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Übersicht über den Inhalt des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO – Update

Kevin Leibold, LL. M., ist Rechtsanwalt; auf Twitter unter: @kleibold23.

ZD-Aktuell2023, 01371   Hier findet sich ein von Kevin Leibold, LL. M., erstelltes Update über den Inhalt des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO für die Jahre 2018 bis 2022 mit dem aktuellen Stand vom 15.9.‌2023.

NEU ArbG Ludwigshafen Urt. v. 8.10.‌2021 – 3 Ca 480/21

Die Ansprüche aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO sollen sicherstellen, dass die Betroffenen den Umfang und Inhalt der gespeicherten personenbezogenen Daten beurteilen können. Sie dienen allein dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und nicht dazu, rechtliches Gehör oder „Waffengleichheit“ in einem gerichtlichen Verfahren zu gewährleisten. Art. 15 DS-GVO soll eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen und auch dazu dienen, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, vor allem das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DS-GVO, auf Löschung nach Art. 17 DS-GVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DS-GVO.

NEU FG Düsseldorf Urt. v. 1.12.‌2021 – 4 K 3156/18 AO

Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist die Verpflichtungsklage. Der Bekl. ist verpflichtet, dem Kl. eine Kopie der personenbezogenen Daten, die der Bekl. bei dessen Außenprüfung erhoben hat, zur Verfügung zu stellen, weil der ablehnende Bescheid des Bekl. insoweit rechtswidrig ist und den Kl. in seinen Rechten verletzt. Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO und damit auch der Anspruch auf Übersendung der Kopie besteht gegenüber dem Bekl. als Verantwortlichem iSd Art. 4 Nr. 7 DS-GVO. Der Anspruch auf Auskunft über die Daten, bzw. hier auf Zurverfügungstellung einer Kopie der Daten, ist im vorliegenden Fall nicht dadurch beschränkt, dass die Daten vom Kl. stammen und von ihm zuvor während der Außenprüfung dem Bekl. überlassen worden sind. Dass personenbezogene Daten von der berechtigten Person zur Verfügung gestellt worden sind, schließt diesen Anspruch nicht aus. Vielmehr stammt in aller Regel der größte Teil der Daten von den Auskunftssuchenden selbst. Der Kl. hat nur Anspruch auf die Daten in einem gängigen elektronischen Format, denn Art. 15 Abs. 3 S. 3 DS-GVO verlangt nur, dass der betroffenen Person die Daten, wenn sie den Antrag auf die Kopie der Daten elektronisch stellt, in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen sind, sofern sie nichts anderes angibt. Insoweit kann der Bekl. der Kl. die Kopie auch in Form einer Excel-Tabelle zu Verfügung stellen. Da der Bekl. aber nach § 32d Abs. 1 AO das Verfahren und die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, soweit die DS-GVO keine Regelung enthält, kann er dem Kl. auch, wenn ihm die Daten im Excel-Format nicht oder nicht vollständig vorliegen, diese in einem anderen elektronischen Formal wie etwa dem Format, in dem er von dem Kl. die Daten erhalten hat, zur Verfügung stellen (s. 68. Erwägungsgrund der DS-GVO). Insoweit hat der Bekl. nur zu beachten, dass die Ausübung des Auskunftsrechts für den Kl. als betroffener Person nur dann Sinn ergibt, wenn er die Kopien in einer Form erhält, die ihn auf der Basis seiner technischen und sonstigen Möglichkeiten dazu befähigt, die Kopien zu lesen und auszuwerten. Dem Auskunftsanspruch des Kl. steht § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegen, denn die Voraussetzungen für eine Auskunftsverweigerung sind nicht gegeben. Der Kl. hat keinen Anspruch auf die im Klageantrag zu 2. beantragte Auskunft über die Methoden und Kriterien sowie die Tragweite und Auswirkungen der Datenverarbeitung bei der Außenprüfung zu den Jahren 2007-2009 nach der DS-GVO. Nach seinem Wortlaut gibt Art. 15 Abs. 1 und 3 S. 1 DS-GVO dem Kl. als betroffener Person nur das Recht einer Auskunft zu seinen personenbezogenen Daten iSd Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Der Wortlaut entspricht auch dem Zweck dieser Regelung, der betroffenen Person ein Auskunftsrecht über ihre personenbezogenen Daten zu geben, das sie in angemessenen Abständen wahrnehmen kann, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit und Richtigkeit überprüfen zu können (s. 63. Erwägungsgrund zur DS-GVO). Damit kann sie gegebenenfalls hinsichtlich ihrer Daten die Berichtigung, die Löschung oder die Einschränkung ihrer Verarbeitung gem. den Art. 16 bis 18 DS-GVO verlangen. Schlussfolgerungen aus diesen Daten werden jedoch schon vom Auskunftsrecht nicht erfasst. Deshalb hat der Kl. auch keinen Anspruch auf die Vorlage der Kalkulation im Rahmen seines hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs. Ebenso wenig umfasst dieses Recht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO eine Auskunft über Methoden und Kriterien sowie Tragweite und Auswirkungen der Datenverarbeitung. Das Auskunftsrecht bezieht sich nach seinem Wortlaut nur auf Daten. Ein Anspruch auf Methoden und Kriterien sowie Tragweite und Auswirkungen der Datenverarbeitung ist nur in den – hier nicht gegebenen – Fällen einer automatisierten Entscheidungsfindung nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DS-GVO vorgesehen. Nur dann hat die betroffene Person Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für sie. Eine allgemeine Auskunft über aus den Daten selbst generierte Daten gibt es jedoch nicht.

