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Wirtschaft fordert offenen Prüfermarkt

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Vehemente Verbandsinitiative vom 23.9.2024

 

Für die Nachhaltigkeitsberichte hat die Wirtschaft nochmals einen offenen Prüfermarkt und damit die Abkehr von der „Lex Wirtschaftsprüfer“ gefordert. 79% der Unternehmen würden technische Prüforganisationen mit der externen Prüfung ihres Nachhaltigkeitsberichts beauftragen. Ein insoweit geöffneter Prüfermarkt könne Aufwand und Kosten für den Mittelstand senken.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im aktuellen Gesetzentwurf für die Umsetzung der Europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) in deutsches Recht sind bislang ausschließlich Wirtschaftsprüfer dafür vorgesehen, Nachhaltigkeitsberichte zu prüfen. Der TÜV-Verband hat sich nun nochmals für einen offenen Markt für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland eingesetzt (siehe auch schon den Bericht über den Appell im Vorjahr vom 23.9.2023, BC 2023, 453 f., Heft 10). Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, betont, dass für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten technisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse notwendig sind: „Daher sollten für die externe Prüfung auch technische Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA zugelassen werden.“ Das würde die Prüfkapazitäten erhöhen und zu geringeren Kosten für die Unternehmen führen.

Von der Neuregelung sind in Deutschland rund 15.000 überwiegend mittelständische Unternehmen direkt betroffen und eine vielfache Anzahl indirekt, weil direkt betroffene Unternehmen entsprechende Anforderungen in der Lieferkette weitergeben. Überdies erheben Kapitalgeber solche Informationen zur Voraussetzung für Kreditvergaben.

 

 

Lösung

Nach TÜV-Angaben vom 23.9.2024 unterstützt nahezu die gesamte deutsche Wirtschaft die Forderung nach einem offenen Prüfermarkt (siehe zuvor BC-Newsletter vom 18.4.2024): Bei der Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf haben sich 39 Verbände (!) dafür ausgesprochen, darunter BDI, DIHK, ZDH, Bitkom, VDMA und Mittelstandsverbund. Nur acht Verbände haben gegen eine Öffnung Stellung bezogen, an der Spitze das einflussreiche Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW). „Das Bundesjustizministerium stellt sich bei der CSRD-Umsetzung gegen die Interessen des deutschen Mittelstands“, sagt Bühler. Für eine Öffnung habe sich auch der Verband für die mittelständische Wirtschaftsprüfung (siehe unter wp.net e.V. in wp.weekly vom 29.7.2024) ausgesprochen, da die kleineren Anbieter eine Dominanz der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fürchten. Bühler wird da deutlich: „Es ist nicht im Sinne der deutschen Wirtschaft, das CSRD-Gesetz als Konjunkturprogramm für die ‚Big-Four‘ anzulegen.“

Hintergrund ist, dass die EU-Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten die Wahl lässt, wer die Prüfung der Berichte vornehmen darf. „Länder wie Frankreich, Spanien oder Österreich haben sich für einen offenen Prüfmarkt entschieden“, sagt Bühler. Die Zulassung technischer Prüforganisationen würde die Prüfkapazitäten erhöhen und zu besseren Ergebnissen führen, da sich Auditoren z.B. auf technisch komplexe Branchen, wie die Chemieindustrie oder die Abfallwirtschaft, spezialisieren können. Ein breiteres Angebot führe zu niedrigeren Kosten für die Unternehmen, so die Einschätzung von Bühler. Kostendämpfend wirke auch, dass technische Sachverständige zu deutlich geringeren Stundensätzen arbeiten als Wirtschaftsprüfer.

Aus Sicht des TÜV-Verbands ist ein offener Prüfermarkt die Voraussetzung dafür, die EU-Vorgaben möglichst unbürokratisch und wirtschaftsfreundlich umzusetzen.  Mit der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) stehe anders als in anderen Ländern eine Institution bereit, die die Kompetenzen technischer Prüforganisationen bestätigen kann. Die TÜV-Organisationen unterstützen Unternehmen bereits seit Jahren bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Daneben bieten sie Dienstleistungen wie die Durchführung von Energieaudits, die Einführung von Energiemanagementsystemen oder die Messung des CO2-Fußabdrucks von Unternehmen. Bühler empfiehlt, dass die dabei gewonnenen Daten und Erkenntnisse direkt in die Nachhaltigkeitsberichte einfließen könnten.

 

 

Praxishinweise:

  • Weitere Informationen finden sich unter https://www.tuev-verband.de/pressemitteilungen/nachhaltigkeitsberichte-wirtschaft-fordert-abkehr-von-lex-wirtschaftspruefer. Eingegangen wird dort u.a. auf eine neue Forsa-Studie, wonach unter den befragten 500 Unternehmen ab 20 Mitarbeitenden 79% eine technische Prüforganisation mit der Prüfung ihres Nachhaltigkeitsberichts beauftragen würden. Dagegen haben sich nur 33% für die Beauftragung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgesprochen. Ebenfalls sehen nur 32% insoweit eine staatliche Behörde als geeignet an.
  • Laut Umfrage erstellt bisher erst jedes fünfte Unternehmen (20%) in Deutschland einen Nachhaltigkeitsbericht. Vorreiter sind große Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden mit einem Anteil von 45%. Bei den mittleren Unternehmen (50 bis 249 Mitarbeitende) sind es 26% und bei den kleinen (20 bis 49 Mitarbeitende) 12%.
  • Als Herausforderung sehen fast neun von zehn befragten Unternehmen (89%) den hohen bürokratischen Aufwand. 77% erwarten Probleme wegen mangelnder personeller Ressourcen und 69% fehlen die Strukturen für die Erfassung und Aufbereitung der notwendigen Daten. Zwei von drei (66%) fürchten hohe Kosten, ebenso vielen fehlt derzeit noch das notwendige Know-how für die Erstellung der Berichte – also bestätigt sich hier ein weiteres Mal eine große Lücke, die für qualifizierte Bilanzbuchhalter und Controller beste Chancen bietet.
  • Der offene Prüfermarkt könnte auch dazu beitragen, dass noch mehr Unternehmen neben dem hohen Aufwand die Vorteile der neuen Berichtspflicht sehen. 61% geben an, dass sie mithilfe der Berichte ihre Nachhaltigkeit in verschiedenen Bereichen steigern können. 58% sehen eine Verbesserung ihres Unternehmensimages als Vorteil und 40% eine höhere Arbeitgeberattraktivität. Und jedes dritte Unternehmen gibt an, dass die Attraktivität für Investoren steigt. „Ökologische und soziale Nachhaltigkeit haben sich auf den Finanzmärkten zu einem wichtigen Kriterium für Unternehmensbeteiligungen entwickelt“, sagt Bühler. Im internationalen Vergleich führen – neben der EU – Länder wie die USA, Japan oder China schrittweise verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte ein.

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

 

BC 10/2024 

BC20241015

 

 

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