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Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge bei einem faktischen Geschäftsführer: Verdeckte Gewinnausschüttung

Christian Thurow

FG Münster, Urteil vom 27.1.2016, 10 K 1167/13 K,G,F (Revision zuzulassen)

 

Tritt eine Person dem allgemeinen Gesamterscheinungsbild nach im Außenverhältnis als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft auf, ohne jedoch tatsächlich als solcher bestellt zu sein, liegt unter Umständen eine sog. faktische Geschäftsführung vor. Fraglich ist, ob in einem solchen Fall die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zur Anwendung kommen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mutter und Sohn betrieben eine Diskothek in der Rechtsform einer GmbH. Der Sohn war zu 60% und die Mutter zu 40% am Stammkapital beteiligt. Die Mutter war als alleinige Geschäftsführerin der Gesellschaft bestellt. Der Sohn ist als Angestellter in der Gesellschaft tätig gewesen. Insgesamt beschäftigte die Diskothek über 60 Arbeitnehmer, die meisten davon als Aushilfen. Allen Angestellten wurden Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge (SFN-Zuschläge) gezahlt, nicht jedoch der Geschäftsführerin.

Im Rahmen einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Schluss, der Sohn sei als faktischer Geschäftsführer anzusehen. Folglich stellen die an ihn gezahlten SFN-Zuschläge eine vGA dar.

In ihrer Klage bestreitet die GmbH sowohl die faktische Geschäftsführung als auch die Anwendung der vGA-Regelungen.

 

 

Lösung

Nach Ansicht des FG Münster ist das Finanzamt zu Recht von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen. Zunächst befasst sich das Finanzgericht mit der Frage, ob eine faktische Geschäftsführung vorliegt. Entscheidend ist hierbei, wie sich das Auftreten des Betreffenden nach dem Gesamterscheinungsbild im Innen- und Außenverhältnis darstellt. Der Betreffende muss die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich durch eigene Entscheidungen wie ein Geschäftsführer geführt haben. Dazu ist es nicht erforderlich, dass der satzungsmäßige Geschäftsführer verdrängt wird. Es genügt vielmehr, wenn im maßgeblichen Umfang Geschäftsführungsfunktionen übernommen wurden. In der bisherigen Zivilrechtsprechung wird dabei auf acht Kernbereiche der Geschäftsführung abgestellt:

  1. Bestimmung der Unternehmenspolitik,
  2. Unternehmensorganisation,
  3. Einstellung von Mitarbeitern,
  4. Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern,
  5. Verhandlung mit Kreditgebern,
  6. Gehaltshöhe,
  7. Entscheidung der Steuerangelegenheiten,
  8. Steuerung der Buchhaltung.

Im Ausgangsfall erfüllt der Sohn sechs der acht Kriterien. Laut BFH-Rechtsprechung ist für das Vorhandensein einer faktischen Geschäftsführung ein „üblicherweise“ der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln erforderlich. Hier ist also im Einzelfall zu prüfen, welche Geschäftsführeraufgaben in der konkreten Gesellschaft von einem Geschäftsführer wahrgenommen werden. Auch nach diesem Kriterium ist der Sohn im Ausgangsfall als faktischer Geschäftsführer anzusehen.

Nach der BFH-Rechtsprechung stellen an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte SFN-Zuschläge eine vGA dar, wenn sie nicht auch gesellschaftsfremden Geschäftsführern gewährt werden (betriebsinterner Fremdvergleich). Diese Rechtsprechung greift nach Ansicht des FG Münster auch bei einem faktischen Geschäftsführer. Denn: Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde einen faktischen Geschäftsführer nicht in dieser informellen Position belassen, sondern ihn ordnungsgemäß als Geschäftsführer bestellen. Die Position des faktischen Geschäftsführers hält somit einem Fremdvergleich nicht stand. Folglich stellen die an den Sohn gezahlten SFN-Zuschläge eine vGA dar.

 

 

Praxishinweis:

Die Revision ist zugelassen, da noch nicht abschließend geklärt ist, ob die entwickelten Grundsätze zur vGA-Rechtsprechung auch bei faktischen Geschäftsführern Anwendung finden. Allerdings sollte der Kläger im Ausgangsfall genau überlegen, ob er Revision einlegt – wie von Finanzamt und Finanzgericht nämlich hervorgehoben, liegt die Vergütung des Sohnes weit über dem Normalen (Durchschnitt). Da das Finanzamt den Sohn als faktischen Geschäftsführer ansieht, wurde der Fremdvergleich auf Geschäftsführergehaltsebene vorgenommen (und ist selbst da deutlich zu hoch).

Würde keine faktische Geschäftsführung vorliegen, so würde der Vergleich des tatsächlichen Gehalts mit dem eines Angestellten eine vGA auslösen. In diesem Fall wären eventuell steuerfreie Zahlungen für SFN-Zuschläge möglich; ein Großteil des Festgehalts wäre dann jedoch zusätzlich als vGA anzusetzen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 4/2016

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