NEU LG Offenburg Urt. v. 23.6.‌2022 – 2 O 351/21

Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 15 Abs. 13 DS-GVO. Der Versicherte als betroffene Person kann gem. Art. 15 Abs. 1 DS-GVO vom Versicherer als Verantwortlichem (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO) anlass- und begründungslos Auskunft über die bei diesem vorhandenen personenbezogenen Daten verlangen. Gem. Art. 4 Nr. 1 Hs. 1 DS-GVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Der Begriff ist weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist. Vor dem Hintergrund dieses weiten Verständnisses sind etwa Zweitschriften, Nachträge zu dem Versicherungsschein und verarbeitete Daten zu Prämienzahlungen nicht grds. vom datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch ausgeschlossen, soweit die darin enthaltenen personenbezogenen Daten bei der Bekl. verarbeitet werden. Hierzu gehören auch die vom Versicherer gespeicherte Korrespondenz ebenso wie Informationen zu und in vom Versicherer erzeugten (internen) Dokumenten. Die vom Kl. iSd Eingrenzung seines Informationsverlangens begehrten Informationen unterfallen daher grds. dem Art. 15 DS-GVO. Der Bekl. steht jedoch vorliegend ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b) DS-GVO zu. Als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag führt die Vorschrift die häufige Wiederholung auf. Der Wortlaut der Norm „insbesondere“ und die Systematik machen aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfasst. Vorliegend erweist sich das Begehren der Kl. im Ergebnis nach wertender Betrachtung schon aus unionsrechtlicher Sicht als rechtsmissbräuchlich. Bei der Auslegung, was iSd Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b) DS-GVO rechtsmissbräuchlich erscheint, ist der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Der Erwägungsgrund 63 der Verordnung stellt klar, dass eine betroffene Person ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können sollte, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts ist es damit, der betroffenen Person die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu ermöglichen. Die Auskünfte dienen auch dazu, der betroffenen Person die Wahrnehmung weiterer Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DS-GVO, auf Löschung nach Art. 17 DS-GVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DS-GVO. Um ein Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten und etwaige weitere datenschutzrechtliche Ansprüche geht es der Kl. aber ganz offensichtlich nicht. Sinn und Zweck der von ihr begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr – wie sich aus der Koppelung mit den unzulässigen Klageanträgen auf Feststellung und Zahlung zweifelsfrei ergibt – ausschließlich die Überprüfung etwaiger von der Bekl. vorgenommener Prämienanpassungen insb. wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG zur Verfolgung von Leistungsansprüchen. Der Kl. verfolgt die von der Norm geschützten Interessen noch nicht einmal reflexartig. Das klägerische Begehren trifft überdies nicht einmal den Titel der Verordnung, nämlich den „Datenschutz“. Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsinhalt einer Rechtsgrundlage entfernt hat, ist nicht schützenswert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber nicht etwa ein situationsunabhängiges Auskunftsrecht von Verbrauchern gegenüber Unternehmen schaffen wollte, welches im allgemeinen Rechtsverkehr nicht besteht. Vielmehr hat er die zu erteilenden Auskünfte explizit an den Zweck des Datenschutzes gebunden (vgl. Erwägungsgrund 63 zur DS-GVO). Mithin ist die klägerische Vorgehensweise vom Schutzzweck der DS-GVO nicht umfasst und als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

