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Editorial JA 12/2022 - Nachtrag

Prof. Dr. Christian Wolf, Hannover

Weihnachtsbuchempfehlung der JA 2022 – Ergänzungsliste

Die JA Weihnachtsbuchempfehlung ist immer eine subjektive Auswahl. Ausgewählt werden in der Regel Bücher, die 2022 erschienen sind. Recht gestaltet das gesellschaftliche Zusammenleben, das gesellschaftliche Zusammenleben gestaltet aber auch Recht. Die Interpretation des Rechts lässt sich von dem Zeitgeist nicht lösen. Ausdruck des Zeitgeistes sind nicht nur Bücher zu aktuellen Fragen, sondern immer auch der Blick zurück. Die nachfolgenden Bücher hätten es allesamt verdient, in die Weihnachtsbuchempfehlung aufgenommen zu werden, allerdings musste eine Auswahl getroffen werden. Eine Auswahl ist selbstverständlich auch diese Liste, zugleich soll die Liste aber auch eine Ermutigung sein, in einer Buchhandlung zu stöbern.

Kai Ambos, Doppelmoral – Der Westen und die Ukraine, Westend Verlag, 2022, 96 S., 15,00 EUR. Der Göttinger Völkerstrafrechtler hat in einem kurzen Buch die Widersprüche des westlichen, regelbasierten Völkerrechtsverständnisses und die daraus resultierende Ukraine-Politik beschrieben. Ein Buch, das Widerspruch hervorrufen wird, für jeden, der in der gegenwertigen Diskussion eine plurale Diskussion vermisst, ein Muss.

Volker Reinhardt, Voltaire, C.H.Beck, 2022, 607 S., 32,00 EUR. Voltaire, der große Freigeist des 18. Jahrhunderts, der Kämpfer gegen jede Ideologie, der jede noch so gegensätzliche Position zu Gehör bringen wollte, der radikale unerbittliche Aufklärer, ist uns unbekannt geworden. Der Schweizer Historiker will dies mit seiner Biografie ändern. Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo trugen die Demonstranten nicht nur Anstecker mit den Worten: „Je suis Charlie“, sondern auch Schilder mit dem Namen Voltaire. Wie viele können mit dem Namen Voltaire aber noch etwas verbinden? Die Bibliothek von Voltaire befindet sich übrigens in St. Peterburg in der Russischen Nationalbibliothek, von Katharina der Großen nach dem Tod von Voltaire gekauft.

Andreas Fisahn, Repressive Toleranz und marktkonforme Demokratie, Zur Entwicklung von Rechtsstaat und Demokratie in der Bundesrepublik mit einem Geleitwort von Heribert Prantl, PapyRossa Verlag, 2021, 709 S., 39,00 EUR. Der Bielefelder Rechtsphilosoph und Staatsrechtslehrer untersucht die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaat. Seine These ist, dass der Rechtsstaat liberaler geworden ist. So lesen sich zB mit Gewinn die Ausführungen zur patriarchalen Struktur des Familienrechts. Im Gegensatz zu einem sich liberaler entwickelnden Rechtsstaat wurde die Demokratie weniger integrativ. Beispiele für diese These findet Fisahn im Zusammenspiel von EU und nationalem Recht oder in der Privatisierung klassischer staatlicher Aufgaben.

Herfried Münkler, Marx, Wagner, Nietzsche – Welt im Umbruch, Rowohlt Verlag, 2021, 720 S., 34,00 EUR. Der Berliner Historiker hat ein im besten Sinne des Wortes bildungsbürgerliches Werk geschaffen. Auf ihre Art waren Karl Marx, Friedrich Nietzsche und Richard Wagner prägend für das 19. Jahrhundert und darüber hinaus. Münkler hat drei ideengeschichtliche Biografien in einem geschrieben und die Verbindungslinien herausgearbeitet. Immer wieder verknüpft Münkler unter unterschiedlichen Blickwinkeln das Denken der Drei (zB im 7. Kapitel „Bourgeois, Proletarier, Mittelmäßige, Drei Gesellschaftsanalysen“) mit überraschenden Einblicken.

Georg M. Oswald (Hrsg.), Das Grundgesetz – Ein literarischer Kommentar, C.H.Beck, 2022, 381 S., 26,00 EUR. Der Rechtsanwalt, Schriftsteller, Kolumnist und Verleger bzw. Lektor hat einen anderen Kommentar des Grundgesetzes herausgegeben. Eine illustre Schar von ehemaligen Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichtern, Schriftstellerinnen und Schriftstellern und Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtlern hat Oswald um sich geschart, um einen literarischen Blick auf unsere Verfassung zu werfen.

Fabian Michl, Wiltraut Rupp-von Brünneck (1912–1977) – Juristin, Spitzenbeamtin, Verfassungsrichterin, Campus Verlag, 2022, 558 S., 39,00 EUR. Fabian Michl lehrt als Juniorprofessor an der Universität Leipzig Staats- und Verwaltungsrecht. Er hat eine Biografie über die zweite Frau als Verfassungsrichterin verfasst. Das Buch ist alleine schon deshalb lesenswert, weil es zu den wenigen Richterbiografien in Deutschland gehört. Die Persönlichkeit des Richters bzw. der Richterin, die die Urteile entscheidend mitprägt, tritt in unserem Verständnis immer hinter dem Amt zurück. Hier holt Michl sie dahinter hervor.

 

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