referendarinnen und Referendaren überhaupt möglich ist, eine Stage bei der Kommission abzuleisten. Ohne die Hinweise von ehemaligen Referendarinnen und Referendaren aus dem Bekanntenkreis oder Referentinnen und Referenten im Rahmen von Informationsveranstaltungen zu Beginn des Referendariats sind Informationen zum Ablauf einer solchen Stage meist nur spärlich vorhanden. Das liegt unter anderem auch daran, dass diese Form des Praktikums bei der Kommission selbst eine Ausnahmestellung einnimmt.
I. Bewerbung als Atypical Traineeship
Da sich die Juristenausbildung in Deutschland – mit wenigen Ausnahmen wie dem LL.B. (Bachelor of Laws) – ausschließlich nach nationalem Recht richtet (insbes. Juristenausbildungsgesetze der Bundesländer), existieren bei den europäischen Institutionen keine mit der »Verwaltungsstation« oder »Wahlstation« vergleichbaren Ausbildungsabschnitte. Die Position, die für Referendarinnen und Referendare dort am ehesten in Betracht kommt, ist daher das sog. Atypical Traineeship oder Stage Atypique.
1. Der atypische Blue Book-Trainee
Atypisch sind all diejenigen Trainees, die nicht am offiziellen Praktikumsprogramm der Kommission teilnehmen, dem sog. Blue Book-Traineeship. Hiernach dürfen Absolventinnen und Absolventen eines Hochschulstudiums in einem der Mitgliedstaaten (mindestens drei Jahre) mit Sprachkenntnissen in zumindest zwei EU-Amtssprachen (mindestens C1-Niveau, darunter jedenfalls deutsch, englisch oder französisch) nach erfolgreichem, mehrstufigen Bewerbungsverfahren über ein Praktikantenbüro ein zeitlich begrenztes (max. fünf Monate) und bezahltes (derzeit 1.176 EUR/Monat) Praktikum bei der Kommission oder einer ihr untergeordneten Dienststelle absolvieren. Dieses Programm bietet sich jedoch für Referendarinnen und Referendare kaum an, da es nur zu zwei vorher festgelegten Monaten im Jahr begonnen werden kann (derzeit März und Oktober) und die für Verwaltungs- oder Wahlstation zur Verfügung stehende Zeit in der Regel überschreitet.
2. Bewerbungsverfahren
Beim Atypical Traineeship dagegen gibt es kein solch formelles Bewerbungsverfahren. Die Bewerbung hat initiativ zu erfolgen und kann im Zweifel direkt (zB per Brief, E-Mail oder telefonisch) an die Leiterin oder den Leiter (Head of Unit) des jeweiligen Wunschreferats gerichtet werden. Besteht auf der anderen Seite Interesse, bekommt man in der Regel eine schriftliche Rückmeldung mit der Bitte um die Vereinbarung eines Termins zu einem Interview. Bei dem/den folgenden Gespräch(en) sollte man seine Motivation für die Bewerbung kurz und treffend darlegen können und zudem auf etwaige inhaltliche Rückfragen vorbereitet sein.
3. Voraussetzungen
Zwar kann aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenbereiche der in Betracht kommenden Dienststellen keine generelle Aussage über das jeweilige Anforderungsprofil gemacht werden. Zusätzlich zu einem aussagekräftigen Bewerbungsschreiben kann es jedoch nicht schaden, wenn der bisherige Lebenslauf zumindest Berührungspunkte mit dem Fachgebiet des Referats im Speziellen und/oder der EU im Generellen gehabt hat. So konnte ich zum Beispiel in einem Telefoninterview damit punkten, dass ich mich im Rahmen meines universitären Schwerpunktes sowie einer Nebentätigkeit bereits mit den Grundlagen des Marken- und Patentrechts bereits beschäftigt hatte. Die wichtigste Arbeitssprache der Kommission ist Englisch, einen verhandlungssicheren Umgang in Wort und Schrift halte ich daher für zwingend. Die französische Sprache stellt nur noch in wenigen Generaldirektionen die vorrangige Arbeitssprache dar (zB Juristischer Dienst, Generalsekretariat). Sie zu beherrschen schafft einem nach meiner Einschätzung jedoch vor allem Vorteile im zwischenmenschlichen Umgang, da so gut wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter französisch sprechen und viele das auch gerne tun.
4. Dauer
Wie lange das Bewerbungsverfahren letztlich dauert, ist einzelfallabhängig. Bei mir ist zwischen erstmaligem Anschreiben und Zusendung der endgültigen Bestätigung knapp ein Jahr vergangen. Das muss kein Maßstab sein. Allerdings ist auch im Hinblick auf den generellen organisatorischen Aufwand eines Auslandsaufenthalts (zB Wohnungssuche, Abschluss einer Auslandskrankenversicherung, Zuweisung durch Stammdienststelle) eine möglichst frühe Bewerbung zu empfehlen.
