Von Dr. Daniela Brückner, Staatssekretärin im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen
Mit dem Beschluss der Strategie für die Digitalisierung der Justiz am 2. April 2025 hat der E-Justice-Rat ein deutliches Signal gesetzt: Die Justiz soll im digitalen Wandel nicht nur Schritt halten, sondern diesen aktiv gestalten. Die vorgelegte Digitalstrategie benennt dafür klare Ziele: von der vollständigen digitalen Prozessabwicklung über den barrierefreien Zugang für Rechtsuchende bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und interoperablen Systemen. Sie beschreibt einen konkreten Rahmen, in dem Bund und Länder nun gefordert sind, wirksam und nachhaltig zu handeln.
Mit der Digitalstrategie gehen wir damit die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die Justiz grundlegend an. Die Einführung der elektronischen Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs markieren
wichtige Meilensteine. Doch es geht längst nicht mehr nur um technologische Einzelprojekte. Der Anspruch ist höher: Die Strategie fordert einen systematischen Wandel, der alle Ebenen der Justiz erfasst – organisatorisch, rechtlich, technisch und kulturell.
Dabei sind insbesondere zwei Aspekte hervorzuheben: Erstens das klare Bekenntnis zu nutzerzentrierten, medienbruchfreien Abläufen sowohl für die Justizangehörigen als auch für die Verfahrensbeteiligten und Bürgerinnen und Bürger. Zweitens die bewusste Orientierung an europäischen Entwicklungen, die verdeutlicht,
dass Justizdigitalisierung nicht an nationalen Grenzen endet.
Die föderale Struktur der deutschen Justiz eröffnet Gestaltungsäume für Innovationen, erfordert
gleichzeitig aber auch eine enge Abstimmung. Umso bedeutsamer ist der „Einer-für-Alle“-Ansatz,
bei dem einzelne Länder zentrale Lösungen entwickeln, die bundesweit genutzt werden können.
Forschung, agile Softwareentwicklung und ein datenzentrierter Ansatz sollen künftig ermöglichen,
schneller auf neue Anforderungen zu reagieren und Lösungen praxisnah zu optimieren.
Die Strategie ist auch ein Appell an die juristische Praxis: Digitalisierung betrifft nicht nur IT-Abteilungen oder Projektverantwortliche, sondern alle Akteure im Rechtswesen. Arbeitsweisen
haben sich bereits verändert und werden sich weiter verändern. Durch Automatisierung, digitale
Assistenzsysteme und mobile Arbeitsstrukturen können Effizienzpotenziale in der Justiz gehoben
und die Arbeitsbelastung verringert werden. Zugleich müssen die digitalen Kompetenzen aller Beschäftigten gezielt gestärkt werden. Digitalisierung ist nur dann erfolgreich, wenn sie von allen
mitgetragen und verstanden wird.
Die Umsetzung dieser Strategie wird der Maßstab sein, an dem sich die Justiz in den kommenden
Jahren messen lassen muss. Das Fundament ist gelegt! Jetzt braucht es ein entschlossenes, koordiniertes Vorgehen. Die Fachöffentlichkeit ist eingeladen, diesen Weg kritisch und konstruktiv zu
begleiten.
Dr. Daniela Brückner ist Staatssekretärin im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen und
Vorsitzende des E-Justice-Rats