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18 aus 70 Fragen Vahlen Jura – JA 2/2025

Gudrun Schäpers

Gudrun Schäpers

In unserer aktuellen Ausgabe stellt sich Gudrun Schäpers, neue Mitherausgeberin der JA, unseren 18 Fragen. Frau Gudrun Schäpers ist Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm. Sie war auch Präsidentin des Landesjustizprüfungsamt NRW und ist damit eine herausragende Expertin in Sachen Juristenausbildung.

1. Was haben Sie im Studium fürs Leben gelernt?

Im Studium habe ich gelernt, dass man im Leben erreichen kann, was man sich vornimmt – unabhängig davon, aus welchen Verhältnissen man stammt. Entscheidend ist, an sich zu glauben, konzentriert zu arbeiten, sich mit anderen zusammenzuschließen und nie den Mut zu verlieren. Es geht darum, sich seine Ziele vorzustellen und konsequent darauf hinzuarbeiten, denn mit der richtigen Einstellung und Ausdauer ist fast alles möglich. Diese Überzeugung begleitet mich bis heute.

 

6. Der beste Ort in Hamm?

Für mich ist der beste Ort in der Stadt definitiv das Dach des Oberlandesgerichts. Und das sage ich nicht nur als Präsidentin des Oberlandesgerichts, sondern weil man von dort einen atemberaubenden Blick über die gesamte Stadt und auf die angrenzenden Regionen hat. Für mich ist das ein wirklich besonderer Ort, der Ruhe und Inspiration bietet und gleichzeitig ein Gefühl von Verbundenheit mit der Stadt schafft. Von dort hat man einen Rundumblick über Hamm und bei gutem Wetter kann man sogar das Wahrzeichen der Stadt, den berühmten Glaselefanten im Maximilianpark, entdecken. Ich lade auch immer wieder gerne Gäste unseres Gerichts dorthin ein, denn es macht Freude, diesen schönen Ausblick zu teilen.

 

7. Welche Künstler beeindrucken Sie?

Mich beeindruckt die Kunst an sich. Sie kann Stimmungen aufgreifen und vertiefen, sie kann Menschen verbinden und Trost geben. Mich beeindrucken viele Künstlerinnen und Künstler, häufig wegen ihrer Lebenswege oder wie sie mit uns alle treffenden Widrigkeiten des Lebens umgehen. Ich habe deshalb ein besonderes Faible für Frida Kahlo, aber auch für Street Art wie Banksy. Ich habe mir beides zusammengeholt: Ich habe in meinem Büro im Oberlandesgericht ein wunderbares Wand-Graffiti mit einer stilisierten Frida Kahlo. Ich freue mich auch immer wieder über Kunstausstellungen im Oberlandesgericht Hamm. So hat 2024 der Künstler Horst Wrenger seine Ausstellung »Kraft der Farbe« bei uns im Foyer zur Schau gestellt. 2025 wird es weitere Ausstellungen geben. So freue ich mich ganz besonders auf die Ausstellung der Künstlerin Jutta Elbers, die sich 80 Jahre nach dem Ende des Naziregimes den Opfern dieser Zeit in einer großen Einzelausstellung im Oberlandesgericht widmen wird.

 

14. Welches Buch würde niemand in Ihrer Bibliothek erwarten?

Das ist eine schwierige Frage. Ich lese total gern, komme aber leider viel zu selten dazu. Ich nenne mal mehrere, die man vielleicht nicht erwartet: Ich tauche gerne in die kreativen Welten der Fantasy-Geschichten ab. Ich mag Jenny-Mai Nuyen oder Sam Feuerbach. Die höre ich auch gerne als Hörbücher beim Autofahren. Die Geschichten bieten einen guten Kontrast zu dem oft stressigen Alltag. Daran angelehnt als Anleitung zur persönlichen Entwicklung als Führungskraft – meine Liebe zu Star Wars aufgreifend – »Die Führungskunst der Jedi«. Wunderbare Kurzgeschichten von Nina Kunz mit dem auch zu mir passenden Titel »Ich denk, ich denk zu viel«. Immer wichtig: »Manieren« von Asfa-Wossen Asserate, dem Großneffen des letzten äthiopischen Kaisers. Und ein für mich emotional wichtiges Buch von Hesse »Über das Glück«. Es liegt zu Hause auf meinem Schreibtisch, weil es ein mit lieber Widmung versehenes Geschenk einer wiederholt nicht zur Prüfung zugelassenen Referendarin an mich als ihre Ausbilderin war, nachdem sie das Examen souverän bestanden hatte.