NEU OLG Dresden Urt. v. 16.8.‌2022 – 4 U 246/22

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 29.3.‌2022 (4 U 1905/21) einen Auskunftsanspruch verneint und sich den Ausführungen des OLG Hamm in seinem Beschluss vom 15.11.‌2021 – 20 U 269/21 zu einem gleichgelagerten Sachverhalt angeschlossen. Dort führte das OLG Hamm Folgendes aus: „Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Der Bekl. steht ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b) DS-GVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will. Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können. Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kl. aber nach seinem eigenen Klagevorbringen überhaupt nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr – wie sich aus der Koppelung mit den unzulässigen Klageanträgen auf Feststellung und Zahlung zweifelsfrei ergibt – ausschließlich die Überprüfung etwaiger vom Bekl. vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber nicht umfasst.

NEU AG Dortmund Beschl. v. 21.10.‌2022 – 410 C 2969/22

Es war davon auszugehen, dass die beklagte Partei im Wesentlichen unterlegen wäre, da die Bekl. den Kopieanspruch des Kl. aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO erst nach Rechtshängigkeit erfüllt hat. Der Kl. hatte zum Zeitpunkt der Klageerhebung gegenüber der Bekl. einen fälligen Anspruch auf Überlassung einer Kopie des Vorschlagsschreibens seiner ehemaligen Schule. Soweit die Bekl. der Auffassung ist, die Übersendung der Kopie habe sie ausschließlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz vorgenommen, weil der Anspruch des Kl. nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO ausgeschlossen sei, kann das Gericht schon nicht erkennen, ob und inwieweit vorliegend Rechte und Freiheiten anderer Personen entgegengestanden haben sollen. In der Sache ist mit dem Kl. davon auszugehen, dass Daten der Schule keine personenbezogenen Daten nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO darstellen. Auch die Voraussetzungen des §§ 29 Abs. 1 S. 2, 34 Abs. 1 Nr. 2a BDSG sind von der Bekl. nicht dargelegt und bewiesen worden. Entgegen der Auffassung der Bekl. erfordert die Anfertigung einer einseitigen Fotokopie insb. keinen unverhältnismäßigen Aufwand.

NEU LG Görlitz Urt. v. 26.10.‌2022 – 1 O 138/22

Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO begründen keinen Auskunftsanspruch. Personenbezogene Daten iSd Vorschriften sind persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale, die verarbeitet werden. Der Anspruch bezieht sich nicht auf vertragsbezogene Korrespondenz, wobei man hier berücksichtigen muss, dass entsprechende Schreiben der Kl. wohl zugegangen sind, er diese aber nicht mehr auffindet. Der Anspruch bezieht sich auf die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages der letzten zehn Jahre seit Rechtshängigkeit in allen versicherten Tarifen.

