Wirkungsweise der Sales & Operations Planung (S&OP)

Zwar haben nach neuen Befragungsergebnissen ca. 70% der Unternehmen im produzierenden Mittelstand (insbesondere Familienunternehmen) ein S&OP-System (Vertriebs- und Beschaffungssystem) formal eingeführt, doch nur etwa ein Viertel steuert damit konsequent und unternehmensweit. Rund 80% organisieren den Prozess immer noch primär in Excel. Die Folge sind Silos, Eilaufträge, häufige Umplanungen in der Produktion, hohe (Zwischen-)Bestände und im Ergebnis verschenkte Marge.
Praxis-Info!
Problemstellung
Viele Unternehmen scheitern mit ihren Planungsprozessen nicht an der IT. Sie scheitern an Konsequenz im Handeln, einer ungenügenden Rollenklärung und am fehlenden Entscheidungsfokus. S&OP ist kein Reportingsystem, sondern ein Führungs- und Entscheidungsformat. Es verknüpft als integriertes System den Vertrieb (sales) mit der Produktion und der Beschaffung (operations) sowie den Finanzzielen. Ohne klare Verantwortlichkeiten, ohne Prioritäten und ohne Finanzintegration bleibt es aber nur ein Meeting mit Charts, ohne wirkliche Steuerung.
Lösung
1. Rollierender Steuerungsprozess mit Finalisierung im S&OP-Meeting
Worum geht’s wirklich? S&OP ist Führungsarbeit und das Rückgrat einer integrierten Unternehmenssteuerung: in Zahlen gepackte Wahrheit über Nachfrage, Kapazitäten und Finanzwirkung. Der rollierende Prozess setzt einen klaren Takt – mit verlässlichen Entscheidungen statt endlosen Abstimmungsrunden. Die Bandbreite reicht vom statistischen Forecast über Bedarfs- und Kapazitätsplanungen bis zum Abgleich: In Szenarien werden Engpässe sichtbar, Alternativen bewertet und die Finanzwirkungen transparent gemacht. Im S&OP-Meeting wird entschieden und der integrierte Plan freigegeben. Konkret äußert sich das in einem für alle verbindlichen Monatskalender (Input, Output, Rollen, Termine), der die S&OP-Führung planbar macht – strategisch, taktisch, operativ; langfristig bis kurzfristig. Wer daran rüttelt, würde wieder in Ad-hoc-Feuerwehrmaßnahmen und einem „best-effort“-Excel landen: größtmöglich bemüht, aber ohne nachhaltigen Erfolg.
2. Schritte zur Implementierung
Für den Einstieg sind die folgenden fünf Prozessschritte zu empfehlen:
- Fokus setzen: Die 20% der Produkte/Kunden, die 80% der Menge treiben, kommen zuerst in den Fokus.
- Rollen festziehen: Hier geht es um eindeutige Verantwortlichkeiten für Forecast, Bedarf, Kapazität, Bedarfs-Kapazitätsabgleich, Finanzen und die klar definierte Aufstellung des Entscheidungsgremiums.
- Monatstakt leben: Dazu gehören ein fixer Kalender, definierte Inputs/Outputs und ein sauberer Datenhaushalt (Stichwort Datenqualität, „gut genug“ genügt zum Start).
- Szenarien aufstellen: Mit der Ausgangssituation (Baseline) geht es in „Was-wäre-wenn“-Prozesse (Engpass, Nachfrage-Peaks, Lieferverzug) inklusive Finanzwirkung.
- KVP verankern: Bewährt hat sich die Vorgabe, in jedem Planungs-Zyklus zwei Verbesserungen zu beschließen (KVP = kontinuierlicher Verbesserungsprozess) – hinsichtlich der Prozesse, Daten oder Verantwortungen.
- Die Effekte werden schnell spürbar sein: Bessere Forecast-Qualität, höhere Lieferfähigkeit und -treue, sinkende Bestände bei höherer Reaktionsgeschwindigkeit, robustere Ressourcennutzung. Für Produktanläufe zeigt sich das erfahrungsgemäß u.a. in bis zu 20% höherer Lieferbereitschaft (schnellere Marktdurchdringung). Das reduziert Fehlstarts messbar – weil Produkte verfügbar sind und zuverlässig geliefert werden.
- Für den produzierenden Mittelstand und für Familienunternehmen ist S&OP kein „nice to have“, sondern strategische Steuerung in volatilen (schwankungsanfälligen) Märkten. Wer sich konsequent an den S&OP-Prozess hält, gewinnt Liefertreue, Geschwindigkeit und Kapitalbindung zurück. Wer zögert, bleibt im Nebel – mit Excel als Taschenlampe.
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Fabian Dichant, tätig als Senior Manager Business Performance Improvement bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH in München
BC 11/2025
BC20251104