 

16. Was wollten Sie als Kind werden?

In ganz jungen Jahren hat das etwas gewechselt: Ich wollte mal Tierärztin, dann Polizistin werden und habe mich von Leitbildern inspirieren lassen. Ich fand es toll, wenn andere mir geholfen haben und fand Ungerechtigkeiten immer furchtbar, daraus resultierte auch meine Entscheidung als Jugendliche, das juristische Studium aufgreifen zu wollen.

 

20. Ihr Lieblingskomponist?

Ich habe keinen konkreten Lieblingskomponisten, weil ich finde, dass jeder Komponist und jede Komponistin ihre eigene einzigartige Handschrift und Welt mitbringen. Musik ist so vielfältig, und ich genieße es, je nach Stimmung oder Situation verschiedene Stile und Werke zu hören. Im letzten Sommer durften wir beispielsweise den Pianisten Matthias Kirschnereit in unserem Oberlandesgericht zum Kammerkonzert im Rahmen des Westfälischen Musikfestivals begrüßen.
Er hat uns mit wunderschönen Kompositionen von Carl Philipp Emanuel Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Robert Schumann, Johannes Brahms, Frédéric Chopin und Claude Debussy begeistert. Auch, wenn es sich bei ihnen nicht um Komponisten handelt, bin ich großer Fan der Musik der Duoband »Duo Aciano«.
Die beiden Künstlerinnen haben auf meiner Amtseinführung gespielt. 
Ihre Interpretation des Liedes »Nothing Else Matters« von Metallica, einer meiner Lieblingssongs, wird für mich immer in

besonderer Erinnerung bleiben.

 

27. Wie brechen Sie das Eis in Gesprächen?

Ich lege großen Wert darauf, eine entspannte und offene Atmosphäre zu schaffen. Dies beginnt bereits mit einem ehrlichen Lächeln zur Begrüßung und einer immer ernst gemeinten Frage nach dem Wohlergehen. Besonders wichtig ist mir dabei eine Kommunikation auf Augenhöhe, um meinem Gegenüber zu vermitteln, dass es wertgeschätzt wird und die Meinung Gehör findet. Ich finde es auch entscheidend, sich wirklich Zeit für die Person zu nehmen – selbst wenn der Terminplan es eigentlich nicht zulässt. Ein echtes Interesse an der anderen Person und an ihrem Anliegen trägt dazu bei, das Gespräch angenehm und positiv zu gestalten. Letztlich geht es darum, ein gutes Gefühl zu geben und eine vertrauensvolle Verbindung aufzubauen.

 

30. Was haben Sie immer dabei?

Wahrscheinlich erhoffen sich viele eine etwas romantischere Antwort auf die Frage, etwa dass ich immer einen Glücksbringer dabei habe. Aber um ehrlich zu sein: In meiner Position ist mein Diensthandy einfach ein unverzichtbarer Begleiter. Es hilft mir, auf dringende Anfragen oder unvorhergesehene Situationen reagieren zu können. Und ja, auch im Urlaub bleibt es meistens an meiner Seite. Das empfinde ich jedoch weniger als Last, sondern als Teil meiner Verantwortung und als Möglichkeit, immer für meine Kolleginnen und Kollegen und das Gericht da zu sein. Außerdem habe ich immer ein Notizbuch und einen Füller dabei. Da bin ich trotz Technikaffinität konventionell und halte meine To-Dos, Ideen, Pläne, schöne Zitate oder schöne Momente des Tages dort fest.

