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Familienunternehmen im Fokus

Von Arnd Becker, Christian Bochmann, Michael Bonefeld, Tobias Hueck, Philipp Maume, Marco Staake und Katharina Uffmann | Jan 10, 2022
Familienunternehmen werden häufig als das Rückgrat unserer Wirtschaft bezeichnet – und das aus gutem Grund: Studien zufolge werden neun von zehn der deutschen Unternehmen durch ihre Inhaber geführt oder durch Familien zumindest kontrolliert. Auf diese Unternehmen entfallen mehr als die Hälfte aller steuerbaren Umsätze und aller Beschäftigten. Volkswirtschaftlich betrachtet sind Familienunternehmen damit der dominierende Unternehmenstypus Deutschland. Allerdings: „Das“ Familienunternehmen gibt es nicht – „one size doesn’t fit it all“. Familienunternehmen begegnen uns in unterschiedlichen Rechtsformen und Organisationsstrukturen, als kleine Betriebe oder Dienstleister, in denen die Inhaber nicht nur die Geschäfte führen, sondern auch selbst mit Hand anlegen, als „hidden champions“ des Mittelstandes und als große, international operierende Konzerne.

Die rechtlichen Fragestellungen, die im Kontext von Familienunternehmen auftreten, sind ebenfalls vielgestaltig. Recht der Familienunternehmen ist eine Schnittstellenmaterie, die vom allgemeinen Zivilrecht (insbesondere dem Familien- und Erbrecht) über das Gesellschaftsrecht bis hin zum Steuerrecht reicht, wobei zahlreiche weitere Rechtsgebiete berührt werden. Nicht immer sind die einschlägigen Normen und Normsysteme aufeinander abgestimmt. Aufgabe des Rechts der Familienunternehmen ist es, bestehende Friktionen offenzulegen, Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen und ein stimmiges, praktisch handhabbares System zu entwickeln.

Zudem treffen mit „Unternehmen“ und „Familie“ zwei Systeme aufeinander, die häufig von gegenläufigen Interessenlagen geprägt sind und unterschiedlichen Handlungslogiken folgen. Während das unternehmerische Handeln von wirtschaftlicher Rationalität geprägt ist, spielen in der Familie weitere, zum Teil gegenläufige Motive eine Rolle. Die Rechtspraxis muss daher nicht nur nach der rechtlich und ökonomisch sinnvollsten Gestaltung suchen, sondern auch dafür Sorge tragen, dass alle betroffenen Familienmitglieder mit dieser Lösung leben können. Im Blick zu behalten gilt es auch, dass Familienunternehmen oftmals eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten und Kunden empfinden, Traditionen erhalten und bewahren wollen.

Diesen Herausforderungen stellt sich die rechtsberatende und -gestaltende Praxis seit langem. Die Beratung von Familienunternehmen gehört zum Kerngeschäft wirtschaftsrechtlich ausgerichteter Kanzleien, familien-, erb- und gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zum Tagesgeschäft in den Notariaten. Auch an den Universitäten werden die Besonderheiten von Familienunternehmen zunehmend stärker behandelt, wenngleich sich ihre praktische Bedeutung längst noch nicht adäquat in den Curricula juristischer Studiengänge widerspiegelt. Dass auch an den Hochschulen die Bedeutung von Familienunternehmen erkannt wird, zeigt aber der Umstand, dass in den letzten Jahren mehrere Lehrstühle, die das Recht der Familienunternehmen in ihrer Nomination führen, und Forschungsstellen, die sich rechtsgebietsübergreifend und interdisziplinär mit Fragestellungen rund um das Thema Familienunternehmen befassen, geschaffen wurden.

Auch in das juristische Schrifttum hat das Recht der Familienunternehmen längst Einzug gehalten. Die Zahl der Monographien, Handbücher und Aufsätze wächst stetig. Was bislang aber noch fehlt, ist eine Zeitschrift im „klassischen Sinne“, die die Familienunternehmen in den Fokus rückt. Diese Lücke wollen wir mit der „Zeitschrift für das Recht der Familienunternehmen“ (kurz: RFamU) schließen.

Unser Ziel ist es, das Recht der Familienunternehmen in seiner gesamten Breite abzubilden. In den Beiträgen des „Aufsatzteils“ können dabei sowohl grundlegende Systemfragen wie auch aktuelle Einzelprobleme behandelt werden, rechtsdogmatisch analysierend oder rechtspolitisch fordernd – stets aber mit dem Blick auf die Besonderheiten von Familienunternehmen. Ferner sollen in der Praxis spezifisch für Familienunternehmen und Unternehmerfamilien entwickelte Gestaltungen aufgezeigt werden. Überdies sollen im „Gestaltungsteil“ praktische Hilfestellungen gegeben werden. Zu wechselnden Fragestellungen werden hier Formulierungsvorschläge unterbreitet und erklärt. Im „Rechtssprechungsteil“ werden aktuelle Entscheidungen aus verschiedenen Rechtsgebieten vorgestellt und ihre Bedeutung für Familienunternehmen in Anmerkungen verdeutlicht. Ergänzt wird dieses Grundgerüst durch wechselnde Rubriken, in denen auch Unternehmer zu Wort kommen sollen oder aktuell erschienene Bücher besprochen werden.

Die RFamU soll eine Plattform für einen wissenschaftlichen Diskurs bieten, der praktischen Nutzen hat. Rechtswissenschaft und Rechtspraxis sollen dabei Hand in Hand gehen und sich wechselseitig befruchten. Dieser Zielsetzung haben wir bereits bei der Zusammensatzung des Herausgeberkreises und des Beirats Rechnung getragen. Wir werden dieses Anliegen bei der Auswahl der Beiträge weiterverfolgen.

 

Arnd Becker, Christian Bochmann, Michael Bonefeld, Tobias Hueck,

Philipp Maume, Marco Staake und Katharina Uffmann

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