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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

GWG und Sammelposten: Zweifelsfragen zur bilanzsteuerlichen Behandlung

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 30.9.2010, IV C 6 – S 2180/09/10001

Für selbstständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2009 erworben oder hergestellt werden, ist durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 (BGBl. I 2009, S. 3950, BStBl. I 2010, S. 2 – siehe auch  hier) das folgende bilanzsteuerrechtliche Wahlrecht eingeführt worden:

  • Sofortabschreibung für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) bis 410 € (netto, vgl. § 6 Abs. 2 EStG) oder
  • Poolabschreibung (Sammelposten) für alle Wirtschaftsgüter zwischen 150,01 € bis 1.000 € (§ 6 Abs. 2a EStG).

Das Wahlrecht kann nur einheitlich für alle Wirtschaftsgüter eines Wirtschaftsjahres ausgeübt werden – also „entweder … oder“ und nicht „sowohl … als auch“ (wirtschaftsjahrbezogenes Wahlrecht).

Für die Anwendung von § 6 Abs. 2 und 2a EStG in Ergänzung zu R 6.13 EStR 2008 hat das Bundesfinanzministerium einige Regelungen getroffen. In den ersten Abschnitten haben diese noch überwiegend wiederholenden Charakter. Vielen nicht bewusst oder bekannt ist das wirtschaftsgutbezogene Wahlrecht bei Aufwendungen bis 150 €: Diese können im maßgebenden Wirtschaftsjahr in voller Höhe (gemäß § 6 Abs. 2 EStG) als Betriebsausgaben abgezogen werden, wobei das Wahlrecht für jedes Wirtschaftsgut individuell in Anspruch genommen werden kann.

 

 

Praxishinweis von Uwe Jüttner (Experte für Anlagenbuchhaltung):

  • In den Jahren 2008 und 2009 mussten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzbar und bewertbar, abnutzbar und beweglich sind sowie längerfristig dem Betrieb dienen, bei einem Anschaffungswert bis einschließlich 150 € zwingend in den Aufwand gebucht werden. Dies ist seit 1.1.2010 nicht mehr zwingend. Solche Wirtschaftsgüter können sozusagen „langlebig“ erfasst und (gemäß § 7 Abs. 1 oder 2 EStG) abgeschrieben werden. Abweichend hiervon dürfen diese Wirtschaftsgüter (nach § 6 Abs. 2 EStG) auch als Betriebsausgaben behandelt werden. Das Wahlrecht kann für jedes Wirtschaftsgut individuell in Anspruch genommen werden (siehe Rz. 1 und 2 des BMF-Schreibens). Folge: Ein Aktenlocher beispielsweise, der etwa 10 € kostet, darf als Anlagevermögen erfasst werden.
  • Mit Blick auf den von der Bundesregierung angestrebten Bürokratieabbau sowie zur Gewährleistung der nötigen Rechtssicherheit bei den Anwendern wäre es empfehlenswert, weiterhin an der Wertuntergrenze in Höhe von 150 € für das Anlagevermögen festzuhalten. Im Klartext: Sofern die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes weniger als 150 € (netto) betragen, sollten diese stets als Betriebsausgaben behandelt werden.

 

Im Weiteren konzentriert sich das BMF-Schreiben auf spezielle Zweifelsfragen zum Sammelposten. Dabei werden auch Sonderfälle zum Rumpfgeschäftsjahr, zu Wirtschaftsgütern, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, oder zur Realteilung behandelt, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen wird.

 

 

a) Bildung des Sammelpostens

 

Abgesehen von der buchmäßigen Erfassung des Zugangs der Wirtschaftsgüter in den Sammelposten bestehen keine weiteren Aufzeichnungspflichten. Die Wirtschaftsgüter des Sammelpostens müssen aus steuerlichen Gründen nicht in ein Inventar (im Sinne des § 240 HGB) aufgenommen werden.

Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern (im Sinne des § 6 Abs. 2a EStG) erhöhen den Sammelposten des Wirtschaftsjahres, in dem die Aufwendungen entstehen (R 6.13 Abs. 5 Satz 2 EStR). Beabsichtigt der Steuerpflichtige, in diesem Wirtschaftsjahr die Sammelpostenregelung (gemäß § 6 Abs. 2a EStG) nicht anzuwenden, beschränkt sich der Sammelposten auf die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Satz 1 genannten Wirtschaftsgüter.

Fallen die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits im Wirtschaftsjahr der Investition an und übersteigt die Summe der Gesamtkosten in diesem Wirtschaftsjahr die Betragsgrenze von 1.000 €, kann § 6 Abs. 2a EStG nicht angewendet werden; das Wirtschaftsgut ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzeln zu bewerten. Scheidet ein Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage aus dem Betriebsvermögen aus, liegen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Wirtschaftsgutes im Sammelposten zum Schluss dieses Wirtschaftsjahres nicht vor.

Anschaffungs- oder Herstellungskosten von nicht selbstständig nutzbaren Wirtschaftsgütern sind, sofern sie keine nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten darstellen, nicht im Sammelposten zu erfassen.