 

36. Was würde niemand von Ihnen vermuten?

Was niemand von mir vermuten würde? Dass ich in meiner Position als Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm einmal für eine Referendarin gehalten wurde! Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich im Vorfeld einer Beurteilung

eine Verhandlung eines Senats besuchte, im Zuschauerraum saß und den Ablauf beobachtete. Während der Verhandlung sprach mich ein Rechtsanwalt an, der offensichtlich davon ausging, dass ich eine Referendarin sei. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen und nehme es mit Humor. Denn solche Momente zeigen, dass auch in einer verantwortungsvollen Position ein gewisses Understatement manchmal ganz erfrischend sein kann. Und es erinnert mich daran, wie wichtig es ist, offen und zugänglich zu bleiben, unabhängig von Titel oder Funktion.

 

37. Ihr Lieblingsgetränk?

Mein Lieblingsgetränk ist Cappuccino. Eine Tasse Cappuccino ist für mich der perfekte Start in den Tag oder eine kleine Auszeit zwischendurch.
Besonders gerne trinke ich ihn in Gesellschaft – zB in Besprechungen mit Kolleginnen und Kollegen.

 

43. Was inspiriert Sie?

Das ist der Umgang mit jungen Menschen. Der Nachwuchs verkörpert die Zukunft unseres Rechtssystems und bringt frische Perspektiven und die notwendige Dynamik mit, um die Herausforderungen der modernen Gesellschaft und der Justiz der Zukunft zu meistern. Bereits in meinen jungen Jahren war es mir ein großes Anliegen, junge Menschen für den Beruf in der Justiz zu begeistern und sie auf ihrem Weg zu begleiten, sei es als Leiterin von Arbeitsgemeinschaften an der Uni oder für Referendarinnen und Referendare. Aus diesem Grund setze ich mich mit Leidenschaft für Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung ein. Ob durch persönliche Gespräche, Veranstaltungen für die junge Generation oder Mentoring- Programme – es ist mir wichtig, den Nachwuchs nicht nur für die Arbeit in der Justiz zu gewinnen, sondern ihm auch zu zeigen, wie erfüllend und bedeutend jeder einzelne Beruf ist, den man in der Justiz ausüben kann. Ich bin überzeugt, dass wir die besten Ergebnisse erzielen, wenn wir junge Talente von Beginn an unterstützen und ihnen eine klare Perspektive bieten. Ihre Entwicklung zu fördern und dabei zu sehen, wie sie zu kompetenten und engagierten Kolleginnen und Kollegen heranwachsen, gibt mir täglich neue Motivation und Energie für meine Arbeit. Zugleich ist es mir wichtig, auch als Kommissionsvorsitzende in den mündlichen Prüfungen des Zweiten Examens meine Erfahrungen im Rahmen meiner Möglichkeiten einfließen zu lassen, denn ich erinnere mich an meine eigenen mündlichen Prüfungen im Examen noch sehr genau.

 

47. Eine Entdeckung, die Sie erst kürzlich gemacht haben?

Duftende und glitzernde Tinte. Hierzu müssen Sie wissen, dass ich leidenschaftlich gerne handschriftlich schreibe und Tinte sammle. Inzwischen besitze ich eine recht beeindruckende Sammlung von verschiedensten Fässchen. Es macht mir großen Spaß, neue Farben und besondere Eigenschaften zu entdecken, beim Festhalten meiner Ideen und Gedanken beflügelt mich das.

 

48. Ein unvergesslicher Ort, an dem Sie waren?

Generell reise ich gerne. Es inspiriert mich, neue Orte zu entdecken, verschiedene Kulturen kennenzulernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Reisen erden mich immer wieder und machen mich auch demütig, wenn ich erlebe, worauf in verschiedenen Kulturen persönliches Glück und Zufriedenheit beruhen. Gleichzeitig ist es für mich eine wunderbare Möglichkeit, abzuschalten und zugleich neue Eindrücke und Erinnerungen zu sammeln, die lange im Gedächtnis bleiben. Das können etwa eine Nacht in der Wildnis oder in den Bergen unter einzigartigem Sternenhimmel, ein Sonnenuntergang am Meer, die Ankunft an einer Berghütte mit einfachem Essen nach langer anstrengender Wanderung oder ein Spaziergang durch tiefen Schnee im Sauerland sein.

