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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Passive Rechnungsabgrenzungsposten: Auslegung des Merkmals „für eine bestimmte Zeit“ nach dem Abschlussstichtag

BC-Redaktion

FG Köln, Urteil vom 19.10.2011, 10 K 2381/10 (rkr.)

 

Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, die für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag einen Ertrag darstellen, sind (gemäß § 250 Abs. 2 HGB bzw. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) als passiver Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen.

Im Unterschied zu den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, für die nach dem Vorsichtsprinzip das Merkmal „bestimmte Zeit“ eng auszulegen ist, ist bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten eine weite Auslegung zulässig.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Streitfall hat ein Leasinggeber mit einem Berater einen Kooperationsvertrag abgeschlossen: Danach bietet der Berater Dritten Leasing-, Miet- und Kaufverträge als Finanzierungsmöglichkeit über fünf Jahre an. Für jeden direkt oder indirekt abgeschlossenen und vom Leasinggeber angenommenen Finanzierungsvertrag erhält er ein erfolgsabhängiges Beraterhonorar, das mit Abschluss und Ingangsetzung des jeweiligen Finanzierungsvertrags fällig bzw. ausbezahlt wird. Das Honorar deckt sämtliche Leistungen ab, welche während der Grundleasingzeit (in der Regel 60 Monate) zu erbringen sind (z.B. Überwachung der Einhaltung der Vertragsbedingungen). Falls die Beratertätigkeit vorzeitig eingestellt werden sollte, werden die am Vertragsbeginn der einzelnen Leasingverträge gezahlten Honorare (zeit-)anteilig zurückgezahlt. Der Berater bildete für die gemäß dem Kooperationsvertrag vereinnahmten Entgelte passive Rechnungsabgrenzungsposten, die er linear über die Grundmietzeit von fünf Jahren hin auflöste.

Nach Auffassung des Finanzamts ist jedoch die Bildung passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu versagen. Rechnungsabgrenzungsposten dürften nur gebildet werden, wenn Einnahmen vor dem Abschlussstichtag geflossen seien, d.h. ein barer oder unbarer Zahlungsvorgang vorliege. Diese Zahlung müsse für einen bestimmten Zeitraum nach dem Abschlussstichtag erfolgt sein. Anfang und Ende des Zeitraums müssten eindeutig festliegen, d.h. kalendermäßig bestimmt oder zumindest genau bestimmbar sein. Hierbei müsse sich die noch zu erbringende Leistung rechnerisch wie wirtschaftlich auf die bestimmte Zeit aufteilen lassen. Im Streitfall sei jedoch der Umfang der nachträglichen Betreuung und Beratung nicht genau bestimmbar, weshalb eine gleichmäßige Verteilung des Erfüllungsrückstands nicht möglich sei.

Der Berater bestritt hingegen, er habe lediglich Erfolgshonorare für den Abschluss eines Leasingvertrags erhalten.

 

 

Lösung

Das Finanzamt hat die passiven Rechnungsabgrenzungsposten anzuerkennen. Selbst dann, wenn der Umfang der vom Berater in den einzelnen Jahren zu erbringenden Leistungen unklar ist, darf ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Entscheidend ist, dass er über die gesamte Grundmietzeit verpflichtet war, im Bedarfsfall Leistungen zu erbringen, die mit dem zu Beginn des Vertrags gezahlten Honorar abgegolten waren. Ist der Umfang der auf die einzelnen Jahre entfallenden Leistungen nicht feststellbar, sind die Entgelte gleichmäßig auf die Laufzeit zu verteilen.

Statt einer linearen Verteilung könne auch eine degressive Verteilung in Betracht gezogen werden. Da jedoch im Streitfall nicht ermittelt wurde, in welchen Jahren innerhalb der fünf Jahre in welchem Umfang Leistungen erbracht wurden, und diese Ermittlung im Nachhinein bei 4.000 bis 5.000 Verträgen einen unzumutbaren Aufwand bedeuten würde, muss es bei der linearen Verteilung bleiben. Die fehlende Ermittlung kann jedenfalls nicht dazu führen, die Einnahmen entgegen dem Vorsichtsprinzip nicht auf die Grundmietzeit zu verteilen.

 

 

Praxishinweise:

  • Unter passiven Rechnungsabgrenzungsposten (PRA) sind primär gegenseitige Verträge – in der Regel Dauerschuldverhältnisse – auszuweisen:
    – Die Einnahme (Zahlungsvorgang) erfolgt vor dem Abschlussstichtag.
    – Der Ertrag (Leistungsvorgang) liegt jedoch nach diesem Stichtag.
    Der erfolgte Zahlungsvorgang wird sozusagen in die nächste Periode „herübergereicht” („transitorischer Posten”). Typische Beispiele für PRA sind die vor dem Bilanzstichtag empfangenen Miet-, Pacht-, Erbbau- und Darlehenszinsen sowie Versicherungsprämien und ähnliche wiederkehrende Leistungen, die Entgelt für erst nach dem Bilanzstichtag zu erbringende Leistungen sind (z.B. Überlassung der Mieträume, Darlehensgewährung).
  • Das FG Köln orientiert sich an der neueren BFH-Rechtsprechung, wonach eine genaue kalendermäßige Abgrenzung der bis zum Bilanzstichtag erhaltenen Einnahmen (passive Rechnungsabgrenzung) nicht mehr in jedem Fall erforderlich ist.
    Da das Vorsichtsprinzip sowohl für die Aktiv- als auch für die Passivseite der Bilanz gilt, wird in der Literatur zu Recht kritisiert, weshalb Zeitraum-Schätzungen passivisch zulässig sind, während aktivisch an der Kalenderfrist festgehalten wird.

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 7/2012

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