 

Beispiel:

Am Ende des Wirtschaftsjahres 01 wird ein PC gekauft (Anschaffungskosten: 500 €) und im Sammelposten erfasst. Im Folgejahr 02 wird hierzu ein Drucker (für 180 €) angeschafft – welcher neben dem Drucken keine weiteren Funktionen ausführen kann.

 

 

Lösung:

Der Drucker ist ein nicht selbstständig nutzungsfähiges Wirtschaftsgut (vgl. BFH-Urteil vom 19.2.2004, BStBl. II, S. 958); die Aufwendungen stellen aber keine nachträglichen Anschaffungskosten des PC dar, da keine Nutzungseinheit mit dem PC angenommen wird. Der Drucker ist einzeln (nach den Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu bewerten, und die Anschaffungskosten sind über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.

Anders wäre bei einer nicht selbstständig nutzungsfähigen PC-Maus vorzugehen, die eine Nutzungseinheit mit dem PC bildet. Diese Aufwendungen müssten als nachträgliche Anschaffungskosten des PC im Sammelposten des Wirtschaftsjahres 02 erfasst werden (vgl. R 6.13 Abs. 5 Satz 2 EStR).

 

 

Warnhinweis von Uwe Jüttner (Experte für Anlagenbuchhaltung):

Das oben genannte Beispiel (Rz. 11 des BMF-Schreibens) enthält dann einen Klassifizierungsfehler, wenn sich die PC-Beschaffung im engeren Sinne auf einen Desktop beschränkt; dies ist anzunehmen, weil die Maus im vorliegenden Beispiel später beschafft wird. Denn ein PC setzt sich aus folgenden Teilen zusammen: Desktop (Rechner) mit Monitor, Tastatur und Maus.

In der Lösung wird angegeben, der Desktop-PC sei ein selbstständig nutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, was unzutreffend ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des FG München vom 30.6.1992, 16 K 4178/91 (vgl. auch Jüttner, Heft 3/2010, S. 103 f.) und außerdem laut Schmidt, ESt-Kommentar 2010 (C.H. Beck, Autoren Schmidt/Kolosa, § 6 EStG Rz. 599) sind die einzelnen Komponenten einer „PC- bzw. Computer-Anlage“, wie der Rechner selbst, der Monitor etc., keiner selbstständigen Nutzung fähig – und damit kein selbstständig nutzbares Wirtschaftsgut.

 

 

Die Regelungen zum Sammelposten gelten sowohl für notwendiges als auch für gewillkürtes Betriebsvermögen.

Der Ansatz von Festwerten (§ 240 Abs. 3 HGB) ist für im Sammelposten erfasste Wirtschaftsgüter nicht zulässig. Der Festwert für Wirtschaftsgüter, die zulässigerweise mit einem gleich bleibenden Wert angesetzt wurden, ist planmäßig (gemäß R 5.4 Abs. 3 EStR) anzupassen.

 

 

b) Auflösung des Sammelpostens

 

Sowohl das Ausscheiden eines einzelnen im Sammelposten erfassten Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen (durch Entnahme, Veräußerung, Verschrottung oder sonstiges Abhandenkommen) als auch der Abgang sämtlicher im Sammelposten erfassten Wirtschaftsgüter führen nicht zu einer (teilweisen oder vollständigen) Auflösung des Sammelpostens. Bei im Sammelposten erfassten Wirtschaftsgütern sind Sonderabschreibungen sowie Teilwertabschreibungen nicht zulässig.

 

Hinweise:

  • Sammelposten sind jahrgangsbezogen mit jeweils einem Fünftel gewinnmindernd zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres aufzulösen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der einzelnen Wirtschaftsgüter ist für die Auflösung des Sammelpostens auch dann unbeachtlich, wenn diese weniger als fünf Jahre beträgt.
  • Werden im Sammelposten erfasste Wirtschaftsgüter außerbetrieblich genutzt, ist für die Ermittlung der als Entnahme zu behandelnden Selbstkosten der Wertverzehr im Schätzungsweg zu berücksichtigen.

 

 

 

 

 

c) Sammelposten bei Übertragung oder Einbringung eines gesamten Betriebes

 

In den Fällen der Übertragung oder Einbringung eines gesamten Betriebes zum Buchwert gehen die im Sammelposten erfassten Wirtschaftsgüter zusammen mit dem Betrieb auf den neuen Rechtsträger über. Der übernehmende Rechtsträger führt den Sammelposten unverändert fort.

Bei einer Einbringung zu einem über dem Buchwert liegenden Wert liegt für den übernehmenden Rechtsträger ein Anschaffungsvorgang vor, der unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2a EStG zur Bildung eines neuen Sammelpostens führen kann.

Behält der übertragende, überführende oder einbringende Rechtsträger Betriebsvermögen zurück (z.B. Einbringung des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft, wenn die einbringende Personengesellschaft fortbesteht), ist der Sammelposten im verbleibenden Betriebsvermögen auszuweisen.

 

 

d) Übertragung oder Einbringung eines Teilbetriebes

 

Die Übertragung oder Einbringung eines Teilbetriebes hat ungeachtet des Verbleibs der im Sammelposten erfassten Wirtschaftsgüter keine Auswirkung auf den Sammelposten des übertragenden oder einbringenden Rechtsträgers (R 6.13 Abs. 6 EStR); Entsprechendes gilt für nach § 6 Abs. 5 EStG überführte oder übertragene und im Sammelposten erfasste Wirtschaftsgüter.

Wird ein Teilbetrieb zum Buchwert übertragen oder eingebracht, erfolgt beim übernehmenden Rechtsträger mangels eines eigenen Buchwertes für im Sammelposten erfasste Wirtschaftsgüter weder ein Ausweis dieser Wirtschaftsgüter noch der Ausweis eines Sammelpostens. Dies gilt auch für eine Übertragung oder Überführung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert nach entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG.

 

 

e) Übertragung und Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

 

Bei der unentgeltlichen Übertragung des gesamten oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils bleibt der im Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft gebildete Sammelposten unverändert bestehen. Ein im Sonderbetriebsvermögen des übertragenen Mitunternehmeranteils enthaltener Sammelposten geht auf den Rechtsnachfolger über, wenn der gesamte Mitunternehmeranteil übertragen wird. Wird hingegen nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils übertragen, wird der Sammelposten im Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden unverändert fortgeführt, es sei denn, mit der Übertragung des Teils eines Mitunternehmeranteils wird das gesamte Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich übertragen. Beim rückwirkenden Ansatz des Teilwerts nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG bleibt der Sammelposten aus Vereinfachungsgründen in unveränderter Höhe bestehen.

Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils hat keine Auswirkungen auf den Sammelposten der Gesamthandsbilanz der Mitunternehmerschaft. Für die Sammelposten der Sonderbilanz des veräußerten Mitunternehmeranteils sind die Ausführungen zur „Auflösung des Sammelpostens“ (Rn. 15) zu beachten. In der Ergänzungsbilanz des Erwerbers ist aus Vereinfachungsgründen immer nur ein Posten für im Sammelposten enthaltene Mehr- oder Minderwerte zu bilden, unabhängig davon, ob der Mehr- oder Minderwert auf Wirtschaftsgüter entfällt, die in einem oder in verschiedenen Sammelposten erfasst wurden. Der Sammelposten in der Ergänzungsbilanz ist im Wirtschaftsjahr des Erwerbs und in den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils einem Fünftel aufzulösen.

Das BMF-Schreiben illustriert die Behandlung des Sammelpostens bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einem ausführlicheren Beispiel.

 

 

f) Zeitliche Anwendung bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr

 

Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab (§ 4a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG), sind in dem vor dem 1.1.2010 beginnenden Wirtschaftsjahr (Übergangsjahr) sowohl die bis zum 31.12.2009 als auch die ab dem 1.1.2010 geltenden Regelungen jeweils zu beachten:

  • Bei Wirtschaftsgütern, die nach dem 31.12.2009 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden, kann das neue GWG-Wahlrecht (wie oben beschrieben) angewendet werden (§ 52 Abs. 16 Satz 14 EStG).
  • Bei Wirtschaftsgütern, die nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.1.2010 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden, ist § 6 Abs. 2 und 2a i.V.m. § 52 Abs. 16 Satz 18 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I, S. 1912, BStBl. I, S. 630) anzuwenden. Danach sind Aufwendungen bis 150 € zwingend in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen. Für Aufwendungen von mehr als 150 € und nicht mehr als 1.000 € ist zwingend ein Sammelposten zu bilden und entsprechend aufzulösen. Abgesehen von der buchmäßigen Erfassung des Zugangs der Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen bis 1.000 € bestehen keine weiteren steuerlichen Aufzeichnungspflichten.

 

 

Hinweis:

Wird im Übergangsjahr hinsichtlich der nach dem 31.12.2009 angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter das Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpostens in Anspruch genommen, ist insoweit kein eigener Sammelposten zu bilden; diese Wirtschaftsgüter sind vielmehr in dem für die vor dem 1.1.2010 angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen von mehr als 150 € und nicht mehr als 1.000 € zwingend gebildeten Sammelposten zu erfassen.

 

 

In vor dem 1.1.2008 beginnenden abweichenden Wirtschaftsjahren ist für die vor dem 1.1.2008 angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter ausschließlich § 6 Abs. 2 EStG in der Fassung vor der zeitlichen Anwendung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I, S. 1912, BStBl. I, S. 630) maßgebend; die oben geschilderte Regelung zum vor dem 1.1.2010 beginnenden Wirtschaftsjahr (Übergangsjahr) ist insoweit nicht anzuwenden.

 

Vertiefungshinweise:

  • Den Volltext des BMF-Schreibens können Sie hier als pdf-Datei abrufen.

 

[Zusammenfassung d. Red.]

 

BC 11/2010

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