 

49. Was ist für Sie das größte Glück?

Für mich ist das größte Glück, ganz bewusst Zeit mit meinem Mann und meinen Liebsten zu verbringen. In meinem Beruf als Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm erlebe ich viele beglückende und besondere Momente, bin vielfältig gefordert, oft aber auch zeitlich sehr eingespannt. Daher ist es umso wichtiger, sich bewusst Zeit für die Menschen zu nehmen, die mir am meisten bedeuten. Aus diesem Grund haben mein Mann und ich beispielsweise die Vereinbarung getroffen, dass wir uns an unseren Geburtstagen eine Auszeit gönnen und gemeinsam in den Urlaub fahren. Diese Tradition ist für uns von unschätzbarem Wert und erinnert uns immer wieder daran, wie wichtig es ist, sich Zeit füreinander zu nehmen.

 

58. Mit wem würden Sie gerne einmal ausgiebig diskutieren?

Wenn sich das ergeben würde: gerne mit Michelle Obama. Ich finde ihren Lebensweg nicht nur beeindruckend, sondern auch mutmachend und inspirierend. Sie ist sich ihrer Wirkung auf andere stets bewusst, eine starke Persönlichkeit und zeigt Haltung.

 

64. Ihre Lieblingsnorm/Ihr Lieblingsgesetz?

Definitiv das Grundgesetz. Es bildet nicht nur das Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat, sondern auch das Fundament für die Tätigkeit von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und auch Rechtsanwältinnen und -anwälten in Deutschland. Es garantiert ihre Berufsfreiheit, sichert ihre Unabhängigkeit, stellt den Rahmen für ein faires und rechtsstaatliches Verfahren und schützt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Das Grundgesetz bildet das Rückgrat unserer Demokratie und sorgt für eine Balance zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung. Es ist ein lebendiges, zukunftsorientiertes Dokument, das sich in den letzten 75 Jahren immer wieder den Herausforderungen der Zeit angepasst hat und uns einen klaren moralischen und rechtlichen Kompass bietet – das macht es für mich so besonders.

 

66. Online oder Print?

Ich finde, eine Mischung aus Online- und Print-Medien ist ideal. 
Online-Medien sind einfach unglaublich praktisch: Sie sind schnell, aktuell und überall verfügbar – perfekt, um mit der Zeit zu gehen und immer auf dem neuesten Stand zu sein. Gleichzeitig hat Print für mich einen ganz besonderen Reiz. Es ist einfach etwas Schönes, ein Magazin oder eine Zeitung haptisch in der Hand zu halten, darin zu blättern und sich bewusst Zeit zu nehmen. Das gedruckte Medium hat eine eigene Wertigkeit, die man nicht ersetzen kann. Ich denke, beides hat seine Stärken und die Kombination ermöglicht es, die Vorteile beider Welten zu nutzen.

 

 68. Eigenschaften, die einem Juristen keinesfalls fehlen sollten?

Eine der wichtigsten Eigenschaften ist die Menschlichkeit. Ich bin davon überzeugt, dass das Recht nicht losgelöst von den Menschen, die es betrifft, angewandt werden kann. Ein guter Jurist muss Empathie und Verständnis für die Situation der Parteien zeigen, um entsprechend handeln zu können bzw. zu ausgewogenen und fairen Entscheidungen zu kommen. Darüber hinaus sind Unabhängigkeit und Integrität unverzichtbar. Ein Jurist muss sich von äußeren Einflüssen freihalten und stets unbeirrt dem Gesetz folgen. Ebenso wichtig ist ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein – die Entscheidungen, die wir treffen, haben oft weitreichende Konsequenzen für das Leben anderer Menschen, und dieser Verantwortung müssen wir uns stets bewusst sein. Nicht zu vergessen sind die Fähigkeit zum analytischen Denken und eine klare Ausdrucksweise. Die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu durchdringen, zu bewerten und verständlich darzulegen, ist das tägliche Handwerkszeug in der »Juristerei«. Die Kombination aus all diesen Eigenschaften zeichnet einen guten Juristen aus.

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