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GPT-Kommentar ohne Autor

Von RDi-Redaktion,
In dieser Ausgabe von Tech & Tools wird das Konzept eines juristischen Kommentars vorgestellt, der keinen Autor hat, sondern von einem großen Sprachmodell (Large Language Model; kurz: LLM) zusammengestellt wird.

Welches Problem löst ein GPT-Kommentar?

Das Konzept des juristischen Kommentars zu einem Gesetz ist so gut, dass man diese Werkform erfinden müsste, wenn es sie bei uns nicht schon gäbe. Die systematische Zusammenstellung aller für die Rechtsanwendung  relevanten Informationen an einem Ort kann die Durchdringung eines rechtlichen Problems enorm verkürzen.

Aber einen guten Kommentar zu schreiben kostet sehr viel Zeit und Mühe. Dies gilt sowohl für die erstmalige Verfassung entsprechender Kommentierungen als auch für die ständige Aktualisierung der Ausführungen. Allein die Sichtung sämtlicher relevanter Rechtsprechung ist mehr als ein Vollzeitjob.

Wie genau funktioniert ein GPT-Kommentar?

Anstatt einen menschlichen Autor einen Kommentar händisch erstellen zu lassen, kann dies bereits jetzt – zumindest teilweise – schon durch ein entsprechendes großes Sprachmodell übernommen werden. Dies gilt vor allem, wenn es um darum geht, eine große Menge von Gerichtsentscheidungen zusammenzufassen sowie entlang einer bestehenden Dogmatik auszuwerten und systematisch einzuordnen. 

Erste Beispiele, die damit zugleich den grundlegenden Machbarkeitsnachweis erbringen, sind der  deutschsprachige Online-Kommentar zur Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG (https://kommentar-ohne-Autor.coll.mpg.de) sowie der englischsprachige Online-Kommentar zur Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit nach Art. 11 EMRK (https://professor-gpt.coll.mpg.de/html/overview.html). Diese beiden frei verfügbaren Online-Kommentare zeigen, dass man die Arbeit der Sammlung und Sichtung einschlägiger Entscheidungen und die zusammenfassende Darstellung bereits jetzt einem Sprachmodell überlassen kann. Und wenn dies entsprechend eingestellt ist, sind diese Kommentare darüber hinaus auch noch tagesaktuell, weil neue Urteile direkt mit eingefügt werden.

Von dieser Arbeit entlastet können sich die menschlichen Kommentarautoren auf das konzentrieren, was sie vermutlich noch auf absehbare Zeit besser können: die kommentierte Vorschrift in einen weiteren  Zusammenhang stellen; die Entwicklung des Rechts nicht nur beschreiben, sondern kritisch weiterdenken oder eine ganz neue Sicht auf das normative Problem entwickeln. 

Wer steht hinter dem Konzept eines GPT-Kommentars?

Die Idee und die Umsetzung der beiden genannten Online-Kommentare gehen zurück auf Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Engel und Dr. Johannes Kruse vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern aus Bonn. Die beiden Wissenschaftler wollten herausfinden, welche Elemente des Kommentierens bereits heute vom Computer übernommen werden können, und haben kürzlich eine ausführliche Beschreibung und Bewertung sowohl in deutscher Sprache in einer Zeitschrift (JZ 2024, 997) als auch in englischer Sprache im Internet im Social Science Research Network veröffentlicht (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4994131). 

An wen richtet sich das Konzept eines GPT-Kommentars?

Jeder, der Interesse an Art. 8 GG oder Art. 11 EMRK hat, kann die beiden Online-Kommentare benutzen. Die Idee geht aber eigentlich in eine ganz andere Richtung. Prof. Engel und Dr. Kruse stellen sich vor, dass jeder aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen seine eigenen Kommentare in Form einer Rechtsprechungsauswertung erstellen kann.  Mehrere Anwendungsbereiche erscheinen diesbezüglich attraktiv zu sein: zunächst Gesetze und Vorschriften, die bisher noch gar nicht oder nur selten kommentiert worden sind. Sodann aber auch Kommentare mit entweder einer bestimmten Personalisierung (zB bestimmte Branchen) oder einer Regionalisierung (zB bestimmte OLG-Bezirke). Jeder kann also nun mit ein wenig Einsatz seinen eigenen Kommentar so zusammenstellen, wie er individuell möchte.

 

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