II. Zuweisung durch die Stammdienststelle
Die Wahlstation bietet sich für einen Auslandsaufenthalt nicht nur deshalb an, weil sich ihr Beginn regelmäßig an den schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung anschließt. Auch sind die Regeln zur Anerkennung einer solchen Stelle für die Wahlstation meist weniger streng als bei den anderen Stationen. So darf zum Beispiel nach § 41 II des Juristenausbildungsgesetzes NRW (JAG NRW) zur Ausbildung in der Praxis nur herangezogen werden, wer für eine gründliche Ausbildung »fachlich und persönlich geeignet erscheint«. Konkretere Anforderungen stellt das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen nach § 41 III 1 JAG NRW in sog. Ausbildungsplänen auf. Während im Rahmen der Verwaltungsstation die Ausbilderin bzw. der Ausbilder die Befähigung zum Richteramt (§ 5 I des Deutsches Richtergesetzes) oder zum höheren Verwaltungsdienst (§ 17 V BBG) haben »soll«, existieren solche Einschränkungen für die Ausbildung in der Wahlstation nicht. Es muss lediglich eine »sachgerechte Ausbildung gewährleistet« sein gem. § 35 II Nr. 5 JAG NRW. Die Ausbilderin bzw. Ausbilder muss also weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch die Befähigung zum Richteramt besitzen. Rein formell genügt in der Regel das rechtzeitige In-Kenntnis-Setzen der Stammdienststelle von der gewünschten Wahlstelle unter Einreichung einer schriftlichen Bestätigung der künftigen Ausbilderin bzw. des künftigen Ausbilders.
III. Wohnen und Leben in Brüssel
Wer bei der Kommission arbeitet, wird in der Regel auch in Brüssel wohnen wollen. Wohnplätze werden von der Kommission nicht gestellt,
sondern müssen selbst organisiert werden. Häufig vermieten Privatleute auf den einschlägigen Internetseiten Teile ihrer Wohnung oder ihres Hauses unter, wobei die Zimmerpreise je nach Größe, Lage und Jahreszeit im Durchschnitt bei ca. 400–600 EUR/Monat liegen. Liegt die Unterkunft nicht gerade fußläufig zum Europaviertel – wo sich die meisten Kommissionsgebäude befinden – fährt man am besten mit der Metro zur Arbeit. (Fahrradfahren ist zumindest in den Wintermonaten nur bedingt zu empfehlen, mit dem Auto kommt man gerade im Berufsverkehr nur sehr langsam voran.) Neben der Arbeit bietet Brüssel ein vielfältiges kulturelles Angebot – weit über den Grande-Place, das Manneken Pis und das Atomium hinaus –, das sich am besten zusammen mit anderen Trainees vor Ort wahrnehmen und erleben lässt. Die Hauptstadt wirkt modern und ruhelos, gleichzeitig verströmt sie den liebenswürdigen, leicht morbiden Charme der bon vieux temps.
D. Positionen nach dem Traineeship
Sollte einem das Traineeship so gut gefallen haben, dass man sich vorstellen kann, auch in Zukunft (etwa nach Abschluss seines Zweiten Examens) für die Kommission zu arbeiten, ist es von Vorteil, einen Überblick über die dort möglichen Karrierepfade für Juristinnen und Juristen zu haben. Die folgende Übersicht zu in Betracht kommenden Positionen bei der Kommission ist nicht abschließend zu verstehen, sondern soll vielmehr kurz-, mittel- und langfristige Herangehensweisen für eine Karriereplanung skizzieren.
I. Zeitarbeitskraft/Interim Staff/Personnel intérimaire
Hat man im Rahmen seines Traineeship zufriedenstellende Leistungen erbracht und herrscht im Referat oder in einer anderen Dienststelle Personalbedarf, erhält man von der Kommission unter Umständen das Angebot, dort übergangsmäßig als Zeitarbeitskraft weiterzuarbeiten. Ein besonderes Bewerbungsverfahren ist hierfür nicht vorgesehen. Die Beschäftigung erfolgt in diesem Fall nicht über die Kommission sondern über ein Zeitarbeitsunternehmen. Das hat zur Folge, dass die Vergütung und Weiterbeschäftigung in der Regel auf Wochenbasis geregelt werden muss. Diese Praxis ist nach belgischem Recht nur innerhalb eines Gesamtzeitraums von sechs Monaten zulässig.
II. Vertragsbedienste/Contract Agents/Agents Contractuels
Zeitlich weniger beschränkt sind die sog. Vertragsbediensteten. Diese Position erfordert die erfolgreiche Absolvierung des vom Europäischen Amt für Personalauswahl (EPSO) durchgeführten Auswahlverfahrens CAST (Contract Agent for Specific Tasks). Das Verfahren besteht aus mehreren Stufen (Vorauswahltest, computerbasierter Multiple-Choice-Test und Vorstellungsgespräch) und kann für den Bereich »Recht« jederzeit (permanent) begonnen werden. Der Arbeitsvertrag eines Vertragsbediensteten wird mit der Kommission geschlossen und ist auf höchstens fünf Jahre befristet – realistisch sind zu Anfang eher sechs bis 12 Monate. Neben einer Verlängerung um höchstens fünf weitere Jahre ist auch eine Umwandlung in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis möglich. Beim Einstieg der Funktionsgruppe III (Besoldungsgruppen 8–12) liegt das monatliche Grundgehalt zurzeit ungefähr zwischen 2.500 und 4.000 EUR.