NEU FG Nürnberg Urt. v. 23.11.‌2022 – 5 K 246/21

Bei der Entscheidung über einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch durch eine Behörde handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Die Entscheidung über die Erteilung der in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO normierten Auskunft erfolgt einzelfallbezogen und entfaltet gegenüber dem Ast./Kl. Außenwirkung. Der Erteilung der Auskunft geht eine behördliche Entscheidung voraus, die auf der Grundlage eines gesetzlichen Prüfprogramms (vgl. Art. 15 Abs. 4 DS-GVO) zu treffen ist und bei der die Behörde besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen wie Begründungs- oder Anhörungspflichten zu beachten hat. Daher geht der Auskunftserteilung durch eine Behörde auf der Grundlage des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO stets eine Prüfung möglicher Ausschluss- und Beschränkungstatbestände voraus. Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist mithin die Verpflichtungsklage iSd § 40 Abs. 1 FGO. Der Kl. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Vorverfahren keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage auf Auskunftserteilung nach Art. 15 DS-GVO ist. Der Bekl. hat den Anspruch des Kl. auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erfüllt und die mit der Klage begehrte weitergehende Auskunft zu Recht nicht gewährt. Ein gebundener Anspruch auf Auskunft bzw. auf Akteneinsicht wird durch das Recht auf Auskunft über personenbezogene Daten nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO nicht begründet. Ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO besteht nicht. In Lit. und Rspr. ist umstritten, ob sich aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ein gebundener Anspruch auf umfassende Akteneinsicht (bzw. Übersendung von Kopien) ergibt. Der Senat schließt sich insoweit im Ergebnis den Ausführungen in den Urteilen des FG Baden-Württemberg vom 26.7.‌2021 (10 K 3159/20, EFG 2021, 177), des FG München vom 4.11.‌2021 (15 K 118/20, EFG 2022, 299) und des FG Münster vom 24.2.‌2022 (6 K 3515/20, EFG 2022, 820) an. Gegen einen gebundenen Anspruch auf Akteneinsicht spricht bereits der Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Darin wird ein Auskunftsrecht geregelt, welches einem Einsichtsrecht vom Wortsinn her nicht gleichsteht. Während Akteneinsicht den „Zugang zur Akte“ meint, ist Auskunft als Information über bestimmte Akteninhalte zu verstehen. Dies ergibt sich auch aus dem Vergleich verschiedener Sprachfassungen der DS-GVO. Des Weiteren ist zu beachten, dass das Akteneinsichtsrecht nur eine besondere Form der Auskunftserteilung bildet, wobei die Finanzbehörde die Möglichkeit hat, den gesetzlich festgeschriebenen Informationsanspruch durch Gewährung von Einsicht in die bei ihr geführten Akten zu erfüllen. Ein Akteneinsichtsrecht geht jedoch im Regelfall über ein bloßes Auskunftsrecht hinsichtlich der verarbeiteten personenbezogenen Daten hinaus. So beinhaltet eine Akte regelmäßig auch rechtliche Stellungnahmen, Entscheidungsentwürfe und Berechnungen der Amtsträger, Dienstanweisungen oder Ermittlungsergebnisse, die keine personenbezogenen Daten enthalten müssen. Aus Sinn und Zweck der DS-GVO folgt ebenfalls nicht, dass mit der DS-GVO ein bisher in der AO nicht verankertes umfassendes Akteneinsichtsrecht geschaffen werden sollte. Hintergrund des Auskunftsrechts aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist, dass die betroffene Person sich der Verarbeitung bewusst ist und auf dieser Grundlage deren Rechtmäßigkeit überprüfen kann (Erwägungsgrund 63 S. 1 der DS-GVO). Das Auskunftsrecht schafft Transparenz und ermöglicht die Wahrnehmung der weiteren Betroffenenrechte wie etwa Berichtigung nach Art. 16 DS-GVO oder Löschung gem. Art. 17 DS-GVO. Das Auskunftsrecht dient mithin dazu, dass sich jede natürliche Person vergewissern kann, dass sie betreffende personenbezogene Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden. Die Schaffkägerung eines Zugangs zu Verwaltungsdokumenten ist hingegen nicht die Zielrichtung des europäischen Datenschutzrechts. Der datenschutzrechtliche Anspruch auf Auskunft aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO kann auch ohne Akteneinsicht erfüllt werden, indem dem Betroffenen im Fall der Verarbeitung personenbezogener Daten die konkreten Daten sowie die Einzelangaben i. S. von Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 DS-GVO mitgeteilt werden.

NEU LG Hannover Urt. v. 8.12.‌2022 – 19 O 50/22

Ein Auskunftsanspruch ergibt sich zunächst nicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Die Kammer schließt sich insoweit vollumfänglich den überzeugenden und auf den hiesigen Fall übertragbaren Ausführungen des OLG Hamm (Beschluss vom 15. November 2021 – I-20 U 269/21) an, das wie folgt ausführt: „Der Bekl. steht ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b DS-GVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen "exzessiven" Antrag auf. Die Verwendung des Wortes "insbesondere" macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will. Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können. Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kl. aber nach seinem eigenen Klagevorbringen überhaupt nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr – wie sich aus der Koppelung mit den unzulässigen Klageanträgen auf Feststellung und Zahlung zweifelsfrei ergibt – ausschließlich die Überprüfung etwaiger vom Bekl. vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber nicht umfasst“.

Weiterführende Links

Vgl. auch Leibold ZD-Aktuell 2023, 01041.

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