Dr. Hans-Jürgen Hillmer
BFH-Beschluss vom 22.10.2015, I B 122/14
Wird einer GmbH als Enkelgesellschaft von der Muttergesellschaft ein unverzinsliches Darlehen gewährt, so hat die GmbH für den Bilanzansatz eine Abzinsung vorzunehmen.
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Problemstellung
Eine in den Niederlanden ansässige Muttergesellschaft hatte einer deutschen Enkelgesellschaft (GmbH) ein Darlehen gewährt, das unverzinslich war. Die in der GmbH-Bilanz offenbar mit dem Nennbetrag ausgewiesene Verbindlichkeit wurde im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung vom Finanzamt nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2009 abgezinst. Dies kann zu beträchtlichen außerordentlichen Erträgen führen.
Im Rahmen der erfolglosen Klage hatte das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 23.7.2014 (Az.: 9 K 1386/13 K,G,F) die Revision nicht zugelassen.
Lösung
Die dagegen seitens der GmbH erhobene Beschwerde hat der BFH kurz und bündig als unzulässig verworfen. Der Vortrag, es sei im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2009 auch dann vorzunehmen sei, wenn der Steuerbelastung im Zeitpunkt der Abzinsung keine spätere Steuerentlastung entgegenstehen werde (Definitiveffekt), sei offensichtlich unschlüssig. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Vorinstanz keine Feststellungen zu den künftigen Erträgen der Klägerin getroffen hat und deshalb der Beschwerdevortrag auf einem Sachverhalt beruht, der in einem Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden könnte. Hinzu komme, dass die Erwägungen nicht zwischen
– der Frage der Verlustermittlung (hier: einschließlich Abzinsung) einerseits und
– der Frage nach der Verlustverwertung (Verrechnung, Abzug oder Ausgleich)
unterscheiden.
- Ein „Prozesshansel“ ist bekanntlich jemand, der schnell sein Heil in gerichtlichen Auseinandersetzungen sucht. Wer aber eine finanzgerichtliche Klage erhebt, sollte sich zumindest mit der einschlägigen BFH-Rechtsprechung befasst haben und insbesondere nicht deren vermeintliches Fehlen als Argument anführen. Denn Missfallen auf der Seite der Münchener BFH-Richter rief insbesondere der GmbH-Vortrag hervor, der BFH habe sich bisher noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob für das von der Muttergesellschaft an ihre Tochterunternehmen gewährte Darlehen eine verdeckte Einlage anzusetzen sei, die sich durch eine Abzinsung bilanziell niederschlage: Die GmbH habe insoweit die einschlägige Senatsrechtsprechung nicht hinreichend gewürdigt. Danach ist in dem Nutzungsvorteil der Zinslosigkeit keine Einlage zu sehen (siehe Urteil vom 27.1.2010, I R 35/09, BStBl. II 2010, 478, ausführlich dazu aus Beratersicht unter http://www.wp-kloppe.com/downloads/Mandanteninformation_03-2010.pdf). Im Übrigen führt die Vermögenslosigkeit des Schuldners nicht dazu, eine rechtlich bestehende Verpflichtung aus dem handels- oder steuerrechtlichen Abschluss auszubuchen (zuletzt Senatsurteil vom 15.4.2015, I R 44/14, BStBl. II 2015, 769; zum Abzinsungsgebot bei unverzinslichen Gesellschafterdarlehen siehe schon den BFH-Beschluss vom 6.10.2009, I R 4/08).
- Auch die von der GmbH angestrebte Klärung, ob die Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2009 mit Art. 6 des DBA-Niederlande 1959 vereinbar sei, verwirft der BFH als unschlüssig. Denn diese Bestimmung ziele darauf ab, eine nicht fremdübliche Gewinnminderung zu korrigieren. Im Streitfall hingegen erhielt die GmbH aufgrund ihrer Konzernzugehörigkeit ein zinsloses Darlehen, das erkennbar gerade nicht geeignet war, ihre Einkünfte zu mindern.
- Auf den Punkt gebracht: Wer die Abzinsung vermeiden will, sollte die Unverzinslichkeit meiden.
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Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 3/2016
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