III. AD-Beamte/Administrators/Administrateurs
Um als verbeamtete Verwaltungsrätin oder Verwaltungsrat bzw. Verwaltungsjuristin oder Verwaltungsjurist bei der Kommission arbeiten zu dürfen, kommt man auch als Volljuristin oder Volljurist derzeit nicht um das »Auswahlverfahren für Administratoren – Generalisten« (auch als Generalisten-Concours bekannt) herum. Das Verfahren wird vom EPSO in der Regel einmal pro Jahr durchgeführt und steht grundsätzlich allen Hochschulabsolventinnen und -absolventen (mindestens drei Jahre) offen, die wenigstens zwei EU-Amtssprachen beherrschen (zumindest C1- und B2-Niveau). Nach der erfolgreichen Absolvierung eines computerbasierter Multiple-Choice-Tests, eines elektronischen Postkorb-Tests und eines Assessment-Centers werden die sog. Laureatinnen und Laureaten auf eine Reservelisten gesetzt (derzeit 158 Plätze für den Durchgang 2018), bis ihnen eine der Dienststellen der EU ein Einstellungsangebot unterbreitet. Das monatliche Grundgehalt einer Beamtin oder eines Beamten der Einstiegsbesoldungsgruppe AD5 beginnt bei etwas unter 4.500 EUR. Das gesamte Verfahren dauert in der Regel fünf bis neun Monate, der Platz auf der Reserveliste wird höchstens für ein Jahr freigehalten. Schon aufgrund der hohen Durchfallquote sollte eine Teilnahme sorgfältig vorbereitet werden – etwa mit der Lektüre entsprechender Literatur, der Absolvierung von EPSO Probetests oder der Teilnahme an einem der kostenlosen Vorbereitungsseminare des Auswärtigen Amtes.
E. Mein Fazit
Entscheidet man sich für die Absolvierung einer Referendarsstage bei der Kommission, sollte man sich bewusst sein, dass die dortigen Tätigkeiten nicht immer juristischer Natur sind und so gut wie nie mit dem Pflichtfachstoff der Zweiten Juristischen Prüfung zu tun haben. Da zwischen Ende der Wahlstation und dem Termin der mündlichen Prüfung meist nicht mehr 1 ½ Monate liegen, kommt man um die Vorbereitung und Wiederholung nach der Arbeit oder am Wochenende kaum herum. Verbringt man die Verwaltungsstage in Brüssel, ist das Problem der Doppelbelastung zwar weniger akut, man verpasst aber die parallel laufenden Arbeitsgemeinschaften im Öffentlichen Recht. Ein weiterer Nachteil ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass die Kommission für die geleistete und meist auf 40 Stunden pro Woche ausgelegte Arbeitszeit keinerlei Vergütung zahlt. Für die Teilnahme an Stipendienprogramme wie zum Beispiel dem Carlo-Schmidt-Programm der Studienstiftung des Deutschen Volkes ist man als Rechtsreferendarin oder Rechtsreferendar aufgrund des Bezuges von Unterhaltsbeihilfe in der Regel nicht berechtigt. Zu der Unterhaltsbeihilfe wird jedoch ein sog. Kaufkraftausgleich (Belgien: 10 %), in manchen Bundesländern zusätzlich ein Trennungsgeld gezahlt.
Für die Wahl der Kommission spricht sicherlich die Möglichkeit, in einem sehr internationalen Umfeld arbeiten zu können. Die Kolleginnen und Kollegen in den Referaten kommen aus den verschiedensten Mitgliedstaaten und sind regelmäßig gut ausgebildet, aufgeschlossen und hochmotiviert. Aufgrund der gemeinsamen Sprache – sei es nun Deutsch, Englisch oder Französisch – und der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels, tritt das Bewusstsein für die Herkunft des Gegenübers irgendwann völlig in den Hintergrund. Zudem kann man auf diese Weise ganz nebenbei seine Sprachkenntnisse aufbessern. Mit genügend Engagement (und etwas Glück) genießt man bei der Erfüllung seiner Aufgaben außerdem ein hohes Maß an Eigenverantwortung. So durfte ich etwa einige Male die Kommission bei kleineren Treffen oder Konferenzen vertreten. Darüber hinaus ist man schon allein wegen seiner Präsenz in Brüssel oft sehr nah dran am tagespolitischen Geschehen – da kann es schon einmal passieren, dass der ehemalige Präsident von Katalonien, Carles Puigdemont, mit mehreren dutzend Anhängern auf dem Weg zu einer Demonstration an einem vorbeistürmt, während man draußen Mittagspause macht. Sollte man mit dem Gedanken spielen, eine Karriere in der europäischen Verwaltung anzustreben, stellt ein erfolgreich absolviertes Traineeship sicherlich einen guten ersten Schritt dar. Aber auch bei anderen beruflichen Ambitionen kann man von den hier gesammelten Erfahrungen meiner Meinung nach nur profitieren.
Der Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider