DRSC, Meldung v. 27. Februar 2025
Am 26. Februar 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission (KOM)
Vorschläge zur Bürokratieentlastung von Unternehmen.
Bestandteile dieser Vorschläge sind insbesondere zwei Änderungs-Richtlinien (ÄnderungsRL) als Bestandteil des sogenannten Omnibus 1. Die ÄnderungsRL #1 (COM(2025) 81 final) behandelt Änderungen der AbschlussprüferRL (Richtlinie 2006/43/EG), der BilanzRL (Richtlinie 2013/34/EU), der CSRD (Richtlinie (EU) 2022/2464) und der CSDDD (Richtlinie (EU) 2024/1760). Formal getrennt davon werden Vorschläge zur Verschiebung des zeitlichen Anwendungsbereich der CSRD und der CSDDD in der ÄnderungsRL #2 (COM(2025) 80 final). Zudem wurden im Rahmen des Omnibus 1 FAQs und ein sog. Commission Staff Working Document mit Erläuterungen veröffentlicht. Die Vorschläge haben u.a. das Ziel, Vereinfachungen bei den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erreichen.
Die Veröffentlichung dieser Vorschläge gilt als Auftakt zu den Verhandlungen für den Gesetzgebungsprozess zwischen dem Europäischen Ministerrat und dem Europäischen Parlament. Diese EU-Institutionen müssen sich im Hinblick auf die Vorschläge einigen, damit die finalen Änderungsvorschriften im EU-Amtsblatt veröffentlicht und zu geltendem EU-Recht werden können. Die KOM hat eine zügige Verabschiedung angeregt, um insb. den Unternehmen der 2. Kohorte ausreichend Vorbereitungszeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu geben und um insgesamt mehr Rechtssicherheit zu schaffen.
Folglich können die Vorschläge im Gesetzgebungsprozess noch geändert werden. Da es sich bei den zwei ÄnderungsRL des Omnibus 1 um EU-Richtlinien handelt, müssen EU-Mitgliedstaaten die Änderungen in nationales Recht umsetzen. Zudem kündigte die KOM an, das ESRS Set 1 (Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772) zu überarbeiten. Dies soll möglichst schnell geschehen, spätestens ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der ÄnderungsRL #1).
Die vorgeschlagenen Änderungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung gem. CSRD umfassen unter anderem (Artikel 1 bis 3 ÄnderungsRL #1):
- Anhebung der Größenkriterien für berichtspflichtige Unternehmen auf große Unternehmen (Kapitalgesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (Artikel 19a und 29a BilanzRL-E). Die Kriterien für Umsatzerlöse (50 Mio. Euro) und Bilanzsumme (25 Mio. Euro) großer Unternehmen sollen hingegen unverändert bleiben. Dies gilt analog für Mutterunterunternehmen großer Gruppen.
- Die Berichtspflicht soll unabhängig von der Kapitalmarktorientierung bestehen; damit wären sowohl nicht-kapitalmarktorientierte große Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern als auch sämtliche kapitalmarktorientierte Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern nicht vom Anwendungsbereich betroffen. Nach Schätzungen der KOM würden damit insgesamt 80% der bisher CSRD-pflichtigen Unternehmen vom ursprünglichen Anwendungsbereich ausgenommen. Diese Erleichterung umfasst auch einige Unternehmen der 1. Kohorte, die bereits für das Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig waren.
- Anpassung des sogenannten Value-chain-cap: Grundsätzlich sollen berichtspflichtige Unternehmen nur solche Informationen von nicht-berichtspflichtigen Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette abfragen dürfen, die in einem freiwillig anwendbaren Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung enthalten sind. (Artikel 19a Abs. 3 BilanzRL-E). Ausgenommen davon sind branchenspezifische Informationsanforderungen. Die Value-chain-cap-Funktion kam bisher dem deutlich umfangreicheren LSME ESRS (dem ESRS für kapitalmarktorientierte KMU) zu. Mit dieser Maßnahme soll der sogenannte trickle down-Effekt begrenzt werden.
- Der oben genannte freiwillig anwendbare Standard soll auf Basis des VSME durch die KOM als Delegierter Rechtsakt erlassen werden (Artikel 29ca BilanzRL-E), aber dennoch freiwillig anwendbar sein. Aufgrund der zahlreichen Nachfragen plant die KOM zunächst, möglichst zeitnah Empfehlungen zur freiwilligen Berichterstattung auf Basis des von EFRAG erarbeiteten VSME zu veröffentlichen.
- Sektorspezifische ESRS und der LSME ESRS sind nicht länger vorgesehen (Artikel 29b und 29c BilanzRL-E).
- Taxonomieangaben sollen nur solche nach CSRD berichtspflichtigen Unternehmen erstellen, die mehr als 450 Mio. Euro Umsatzerlöse aufweisen (Artikel 19b und 29aa BilanzRL-E); für andere berichtspflichtige Unternehmen (weniger als 450 Mio. Euro Umsatzerlöse) ist eine „flexiblere“ Handhabung der Berichtsanforderungen der TaxonomieVO vorgesehen.
- Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts soll auch langfristig nur mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“) erfolgen. Es sollen neben anvisierten Standards für die Prüfung mit begrenzter Sicherheit zunächst Leitlinien durch die KOM bis 2026 erlassen werden. Eine zukünftige Anhebung des Prüfungsniveaus auf hinreichende Sicherheit und die Erarbeitung entsprechender Prüfungsstandards sind nicht mehr vorgesehen (Artikel 26a Abs. 3 AbschlussprüferRL-E).
Die vorgeschlagenen Änderungen bei den Sorgfaltspflichten gemäß CSDDD umfassen unter anderem (Artikel 4 ÄnderungsRL #1):
- geänderte Definition des Begriffs „Stakeholder“ (Artikel 3 Abs. 1 Buchst. n CSDDD-E),
- Fokus der Sorgfaltspflichten auf die direkten Geschäftspartner (Tier 1), es sei denn, es liegen Informationen zu negativen Auswirkungen der indirekten Partner vor (Artikel 8 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 2a CSDDD-E),
- Es sollen grundsätzlich nur solche Informationen von direkten Geschäftspartnern mit weniger als 500 Mitarbeitern abgefragt werden, die im freiwillig anwendbaren Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung enthalten sind (Artikel 8 Abs. 5 CSDDD-E).
- keine Verpflichtung zu Beendigung von Geschäftsbeziehungen; Geschäftsbeziehungen müssen aber gegebenenfalls vorübergehenden ausgesetzt werden (Artikel 10 Abs. 6 und 11 Abs. 7 CSDDD-E).
- Zwangsgelder belaufen sich nicht mehr auf mindestens 5 % des weltweiten Nettoumsatzes des verpflichteten Unternehmens im Geschäftsjahr (Artikel 27 Abs. 4 CSDDD-E).
- unternehmensindividuelle Überprüfung der Sorgfaltspflichten alle 5 Jahre, anstelle der bisher grundsätzlich vorgesehenen jährlichen Überprüfung (Artikel 15 Satz 2 CSDDD-E),
- Änderungen zur zivilrechtlichen Haftung (Artikel 29 CSDDD-E).
Zeitlicher Anwendungsbereich (Artikel 1 und 2 ÄnderungsRL #2):
- Gestaffelte Erstanwendung der CSRD, d.h. für die bislang erstmals für Geschäftsjahre 2025 – und auch weiterhin – berichtspflichtigen Unternehmen wird eine zeitliche Verschiebung der Berichtspflicht frühstens für ab dem 1. Januar 2027 beginnende Geschäftsjahre vorgeschlagen (Artikel 5 Abs. 2 CSRD-E).
- Aus dem Zusammenspiel mit Artikel 5 der ÄnderungsRL #1 lässt sich ableiten, dass gemäß der Vorschläge noch zu befreiende Unternehmen der 1. Kohorte, d.h. große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 501 und 1.000, von dieser zeitlichen Verschiebung derzeit nicht erfasst sind.
- Gestaffelte Erstanwendung der CSDDD ab dem 26. Juli 2028 (Artikel 37 CSDDD-E).
- Die KOM hofft für diese ÄnderungsRL #2 auf einen zügigen Gesetzgebungsprozess, um für die betroffenen Unternehmen zeitnah Rechtssicherheit zu schaffen. Gleiches gilt auch für die vorgeschlagenen Änderungen in ÄnderungsRL #1.
Vorgesehene Umsetzung durch die EU-Mitgliedstaaten:
- Vorschriften ÄnderungsRL #1 sollen 12 Monate nach deren Inkrafttreten durch die EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen sein (Artikel 5 ÄnderungsRL #1).
- Vorschriften ÄnderungsRL #2 sollen bis zum 31. Dezember 2025 durch die EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen sein (Artikel 3 ÄnderungsRL #2).
Die vorgeschlagenen Änderungen zur Berichterstattung gem. der TaxonomieVO umfassen unter anderem (Delegierte VO-E):
- Einführung eines Wesentlichkeitsgrundsatzes, Vereinfachung hinsichtlich der DNSH-Kriterien, Vereinfachungen bei den OpEx-Angaben und weiteren KPIs,
- vereinfachte Meldebögen,
- Die Änderungen sollen bereits für das laufende Geschäftsjahr 2025 gelten, also für die Berichterstattung ab dem ersten Januar 2026.
- Die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen wird darüber hinaus durch Änderungen des persönlichen Anwendungsbereiches in der BilanzRL verringert (siehe Erläuterungen zur CSRD), wobei das besondere Größenkriterium „mehr als 450 Mio. Euro Umsatzerlöse“ zur Anwendung kommt.
Hintergrund:
Am 12. Februar 2025 veröffentlichte die KOM ihr Arbeitsprogramm für das Jahr 2025 (zu den Inhalten siehe auch die Meldung des DRSC vom 12.02.2025). Neben dem Omnibus 1 wurde ein Omnibus 2 veröffentlicht, der Erleichterungen für Investitionen schaffen soll. Ein dritter Omnibus wird im zweiten Quartal 2025 folgen, in welchem voraussichtlich eine neue Unternehmenskategorie „small mid-caps“ eingeführt wird. Im dritten Quartal 2025 sollen Vorschläge zur Änderung der SFDR (Verordnung (EU) 2019/2088) veröffentlicht werden.
Am 31. Januar 2025 veröffentlichte das DRSC ein Positionspapier zum Omnibus 1. Dazu hatte die Strategie-AG des DRSC-Verwaltungsrates unter Heranziehung von Diskussionsergebnissen des Fachausschusses Nachhaltigkeitsberichterstattung über Vorschläge zur Verbesserung der CSRD beraten. Im Ergebnis wurden fünf konkrete Vorschläge für gesetzliche Verbesserungsmaßnahmen unterbreitet.
Das DRSC wird in den kommenden Tagen ein ausführliches Briefing Paper zu den Inhalten des Omnibus 1 veröffentlichen. Zudem wird das DRSC seine Briefing Paper zur CSRD, zum ESRS Set 1, zu den sektorspezifischen ESRS, zu den ESRS für Drittstaatenunternehmen, zur TaxonomieVO, zur CSDDD und zu den Überschneidungen zwischen CSRD und der CSDDD im Hinblick auf die Omnibus-Initiative aktualisieren.
Das DRSC lädt alle interessierten Personen und Organisationen zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung zum Omnibus 1 am 14. März 2025 ein. Die Anmeldung ist noch bis zum 12. März 2025 unter diesem Link möglich.